Die rechtlichen Bestimmungen zur Landwirtschaft haben in der Schweiz einen Detaillierungsgrad erreicht, an dem andere Branchen bereits erstickt wären. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass sich aufgrund der Komplexität ein eigenes Bundesamt mit der Landwirtschaft (BLW) befasst. Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche (weniger als 1% des BIP) rechtfertigt dies jedenfalls nicht – sonst würde man auch ein eigenes «Bundesamt für den Handel und die Reparatur von Motorfahrzeugen» erwarten, das ebenfalls rund 1% zum BIP beiträgt.

Tierwohlbeiträge und Auslaufjournal

Die Kosten der Schweizer Landwirtschaft bestehen nicht nur aus den direkten Subventionen von Bund und Kantonen. Es addieren sich die überhöhten Konsumentenpreise, die Kosten für den Vollzug der Vorschriften durch die Bauern sowie die Kontrolle, dass alle Regeln eingehalten werden. Die im Vergleich zu anderen Branchen beinahe unendliche Liste der Vorschriften und Unterstützungen im Landwirtschaftsbereich betreffen auch die Eier-Produktion. So gibt es sogenannte «Tierwohlbeiträge», unterteilt in die beiden Programme «Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme» (BTS) und «Regelmässiger Auslauf im Freien» (RAUS). Dabei bezahlt der Steuerzahler den teilnehmenden Bauern bis zu 5.70 Fr. pro Legehenne. Als eine der Gegenleistungen hat der Bauer – beispielsweise im Programm RAUS – die Pflicht, ein Auslaufjournal zu führen. In diesem ist detailliert und pro Tag festzuhalten, wann und wie lange die Tiere nach draussen dürfen.

In bestimmten Fällen darf der Bauer die Auslauföffnungen geschlossen halten, ohne gegen die Regeln von RAUS zu verstossen. Solche Ausnahmen sind starker Wind und/oder Regen, schneebedeckte Umgebung oder in Bezug auf das Alter der Tiere sehr tiefe Temperaturen. Die genauen Bestimmungen sind in der 32-seitigen Direktzahlungsverordnung sowie in einem Merkblatt des Bundesamtes für Landwirtschaft festgehalten. Bauern sollten über genügend Zeit verfügen, um die Vorgaben zu studieren, die Einhaltung zu dokumentieren und um die Ausnahmen vom freien Auslauf meteorologisch exakt zu dokumentieren. Denn Bauernregeln reichen nicht, um den heutigen administrativen Anforderungen des landwirtschaftlichen Subventionsdschungels gerecht zu werden.

Reguliertes, aber kurzes Leben als Eierproduzentinnen – und ein Ende als Wurst oder Biogas.

Reguliertes, aber kurzes Leben als Eierproduzentinnen – und ein Ende als Wurst oder Biogas. (Wikimedia Commons)

Grundsätzlich ist es zu begrüssen, wenn der zumindest in der Haltung von Legehennen bereits tierfreundliche Schweizer Standard auf freiwilliger Basis weiter verbessert wird. Aber dies ist nicht Kernaufgabe des Staates. Zusatzleistungen der Produzenten sollten gänzlich über den Produktpreis durch die Konsumenten abgegolten werden, anstatt das Gros der Steuerzahler über die Bundesfinanzen in die Pflicht zu nehmen.

Biogas aus «glücklichen» Hühnern

Eine verbesserte Tierhaltung durch BTS/RAUS ist ohnehin nicht mit einem generell besseren Leben der Legehenne gleichzusetzen. Denn zumindest in diesem Punkt hat die heile Marketingwelt des Branchenverbandes wenig mit der Realität zu tun. Die eingesetzten Legehennen sind genetisch auf Eierlegeleistung optimiert mit dem Nachteil, dass nach rund einem Lebensjahr die Anzahl gelegter Eier abnimmt, bei gleichzeitig dünnerer Eierschale. Leicht zerbrechliche Eier lassen sich kaum verkaufen, die Kosten für die Haltung eines Huhns bleiben aber bestehen. Deshalb werden in der Schweiz jährlich rund 2 bis 2.5 Mio. Legehennen «ersetzt», dies nach gerade einmal einem Zehntel ihrer natürlichen Lebenserwartung. Sie werden verbrannt oder im besseren Fall zu Biogas, Wurst oder in einen Burger «umgewandelt».

Wir müssen nicht den Schwyzer Mythen – schliesslich ist dieses wunderschöne Bergmassiv eines der Wahrzeichen des Kantons Schwyz –, aber die Schweizer Mythen der Landwirtschaft dringend schleifen.

Lesen Sie aus der dreiteiligen Serie auch die Folgen 1 und 2:
1. Teil: Schlupfloch zum Glück – eine Ostergeschichte
2. Teil: Nach Ostern folgt der grosse Eier-Kater