Die lauten Schülerproteste gegen die Sparmassnahmen in der Bildung entbehren nicht einer leisen Ironie, denn Hand aufs Herz: Hätten Sie zu Ihren Schulzeiten protestiert, wenn Ihnen – wie im Kanton Luzern geschehen – eine zusätzliche Ferienwoche verordnet worden wäre? Ich jedenfalls nicht. Oder sind die Jungen von heute einfach strebsamer und bildungshungriger, als wir es waren? So oder so ist es erfreulich, dass sich die Gymnasiasten für ihre Anliegen und Überzeugungen einsetzen und sich dafür solidarisieren. Die Jugend ist nicht so apolitisch und hedonistisch wie vielfach beklagt.

Auf einem anderen Blatt steht, dass der angeprangerte Bildungsabbau nicht wirklich stattfindet. Die Schweizer Bildungsausgaben sind in den letzten Jahren viel stärker gestiegen als die Einkommen. Ihr Anteil an den Budgets von Bund und Kantonen nahm laufend zu. Die politischen Diskussionen drehen sich um die Frage, ob die Bildungsmittel etwas weniger schnell wachsen sollen oder nicht, ums eigentliche Sparen geht es selten. Und die Schule «totsparen» will in diesem Land nun wirklich niemand. Das Bewusstsein dafür, dass Wissen und Know-how unsere zentrale Ressource darstellen, ist in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft breit verankert.

Klar ist aber auch, dass die Bildung nicht automatisch besser wird, wenn mehr Geld ausgegeben wird. Im Umkehrschluss sinkt das Niveau nicht automatisch, wenn einige Freifächer gestrichen werden. Kritisches Hinterfragen einzelner Angebote darf nicht zum Tabu werden, denn die Mittel fallen nicht wie Manna vom Himmel. Solange die öffentliche Hand die Grundbildung finanziert, ist es legitim, um nicht zu sagen zwingend, im Schulwesen einen effizienten Einsatz der Steuergelder einzufordern.

Überdies lenkt der Streit ums Geld von der alles entscheidenden Frage ab: Was bestimmt den Bildungserfolg? Gemäss der internationalen Forschung gibt es überwältigende Evidenz dafür, dass der Bildungserfolg von nur zwei zentralen Faktoren abhängt: der Qualität der Lehrkräfte und der Autonomie der Schulen. Begeisterungsfähige Lehrerinnen und Lehrer, die den Jungen ein Vorbild abgeben, sind viel wichtiger als pädagogische Konzepte, Unterrichtsmethodik, Lehrpläne und Stundentafeln. Es spielt auch keine Rolle, ob 20 oder 23 Schüler in einer Klasse sitzen. Entscheidend ist also, wer den Lehrerberuf ergreift und wie die Lehrkräfte ausgebildet werden. Dass man die Lehrerinnen und Lehrer für diese Leistung und die grosse Verantwortung gut bezahlen sollte, versteht sich von selbst. Das tut die Schweiz, die Lehrerlöhne gehören weltweit zu den höchsten.

Mit Autonomie ist gemeint, dass die Schulen über Gestaltungsspielräume verfügen sollten, um auf die Bedürfnisse von Schülern und Eltern einzugehen und um auch einmal Neues zu wagen. So können sie sich von ihren Nachbarschulen abheben, es entstehen Vielfalt und neue Lernformen, die Schülern und Eltern eine echte Auswahl bieten. Mit andern Worten: mehr Wettbewerb, weniger behördliche Vorgaben. In diesem Punkt hat die Schweiz allerdings Aufholbedarf. Es wäre zu wünschen, dass sich die Gymnasiasten an der nächsten Demonstration auch dafür einsetzen.

Dieser Beitrag ist am 10. April 2016 in der Print-Ausgabe der «Schaffhauser Nachrichten» erschienen.