Universität Luzern (© Bruno Rubatscher)

Universität Luzern (© Bruno Rubatscher)

Die Luzerner sind besorgt um ihre Universität, die mit 2700 Studierenden die kleinste der Schweiz ist. So hat der Universitätsrat in seinem Strategiebericht die Befürchtung geäussert, dass ohne weiteres Wachstum die Wettbewerbsfähigkeit der Luzerner Universität auf dem schweizerischen Bildungsmarkt gefährdet sein könnte. Die Prognosen des Bundesamtes für Statistik sagen bis 2020 bei bestehendem Fakultätsangebot lediglich ein mageres Wachstum von rund einem Prozent voraus. Ohne Gegensteuer werde die Universität an Attraktivität einbüssen, und eine stagnierende oder gar rückläufige Studentenzahl wirke sich auch ungünstig auf die Kosten pro Studienplatz aus. Deshalb wird von der Universitätsleitung und vom Regierungsrat die Bildung einer zusätzlichen Fakultät vorgeschlagen. Gedacht wird an die Wirtschaftswissenschaften, wo zusammen mit der bereits bestehenden Fachhochschule ein «Cluster Wirtschaft» in Luzern errichtet werden könnte.

Ausländische Spitzenuniversitäten haben wenig Studenten

Avenir Suisse hat sich schon in der Publikation «Hochschullandschaft-Schweiz» mit der Frage befasst, ob Universitäten zur Behauptung ihrer Konkurrenzfähigkeit wachsen müssen. Zu diesem Zweck hat der Think-Tank die Entwicklung an ausländischen Spitzenuniversitäten untersucht und festgestellt, dass deren Studentenzahlen entweder relativ stabil sind oder nur mässig wachsen. Das gilt etwa für die amerikanischen Topuniversitäten Yale und  Princeton, aber auch für die London School of Economics. In Yale stieg die Studentenzahl («Undergraduates» und «Graduates») zwischen 1990 und 2010 von 9800 auf 11 800. In Princeton schwankt sie um 7500, und die London School of Economics verzeichnet zwischen 2006 und 2011 ein Wachstum um knapp 1000 auf 9200 Studierende. Die «kalifornische ETH» Caltech in Pasadena nimmt gar nur 2000 Studierende auf. Diese Hochschulen verfolgen somit keine Wachstums-, sondern eine Qualitätsstrategie. Diese zeichnet sich durch einen hervorragenden Lehrkörper, exzellente Forschungsbedingungen, eine hohe Präsenz in den führenden wissenschaftlichen Journals, eine gescheite Nachwuchsförderung, gute Betreuungsverhältnisse und ein strenges Auswahlverfahren der Studierenden aus. In Princeton betrug die Zulassungsrate auf der Stufe Undergraduate letztes Jahr 8,5%.

Qualität ist bei schnellem Wachstum schwer zu halten

Eine Wachstumsstrategie ist aber auch noch mit einem anderen Problem konfrontiert. Hochschulen unterliegen – trotz E-Learning und blended learning – der sogenannten Baumol‘schen Kostenkrankheit (nach dem Ökonomen William Baumol). Danach kommt es in arbeitsintensiven Branchen – wozu eben auch Hochschulen gehören –  fast automatisch zu starken Kostensteigerungen, weil, technologisch bedingt, nur geringe Produktivitätszuwächse möglich sind. Die Anzahl von Vorlesungen, Prüfungen, Forschungsprojekten usw. lässt sich auch mit höherem Kapitaleinsatz nicht einfach steigern. Darum müssen expandierende Hochschulen ihre Haushalte zwar laufend aufstocken, aber die Qualität der Ausbildung  und Forschung kann damit meistens nicht Schritt halten.

Schliesslich ist die Frage, wie sich Universitäten und Fachhochschulen in der künftigen Hochschullandschaft der Schweiz positionieren sollen, alles andere als klar. Die immer wieder kolportierte Formel «gleichwertig, aber andersartig» ist hohl geworden. Vieles weist daraufhin, dass sich die Profile von Universitäten und Fachhochschulen auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften gerade unter dem Einfluss von Bologna in Zukunft noch mehr angleichen werden.

Eine Wachstumsstrategie ist unter diesen Bedingungen ohne Zweifel anspruchsvoll. Mit Sicherheit ist es aber ein Irrglaube, wenn man meint, eine Hochschule müsse fortwährend wachsen, um besser werden zu können.