Zur Umsetzung des geplanten Atomausstiegs und der Energiewende hat der Bundesrat eine ganze Palette möglicher Massnahmen skizziert. Dazu gehört der Ausbau intelligenter Stromnetze und Stromzähler. Doch ohne eine weitere Marktöffnung sind «Smart Grids» und «Smart Meters» nutzlos.

Intelligente Netze und Stromzähler gelten nicht nur als Mittel zur Steigerung der Energieeffizienz, sondern auch als Schlüsseltechnologie beim Ausbau erneuerbarer Energien. Weil die Stromproduktion aus Photovoltaik und Wind eher zufällig und unregelmässig (stochastisch) ist, braucht es Instrumente, die den Verbrauch enger mit dem Angebot abstimmen. Smart Grids schaffen eine kommunikative Vernetzung von Stromerzeugern, Netzbetreibern, Speichern und Stromverbrauchern. Permanenter Datenaustausch soll Angebot und Nachfrage effizienter ins Gleichgewicht bringen und somit die nötigen Spitzenkapazitäten bei Kraftwerken und Netzen reduzieren. Doch Kommunikation alleine schafft keine effektive Koordination zwischen den Marktakteuren. Dazu braucht es einen separaten Mechanismus. Zwei grundsätzliche Optionen stehen zur Verfügung:

  • Eine zu definierende Instanz sammelt alle verfügbaren Daten und übernimmt eine Art zentrale Systemsteuerungsfunktion. Diese Option erscheint aus technischer Sicht attraktiv, doch sind die Herausforderungen in der Praxis besonders gross. So müsste festgelegt werden, welche Institution diese Funktion inne hat, welche Daten sie einsehen kann und nach welchen Kriterien sie Produktion und Verbrauch beeinflussen darf. Damit verbunden ist die Schwierigkeit, den finanziellen Mehrwert eines Smart Grid zwischen den Akteuren aufzuteilen.
  • Entscheidungen werden dezentral getroffen. Bei dieser Option übernimmt der Markt beziehungsweise der Preismechanismus die Steuerungsfunktion. Die flexiblen und ständig aktuellen Energiepreise signalisieren Knappheit oder Überangebot und vermitteln den Akteuren Anreize, ihre Produktion oder den Verbrauch den Verhältnissen am Markt anzupassen. Die Nachteile der zentralen Planungs- und Steuerungsinstanz entfallen grösstenteils. Umgekehrt verlangt diese Option einen funktionierenden Markt.

Unvollständige Marktöffnung in der Schweiz

In seinem «Aktionsplan Energiestrategie 2050» erwägt der Bundesrat die Förderung von Smart Grids und Smart Meters. Dazu sollen im Stromversorgungsgesetz die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Welche Anpassungen tatsächlich nötig sind, bleibt jedoch unbeantwortet. Von vielen Seiten wird gefordert, dass die Verteilnetzbetreiber den zusätzlichen Aufwand für den Bau und den Betrieb von Smart Grids und Smart Meters künftig über die regulierten Netztarife weiterverrechnen können. Doch beim Verbraucher resultieren dadurch in erster Linie höhere Kosten, während der Nutzen ungewiss ist. Schliesslich ist die verbesserte Information über den eigenen Stromverbrauch zwar aufschlussreich, doch gehen damit kaum Anreize für Einsparungen einher.

Damit intelligente Netze bei den Verbrauchern finanzielle Vorteile generieren, bräuchte es flexible, am Spotmarkt orientierte Energietarife («Smart Pricing»). Beispielsweise profitieren die Verbraucher bei einem kurzfristigen Überangebot von besonders günstigen Tarifen, bei Knappheit dagegen schaffen hohe Preise Anreize für Einsparungen bzw. zeitliche Verschiebungen des Stromkonsums. Die Entscheidung über den optimalen Stromverbrauch könnten künftig intelligent vernetzte Applikationen übernehmen – schliesslich benötigen viele Geräte wie Tiefkühler oder Wasserboiler nicht permanent Strom. Unter diesen Voraussetzungen würden vor allem jene Verbraucher einen Smart Meter installieren, welche die Vorteile flexibler Preise überhaupt nutzen können und wollen. Sind relevante Einsparungen möglich, werden sie sich sogar an den Installationskosten beteiligen.

Doch in der Schweiz dürfte das vorerst Theorie bleiben. Der Strommarkt ist bis heute unvollständig liberalisiert. Endkunden in der sogenannten Grundversorgung haben ein Anrecht darauf, den Strom bei ihrem Versorger zu «Gestehungskosten» zu beziehen. Aus diesem Grund liegen vielerorts die Energietarife deutlich unter den Preisen im Grosshandel. Solche künstlich vergünstigte und besonders unflexible Stromtarife sind eine denkbar schlechte Voraussetzung für den Einsatz von Smart Grids und Smart Meters. Die Verbreitung solcher Technologien ist zwingend auf einen funktionierenden Markt angewiesen. Bevor der Bundesrat über neue Technologien, Lenkungssteuern oder technische Standards nachdenkt, sollte er deshalb die Strommarktliberalisierung konsequenter vorantreiben.