Ganze 0,6% beträgt der Anteil des Agrarsektors an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Das ist so tief wie noch nie. Noch 150’000 Personen sind heute in der Schweizer Landwirtschaft beschäftigt – Tendenz seit Jahrzehnten sinkend. Die wettbewerbsfeindliche Abschottung unseres Agrarmarkts führt zu einer stark unterdurchschnittlichen Produktivität. Im neuesten WEF-Report über die Wettbewerbsfähigkeit von 141 Ländern belegt die Schweiz bei der Komplexität des Zollsystems den unrühmlichen letzten Platz. Volkswirtschaftlich fällt nicht nur der Agrarschutz erheblich ins Gewicht, ebenso die unzähligen Subventionen des Bundes und der Kantone. Die OECD schätzt alleine die Abschottungskosten auf jährlich 3,1 Mrd. Fr. – zusätzlich zu den über 4 Mrd. Subventionen.

Zur Aufrechterhaltung des Zollschutzes und zur Verteilung der Subventionen steigt trotz sinkendem Bauernbestand die Zahl der Agrarbeamten unaufhörlich an. Im Voranschlag des Bundes für das Jahr 2020 weist das Bundesamt für Landwirtschaft 234 Vollzeitstellen mit einem Personalaufwand von jährlich über 40 Mio. Fr. aus – ein Aufwandzuwachs von 3,6% gegenüber dem Vorjahr. Hundertschaften von Agrarbeamten beschäftigen auch die Kantone. Bern als Finanzausgleichsempfänger weist gar noch mehr Agrarbeamte auf der Lohnliste aus als der Bund. Anstatt konsequent auf marktorientierte und umweltverträgliche Produktion zu setzen, scheint die politische Maxime der Umverteilung und Stützung zu überwiegen. Als Steuerzahler fragt man sich, ob überhaupt ein politischer Führungsanspruch besteht, um der Agrarbürokratie und dem Wildwuchs bei Subventionen und Privilegien Einhalt zu gebieten.

Mit Steuergeldern subventioniert: Absatzförderung von Schweizer Zierpflanzen wie Hortensien. (Masaaki Komori, Unsplash)

Hunderte von Millionen werden ausgegeben, um die Steuerzahlenden zum Konsum von einheimischen Landwirtschaftsprodukten zu ermuntern. So zahlt der Bund an die Absatzförderung von Schweizer Zierpflanzen jährlich mehr als 0,5 Mio. Fr. Mit Millionenbeiträgen unterstützt man auch die Eierproduktion. Stolz vermeldete die landwirtschaftliche Informationsstelle Ende Jahr, dass die Marke von 1 Mrd. hierzulande produzierter Eier wohl geknackt werde. Um das zu erreichen, fördert die Agrarbürokratie mit 1,2 Mio. Fr. jährlich das Schweizer Eier-Marketing. 1,8 Mio. Steuerfranken wirft der der Staat aber zugleich für sogenannte «Verwertungsmassnahmen» auf. Damit sollen saisonale Marktschwankungen (etwa der Überschuss an Eiern nach Ostern) abgegolten werden. Unbeirrt von diesen Widersprüchen weist das Bundesamt für Landwirtschaft darauf hin, dass es durchaus noch Eier-Konsumpotenzial nach oben gebe, denn im internationalen Vergleich weisen «unsere Nachbarn deutlich höhere Pro-Kopf-Konsum-Werte auf als in der Schweiz».

Zählt man alle Privilegien und die damit mitverursachten volkswirtschaftlichen Kosten (inklusive zulasten der Umwelt) zusammen, kostet uns die Schweizer Agrarpolitik jährlich 20,7 Mrd. Fr. Das sind 1,9 Mio. Fr. pro Stunde. Nur noch 46 Rp. auf 1 Fr. verdient der Schweizer Bauer am Markt – im internationalen Vergleich ein Tiefstwert. Rein rechnerisch schlägt jeder Beschäftigte in der Landwirtschaft jährlich mit 28’000 Fr. an Subventionen und Transfers zu Buche. Im Verhältnis dazu arbeitet der durchschnittliche Schweizer Haushalt zwei Jahre, um Einkommenssteuern in gleicher Höhe zu entrichten. Für den Agrarsektor gibt die öffentliche Hand dreimal so viel aus wie für die ETH. Letztere trägt aber entscheidend zur Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und zur Standortqualität unseres Landes bei.

Angesichts dieser Entwicklungen bedarf es einer umfassenden Modernisierung der Schweizer Agrarpolitik, eines radikalen Abbaus der Agrarbürokratie und einer Neupriorisierung des Einsatzes der Steuermittel. Neben einer Grenzöffnung für Landwirtschaftsgüter und der massiven Reduktion der strukturerhaltenden Transfers sind insbesondere die unzähligen Regulierungen konsequent abzubauen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass sich der der Schweizer Bauernstand (endlich) zu einer unternehmerischen Landwirtschaft entwickeln kann und nicht in einem überregulierten Agrarkomplex verharrt.

Dieser Beitrag ist in den Zeitungen der CH-Media erschienen.