Wie gross ist in der Schweiz der Fussabdruck des Staates? Die Antwort auf diese Frage hängt entscheidend davon ab, wo man die Grenze zwischen Staatlichem und Privatem legt. Hierzu eine kurze Übersicht zum besseren Verständnis:

1. «Echte» Staatsquote: 110 Mrd. Franken, 17% des BIP

Die von Bund, Kantonen und Gemeinden produzierten staatlichen Leistungen – Bildung, Sicherheit, Verteidigung, Verkehr usw. – gehören zweifellos zur öffentlichen Sphäre: daher das Prädikat «echt». Im Unterschied zu den Leistungen des Privatsektors bestehen für diese staatlichen Leistungen oft keine Marktpreise. Deshalb werden diese Leistungen zum grössten Teil aufgrund der Kosten bewertet, welche ihre Bereitstellung verursacht. Zu diesen Kosten gehören die Konsum- und Investitionsausgaben des Staates, einschliesslich der Löhne der Staatsangestellten. Hinzu kommen Sachleistungen, die zwar vom Staat bezahlt, aber privat produziert und von den Haushalten konsumiert werden (z.B. subventionierte Krippenplätze in privaten Kitas, Spitalleistungen usw.).

Grösse 17, 33 oder 44 Prozent? (Wikimedia Commons)

2. Umverteilungsquote des Staates: 101 Mrd. Franken, 16% des BIP

Der Staat produziert nicht nur Leistungen – er verteilt auch Geld um, sei es als Subventionen an die Unternehmen oder als Transfers an die Haushalte. Im Unterschied zu den staatlichen Leistungen stellen Transferzahlungen aus Sicht der nationalen Buchhaltung keine Wertschöpfung dar, sondern sind bloss Umverteilung bereits bestehender Wertschöpfung. Daher üben sie keinen direkten Einfluss auf die Höhe des BIP aus, das die Summe der inländischen Wertschöpfung misst. Dennoch bilden Transfers und Subventionen eine wichtige Form von Staatsausgaben: 2014 erreichten sie die Summe von rund 110 Mrd. Fr., 41 Mrd. davon alleine für die AHV-Renten.

3. Formelle Staatsquote: 211 Mrd. Franken, 33% des BIP

Die in der Regel formal ausgewiesene Staatsquote ist die Summe aus «echter» Staatsquote und Umverteilungsquote in Relation zum BIP. Da die Umverteilungsquote hier ebenfalls Bestandteil ist, wäre es theoretisch möglich, dass die Staatsquote über 100% des BIP liegt. Der OECD-Rekord liegt momentan bei 56% und wird von Frankreich gehalten, wobei die Quoten der einzelnen Länder nicht unmittelbar vergleichbar sind (vgl. nachfolgende Punkte 4 und 5).

4. Erweiterte Staatsquote: 278 Mrd. Franken, 44% des BIP

Eine Eigenart der Schweiz bildet das dezentrale Angebot gewisser Leistungen, die teilweise Sozialversicherungscharakter haben. Die obligatorische Krankenversicherung, die von privaten Versicherern verwaltet wird, gehört beispielsweise dazu. Gleiches gilt für die Berufsvorsorge. Deshalb werden Krankenkassenprämien und die Beiträge zur 2. Säule in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht dem Staat zugeordnet. Würde man auch bei uns alle obligatorischen Abgaben und Versicherungen dem Staat zuordnen, stiege die Staatsquote von 33% auf ca. 44%. Damit läge die Schweiz in Bezug auf den Fussabdruck des Staates im Mittelfeld der europäischen Länder.

5. Eventualverbindlichkeiten und Regulierung: Höhe unbekannt

Zu den tatsächlich getätigten Ausgaben des Staates kommen noch explizite und implizite Garantien, beispielsweise im Falle der Pleite einer systemrelevanten Bank. Und natürlich darf man die Regulierung nicht vergessen: Sie hinterlässt zwar keine direkten Spuren in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und in die Staatsquote, zwingt aber Haushalte und Unternehmen dazu, höhere Aufwände zu tragen bzw. kostspielige Anpassungen durchzuführen – z.B. durch die Kosten überhöhter Strompreise aufgrund des regulierten Marktes.