Die Alterung der Gesellschaft, der technische Fortschritt und der Trend, immer mehr Eingriffe ambulant anstatt stationär vorzunehmen, setzen die Spitäler unter Druck. Wer in diesem sich dynamisierenden Umfeld qualitativ und preislich nicht ins Hintertreffen geraten will, braucht Flexibilität, kurze Entscheidungswege und finanzielle Autonomie.

Besonders für die öffentlichen Spitäler stellt sich deshalb die Frage, ob diese fit für die künftigen Herausforderungen sind: Durch die oftmals politische Besetzung der Aufsichtsgremien muss die Spitalleitung neben medizinischen und wirtschaftlichen auch politische Aspekte in ihrer Führungsarbeit berücksichtigen. Entscheidungswege können langwierig sein, etwa wenn für Rekrutierungs-, Investitions- oder Standortentscheide verwaltungsinterne oder gar parlamentarische Hürden überwunden werden müssen oder Rücksicht auf den Wahlkalender zu nehmen ist.

Auch für die Kantone selber – als Eigentümer oder Betreiber von Spitälern – bedeutet die fehlende Flexibilität und Agilität ein Risiko. In einem zunehmend kompetitiven Umfeld ist die Subventionierung und Bevorzugung der eigenen Spitäler je länger desto weniger eine nachhaltige Lösung. In der mittleren und längeren Frist werden sich deshalb Verselbständigungen von öffentlichen Spitälern aufdrängen. Dabei stellt sich nicht nur die Frage nach der passenden Rechtsform. Genauso wichtig sind die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Corporate Governance.

Strikte Corporate Governance

Klare Führungsgrundsätze können helfen, Interessenkonflikte zwischen der Politik und den Führungsorganen der Spitäler zu vermeiden. Dabei sind Massnahmen auf allen Hierarchiestufen des Spitals nötig. An erster Stelle ist die politische Unabhängigkeit der Führungsgremien zu nennen. Ist der Kanton (Mit-)Eigentümer eines Spitals, darf er selbstverständlich – wie etwa der Hauptaktionär einer Aktiengesellschaft – bei der Bestellung des Aufsichtsrates mitbestimmen. Dies heisst aber nicht, dass der Regierungsrat (wie in gewissen Kantonen noch immer Usus) im Aufsichtsgremium vertreten sein soll. Im Gegenteil, je weniger Politiker und je mehr Fachpersonen im Aufsichtsrat Einsitz nehmen, desto unabhängiger wird das Spital von (regional-) politischen Einflüssen.

Notfall im Zürcher Stadtspital Triemli: Als Teil der Verwaltung mangelt es an unternehmerischer Unabhängigkeit. (Wikimedia Commons)

Ebenso ist auf die Unabhängigkeit der Geschäftsleitung zu achten. Eine klare Rollentrennung zwischen strategischer Führung (Aufsichtsrat) und der operativen Führung (Geschäftsleitung) ist unabdingbarer Bestandteil jeder «Good Governance». Insbesondere sollte die Geschäftsleitung nur durch den Aufsichtsrat und nicht durch politische Gremien besetzt, bzw. bestätigt werden. Letztlich sollte ein selbständiges Spital auch frei über Standort, Konzepte und Ausbau seiner Infrastruktur entscheiden können. Modelle, in denen etwa der Kanton die Immobilien besitzt und dem Spital frei zur Verfügung stellt (oder zu nicht marktgerechten Mieten verpachtet), schränken den Handlungsspielraum unnötig ein. Das Spital soll frei und bedarfsorientiert entscheiden können, ob und wie es seine Immobilien benutzen, weitervermieten oder veräussern möchte. Auch gesetzliche Bestimmungen, die den Standort eines öffentlichen Spitals vorgeben, sind zu vermeiden.

Die passende Rechtsform

Eine gute Corporate Governance ist nicht alleine von der gewählten Rechtsform abhängig. Es gibt allerdings Rechtsformen, die einem Spital tendenziell mehr Flexibilität und Unabhängigkeit garantieren. Aktiengesellschaften – mit oder ohne Gewinnorientierung – haben etwa den Vorteil, dass Transparenz über die Eigentumsverhältnisse geschaffen wird, leichter Fremdkapital aufgenommen werden kann und Kooperationen oder Fusionen vereinfacht werden.

Aber auch als Stiftung oder Verein organisierte Spitäler, die eine eigene Rechtspersönlichkeit mit eigenen Statuten und einem unabhängigen Aufsichtsorgan haben, sind positiv zu bewerten. Selbständige Institutionen nach öffentlichem Recht können hingegen – je nach Ausgestaltung – wenig flexibel sein, z.B. wenn sie im Bereich der Personalpolitik an strikte staatliche Vorgaben gebunden sind. Eine geringe Unabhängigkeit wird schliesslich in der Regel jenen Spitälern zugestanden, die als unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalten organisiert sind. Sie sind de facto Teil der Verwaltung. Beispiele hierfür sind das Universitätsspital CHUV im Kanton Waadt, das Kantonsspital Obwalden oder das Waid- und Triemlispital der Stadt Zürich.

Gestaffelte Verselbständigung

Um die in Zukunft nötige Flexibilität und Agilität von Spitäler sicherzustellen, ist auch über Privatisierungen nachzudenken. Diese sind keinesfalls als Selbstzweck zu betrachten. Vielmehr stellen Privatisierungen den letzten konsequenten Schritt dar, um das finanzielle Risiko für die Steuerzahler zu begrenzen, die politische Unabhängigkeit der Spitäler abzusichern sowie Interessenskonflikte, Marktverzerrungen und Ineffizienzen zu verhindern.

Ein Privatisierungsprozess muss dabei nicht zwingend mit der Umwandlung eines Spitals in eine Aktiengesellschaft eingeleitet werden. Je nach Kanton und politischer Stimmung kann es sinnvoll sein, den Weg über eine selbständig öffentliche Körperschaft zu wählen, dafür jedoch die Autonomie der Aufsichts- und Führungsorgane konsequent sicherzustellen. So kann das nötige Vertrauen geschaffen und die Basis für einen allfälligen späteren Rechtsformwechsel gelegt werden.

Selbst nach Umwandlung eines Spitals in eine Aktiengesellschaft müssen die Aktien nicht, bzw. nicht sofort veräussert werden. Im Gegenteil: Vielfach dürfte eine etappenweise Veräusserung von Aktien eine bessere Strategie sein: Der Kanton kann in einem ersten Schritt Mehrheitsaktionär bleiben, und es muss erst später entschieden werden, ob die Aktienmehrheit allenfalls abgegeben werden soll oder nicht. Eine weitere Variante ist, dass der Kanton seine Aktien einer Stiftung überträgt. Das Spital behält damit operativ die Flexibilität einer Aktiengesellschaft, während der gemeinnützige Charakter durch den Stiftungszweck sichergestellt wird.

Weiterführende Informationen finden Sie in der Studie «Gesunde Spitalpolitik».