Die folgenden Beispiele zeigen, wie durch innovative Lösungen eine Grundversorgung mit verbessertem Kosten-Nutzen-Verhältnis möglich wird:

Öffentlicher Verkehr: Der Betrieb von Postautos in dünn besiedelten Gebieten ist wegen der geringen Auslastung teuer und für die Nutzer aufgrund niedriger Frequenz wenig attraktiv. Daher führte PostAuto Schweiz 1995 für Gebiete mit weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer das Rufbus-System PubliCar ein. Dies ermöglicht einen besseren Service (zeitlich flexibel, von Tür-zu-Tür) zu geringeren Kosten. In der Schweiz gibt es inzwischen 20 Rufbusgebiete. Ähnliche Angebote gibt es in den deutschen und französischen Alpen. Für Ausflugsziele in den Schweizer Bergen, die nicht von ÖV-Subventionen profitieren, bietet der Verein BusAlpin eine Beratung zur Entwicklung spezieller ÖV-Lösungen. Ein Dutzend Regionen haben davon bereits Gebrauch gemacht.

Strassen: In entlegenen Gebieten sollten verminderte Ausbaustandards gelten. Beispielsweise sieht Art. 6.1 der Strassenbauverordnung des Kantons Uri vor, dass sich Strassenführung und -ausbau auch am Prinzip der Wirtschaftlichkeit orientieren. Dies ermöglicht auf Strecken mit geringen Verkehrsflüssen weniger aufwändige Infrastruktur. Dass dieses Prinzip ernst genommen wird, demonstrierte die Urner Kantonsregierung durch einen unkonventionellen Entscheid. Weil die 60 Einwohner des Meientals im Schnitt eine Woche pro Jahr durch Lawinen von der Aussenwelt abgeschnitten werden, sollte ein Tunnel für 15 Mio. Fr. gebaut werden. Da dies unverhältnismässig teuer war, entschied man sich für die Einrichtung eines Helikopter-Shuttles. Anrecht auf diese besondere Form des Service Public nach Lawinenabgängen haben Berufspendler, der Hausarzt, die Spitex, die Hebamme und in dringenden Fällen auch der Tierarzt und der Besamer!

PubliCar in Vals. (Bild PD PostAuto)

Service public in Randgebieten: Ein PubliCar wie hier in Vals verbessert das Angebot zu tieferen Kosten. (Bild PD PostAuto)

Post: Die Schweizer Post hat in den letzten Jahren aus Kostengründen und wegen stark zurückgehender Schalterbesuche ihr Filialnetz deutlich ausgedünnt. Trotzdem gelang es, den Service public in den betroffenen Regionen aufrechtzuerhalten – dank «Hausservice» und «Postagenturen». Beim Hausservice ersetzt der Briefträger die Filiale: Er bringt nicht nur ankommende Post zum Empfänger, sondern nimmt von diesem auch zu versendende Briefe und Pakete entgegen, verkauft Briefmarken oder wickelt Einzahlungen ab. Die Alternative sind Postagenturen, also Mini-Filialen (zusehends auch automatisiert) als Untermieter in anderen Geschäften. Dies spart Kosten und ermöglicht besseren Service durch längere Öffnungszeiten. Zudem stärkt es die lokalen Dorfläden durch Untermieteinnahmen und zusätzliche Kunden. Im Jahr 2015 gab es in der Schweiz bereits 735 Postagenturen und 1295 Gebiete mit Hausservice – verglichen mit nur noch 1464 klassischen Poststellen. Obwohl 2015 fast hundert Filialen geschlossen wurden, verbesserte sich der Zugang der Bevölkerung zu Postdienstleistungen.  Dank Online-Banking ist heutzutage auch nach Schliessung der Bankfiliale eine Grundversorgung mit Finanzdienstleistungen gewährleistet.

Lesen Sie dazu auch das Interview mit dem renommierten Architekten und ETH-Professor Gion A.Caminada sowie den Hintergrundbericht von Gottlieb F. Höpli in der “Ostschweiz am Sonntag” vom 5. März 2017 (Download Seite 1 und Seite 2). Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Weitere Informationen zum Thema:«Strukturwandel im Schweizer Berggebiet – Strategien zur Erschliessung neuer Wertschöpfungsquellen».