Die WTO steckt in einer Dauerkrise, die USA, China und die EU streiten über Zölle, der Brexit schafft Unsicherheit und die Weltkonjunktur schwächelt: Die zurzeit herrschenden globalen Rahmenbedingungen sind alles andere als vorteilhaft. Dies betrifft insbesondere auch Schweizer Unternehmen, denn neben den multinationalen Firmen sind auch zwei Drittel der KMU international tätig. Dies verwundert nicht, ist doch der Schweizer Heimmarkt für viele Unternehmen zu klein, weshalb sie auf den Zugang zu ausländischen Märkten angewiesen sind.

Viele der genannten internationalen Entwicklungen kann die Schweiz nicht beeinflussen. Umso wichtiger ist es, dass sie die eigenen Hausaufgaben an die Hand nimmt. Neben innenpolitischen Reformen – man denke an die Umweltpolitik, die Altersvorsorge- oder die Gesundheitspolitik – sind auch aussenpolitisch relevante Entscheidun­gen zu treffen. Dazu gehört insbesondere die Klärung des Verhältnisses zur EU. Seit Monaten liegt das ausgehan­delte institutionelle Abkommen (InstA) vor, mit dem die Beziehungen Schweiz – EU auf eine neue Basis gestellt werden sollen. Doch die politische Schweiz konnte sich bislang noch nicht zu einer Position durchringen.

Die wirtschaftlichen Fakten jedoch sind klar: Die EU ist der zweitgrösste Binnenmarkt der Welt, an dem die Schweizer Wirtschaft mit 53% ihrer Exporte aktiv partizipiert. Die Schweiz ist stärker in den Binnenmarkt integriert als die meisten EU-Mitgliedstaaten. Die Region Zürich ist europaweit der grösste ökonomische Nutzniesser, insgesamt rangieren sieben Schweizer Regionen unter den Top 10. Kein anderes europäisches Land (EU-Mitglieder eingeschlossen) verbucht auch nur ansatzweise gleich hohe ökonomische Vorteile aus der Teilnahme am EU-Binnenmarkt wie die Schweiz.

So ist auch das konjunkturelle Fazit der Schweiz seit Inkrafttreten der Bilateralen (Daten bis 2018) insgesamt positiv. Eine zentrale Kenngrösse ist die Anzahl der Beschäftigten, die seit 2001 um rund 1,2 Millionen wuchs. Ein wichtiger Treiber waren die Exporte, insbesondere als Mitte der 2010er Jahre die Konjunktur im mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt Deutschland kräftig anzog. Doch nicht nur mehr Köpfe fanden ein Einkommen auf dem Arbeitsmarkt, sondern es gab im Durchschnitt auch für jeden mehr. Das reale Bruttoinlandprodukt pro Kopf wuchs um durchschnittlich 0,9% pro Jahr, und die Reallöhne stiegen um durchschnittlich 0,7% pro Jahr.

Für die EU ist das InstA die «conditio sine qua non» für die weitere (partielle) Beteiligung der Schweiz am europäischen Binnenmarkt. Der Schweiz steht es als souveräner Staat frei, das ausgehandelte InstA abzulehnen. In diesem Fall aber hätte die EU die Option, keine neuen Abkommen mehr abzuschliessen und auf die Aktualisierung bestehender zu verzichten. Mit der Zeit hätten immer weniger Teile der Bilateralen noch Gültigkeit, eine schleichende Erosion des bilateralen Wegs wäre die Folge. Zusammen mit der zu erwartenden Nicht-Anerkennung der Äquivalenz Schweizer Regulierungen würden die Hürden für den Zugang von Schweizer Unternehmen zum EU-Binnenmarkt massiv steigen. Dies kann nicht im Sinne einer starken Schweiz sein, die sich im international härter werdenden Standortwettbewerb täglich beweisen muss. Es steht in unserer Macht, die Erfolgsgeschichte Schweiz weiterzuschreiben.

Dieser Beitrag ist in der «KMU-Rundschau» vom Dezember 2019 erschienen.