Die Hitzewelle hat die Schweiz fest im Griff. Hitzetage und Tropennächte können als mögliche Vorboten des Klimawandels gelten. Der Schweizer Einfluss auf den Klimawandel ist jedoch begrenzt. Das Ausmass der Veränderungen liegt grösstenteils nicht in der eigenen Gestaltungsmöglichkeit. Was aber klar im eigenen Kompetenzbereich liegt, ist die Minderung negativer Auswirkungen des Klimawandels auf dem heimischen Territorium – wie etwa Hitze und Trockenheit. Wichtig ist es deshalb, sich den Risiken und Chancen, die sich der Schweiz stellen, bewusst zu sein und sich adäquat darauf vorzubereiten. Doch was sind die Aufgaben der öffentlichen Hand im Rahmen einer inländischen Anpassungspolitik? Wo gilt es, sich einzumischen, und wo lässt es sich in Freiheit besser an neue Gegebenheiten anpassen?

Im Risikobericht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (Babs) sind drei der Top-10-Risiken mit dem höchsten Schadenserwartungswert Szenarien, die sich durch den Klimawandel verschärfen oder häufiger werden dürften: Hitze, Stürme und Trockenheit. Hier soll aufgezeigt werden, welches die wesentlichen Herausforderungen für Leistungen sind, die der Staat bereits erbringt, und welche Handlungsfelder durch den Klimawandel hinzukommen können.

Vermehrte Hitzetage

Zu den bisherigen staatlich erbrachten Leistungen können auch neue Tätigkeitsfelder hinzukommen. Einige Kantone und Städte entwickelten sogenannte «Hitzeaktionspläne». Dazu gehören Sensibilisierungskampagnen, um gefährdete Personengruppen auf eine herannahende Hitzewelle aufmerksam zu machen. In Städten wie Zürich wird dazu eine Vielzahl neuer Staatsstellen geschaffen. So implementierte das Gesundheits- und Umweltdepartement eine neue Gruppe zur Umsetzung der Klimastrategie der Stadt. Einen weniger paternalistischen Weg beschritten die Kantone Genf, Waadt und Tessin: Sie entwickelten ein auf Freiwilligkeit beruhendes «Buddy-System». Dabei werden ältere, zu Hause wohnende Personen mit vorheriger Zustimmung von freiwilligen Betreuungspersonen während einer Hitzewelle durch Besuche oder Telefonate betreut.

Handlungsbedarf besteht bei vielen grossen Spitälern. So verzichtet das Universitätsspital Zürich auf die Klimatisierung der Patientenzimmer. Einzig Operationssäle, Intensivpflege- und Brandverletztenstationen sowie die Neonatologie werden klimatisiert. Auch Alters- und Pflegezentren sind bei Klimaanlagen zurückhaltend, nicht zuletzt aus Angst vor der Verbreitung von Bakterien und Viren. Die Argumentation hinkt jedoch, denn ausgerechnet Intensivstationen mit äusserst vulnerablen Patienten sind damit ausgestattet, ausserdem können entsprechende Filter eingebaut werden. In südlichen Ländern sind Klimaanlagen nicht nur in Privathaushalten, sondern auch in Spitälern vielfach der Normalfall. Der Betrieb von Klimaanlagen ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zwingend mit Mehrkosten verbunden, denn auf der anderen Seite reduziert sich in den kälteren Jahreszeiten der Heizbedarf. Für Private besteht in beinahe allen Kantonen eine Baubewilligungspflicht, um stationäre Klimaanlagen in Betrieb zu nehmen. Im Verhältnis zur Investition fallen die Gebühren teilweise übermässig hoch aus und behindern die Anpassungen an vermehrte Hitzetage. Eine Lockerung der Bewilligungspflicht ist angezeigt.

Hitze in den Städten

Zur Hitzeverminderung werden auch städtebauliche Massnahmen diskutiert: So sollen «Kaltluftsysteme» entstehen, die besonders während der natürlichen Nachtabkühlung einen Wärmeabfluss aus den Städten ermöglichen sollen. Die Umsetzung bedingt jedoch invasive Massnahmen und schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten von Grundstückseigentümern zusätzlich ein. Besser wäre es, Eigentümern im Gegenzug z.B. bei den Höhenbeschränkungen entgegenzukommen. Der heute negativ behaftete «Schattenwurf» von Bauten könnte in Zukunft weniger ein Problem darstellen. Ferner ist zu bezweifeln, inwiefern öffentliche Wolken- und Nebelmaschinen, wie jüngst in der Stadt Zürich installiert, ernsthaft zu staatlichen Kernaufgaben gehören – ganz abgesehen vom zweifelhaften Nutzen. Im Sinne einer langfristigen Planung sollte sich die öffentliche Hand darauf beschränken, bei Umgestaltungen auf öffentlichem Boden versiegelte Flächen zu öffnen und mehr Grünflächen zu schaffen. Dies tangiert die Eigentumsfreiheit Privater weniger und stiftet der Allgemeinheit oft einen höheren Nutzen.

