Die Zahl der bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) gemeldeten Langzeitarbeitslosen hat sich seit Pandemiebeginn mehr als verdoppelt: Rund 34’000 Betroffene waren es im Juni 2021 – und damit mehr als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2011. Auch in den Nachbarländern wird vor einer steigenden Langzeitarbeitslosigkeit gewarnt. Gibt es Grund zur Sorge?

Eine Analyse der Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der Schweiz während früheren Krisen zeigt folgendes:

  • Parallel zu den Langzeitarbeitslosen stieg in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Erwerbstätigen, und bis kurz vor Pandemieausbruch war die Arbeitslosenquote eher stabil.
  • In Krisenzeiten stieg die Langzeitarbeitslosenquote oft markant, konnte aber – wie die gesamte Arbeitslosigkeit – jeweils nach einigen Monaten wieder abgebaut werden. In den Wintermonaten 2019 erreichte die Langzeitarbeitslosenquote mit 0,3% gar den tiefsten Wert seit fast 20 Jahren.
  • Dieses Muster gilt für alle Altersklassen. Sowohl der Anteil der jungen wie älteren Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit reduzierte sich stets wieder etwa auf das Vorkrisenniveau.
  • Ebenso verhält es sich mit der Zahl der monatlichen Aussteuerungen. Diesen lagen abgesehen von einem kurzen Anstieg im Jahr 2011 jeweils im langfristigen Schwankungsbereich.

Nach einer Rezession konnte die (langzeitige) Arbeitslosigkeit immer wieder abgebaut werden, so dass konjunkturelle Effekte keinen permanenten Einfluss auf die Langzeitarbeitslosigkeit ausübten.

Gleiche Massnahme, andere Wirkung?

Der seit März 2021 anhaltende Rückgang der Arbeitslosenquote und der damit verbundene Stellenaufbau über alle Berufsgruppen hinweg nähren nun auch Hoffnungen auf einen baldigen Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit.

Allerdings gibt es neben dem unsicheren Pandemieverlauf einen weiteren Unterschied zu vergangenen Krisen: Die Kurzarbeit stieg im Frühling 2021 wieder und ihre maximale Bezugsdauer wurde inzwischen auf 24 Monate aufgestockt. Dieses Instrument hat seine Stärke in der vorübergehenden Abfederung des Beschäftigungsrückgangs. Aber weil für Betriebe in Kurzarbeit ein Einstellungsstopp gilt, beeinträchtigt sie den Aufbau neuer Stellen und die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen.

Eine Verlängerung der Kurzarbeit wurde zwar bereits einmal 2010 vorgenommen, und im Folgejahr sank die Arbeitslosigkeit beträchtlich. Die heutige Situation ist aber kaum mit der damaligen Lage vergleichbar: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zählte man 92’000 Kurzarbeitende, heute sind es immer noch über 300’000. Der Einstellungsstopp ist somit weitreichender und könnte einer raschen Entspannung auf dem Arbeitsmarkt entgegenstehen. Unabhängig vom Alter und den persönlichen Charakteristiken steigt das Risiko einer Langzeitarbeitslosigkeit mit der Länge des Arbeitsunterbruchs überproportional an.

In der Sommerreihe «Corona in Zahlen» beleuchten die jüngeren Forscherinnen und Forscher von Avenir Suisse die Folgen der Pandemie für unterschiedlichste Bereiche unserer Gesellschaft: die Staatsausgaben, den Aussenhandel, Verkehrsfragen, die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen, die Gleichstellung – und vieles mehr.