Klimatische Entwicklung in der Schweiz in einer Grafik von Meteo Schweiz

Beobachtete und zwei mögliche zukünftige Entwicklungen der Schweizer Temperatur von 1864-2099 als Abweichung vom Durchschnitt 1981-2010. Die durchschnittliche Temperatur jedes Jahres ist als farbiger Streifen dargestellt (blau: kälter, rot: wärmer als der Durchschnitt). Die Werte 1864 bis 2018 basieren auf Messungen. Die Werte 2019 bis 2099 zeigen den Temperaturverlauf für zwei Szenarien: 1.) konsequenter Klimaschutz (entspricht dem globalen 2°C Ziel, unterer Strang), und 2.) kein Klimaschutz (oberer Strang). Pro Szenario zeigen wir hier beispielhaft nur eine der in den CH2018 Klimaszenarien verwendeten Simulationen. Andere Klimasimulationen liefern leicht andere Verläufe. Visualisierung inspiriert durch E. Hawkins und A. Radtke. (Quelle: Meteo Schweiz)

Längere Trockenperioden

Nicht nur gegen Hitzewellen gilt es sich zu wappnen, sondern auch gegen Trockenperioden. Trotz der komfortablen Lage als «Wasserschloss Europas» mit hohen Niederschlägen in den Bergen und vielen Flüssen und Seen ist die Schweiz zunehmend von temporärer Wasserknappheit betroffen. Zu unterscheiden ist die landwirtschaftliche Trockenheit, die in der Regel im Sommer zu Problemen führt, und die meteorologische Trockenheit infolge eines Niederschlagdefizits, die sich auf die Wälder und den Grundwasserspiegel negativ auswirkt. Es gilt demzufolge für den Wald und den Wasserhaushalt der Schweiz eine geeignete Strategie zu finden:

Der Wald nimmt einen Drittel der Schweizer Landesfläche ein. Dabei dominiert die Fichte, sie macht 44% des hiesigen Holzvorrates aus, gefolgt von der Buche (18%) und der Weisstanne (15%). Diese Konzentration, zusammen mit häufigeren Perioden der Trockenheit, ist eine Herausforderung für das Ökosystem Wald. Verschiedene Baumarten können nicht mit der drohenden Intensität von Hitze und Trockenheit umgehen. Die Auswirkungen sind frühzeitiger Laubabfall, Rindenriss und absterbende Kronenteile. So hat infolge von Stürmen und Insektenbefall der Bestand an Fichten bereits abgenommen. Profitiert hat davon die Walddurchmischung, indem Lärche, Ahorn und Esche teilweise die Lücken füllten. Ein vermehrtes Anpflanzen von trockenheitstoleranten Arten in tieferen Lagen und das vermehrte Einbringen von Laubbäumen in höheren Lagen wäre eine zielführende Massnahme, um den Baumartenwechsel zu unterstützen. Durch das wärmere Klima und vermehrte Blitzschläge steigt das Risiko von Waldbränden. Das Brand-Monitoring in den Kantonen ist jedoch funktionstüchtig und das Frühwarnsystem wird laufend verbessert. Oberflächliche Lauffeuer können in der Regel schnell erkannt und von der Feuerwehr eingedämmt werden.

Wasserhaushalt Sache der Armee?

Langanhaltende Trockenheit setzt auch dem Wasserhaushalt zu. Insbesondere die Landwirtschaft hat mit der Trockenheit zu kämpfen, das benötigte Wasservolumen kann sich während Trockenperioden vervierfachen. Doch die Versorgung ist nicht überall gewährleistet. 2018 wurde die Armee aufgeboten, um die Viehtränkung im Waadtländer Jura und in den Freiburger Voralpen mit ihren Helikoptern sicherzustellen. Die Trockenheit hatte ebenso Auswirkungen auf Wasserkraftwerke und Kühlwassernutzer. So mussten in acht Kantonen etliche Kleinwasserkraftwerke wegen zu geringen Abflussmengen ihre Produktion mehrere Wochen lang einstellen. Die Hälfte der Kantone hat bereits eine Wasserstrategie oder plant die Erstellung einer solchen. Das Bewusstsein für die Risiken einer längeren Trockenperiode ist bei den zuständigen Behörden gestiegen.

Es ist darauf zu achten, dass die Herausforderungen vermehrter Trockenperioden nicht zu einer Anspruchshaltung führen. Es ist nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, private Akteure wie beispielsweise die Landwirtschaft von beinahe jeglichem unternehmerischen Risiko zu entbinden. Zunehmenden Ernteeinbussen kann mit einer Anpassung der angepflanzten Sorten oder mit privaten Versicherungslösungen begegnet werden. Auch Tränkung des Viehs gehört nicht zu den Aufgaben der Armee.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Wirkungsvolle Klimapolitik».