Mitte Mai verkündete die Schweizerische Post ihre neue Strategie, die für die Periode 2021 bis 2024 gelten soll. Unter dem Motto «Die Post von morgen» soll sie in den kommenden Jahren wachsen, um auch in Zukunft die Grundversorgung in hoher Qualität erbringen zu können. Weiterhin soll zudem an der Eigenfinanzierung des postalischen Service public festgehalten werden.
Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Hochrisikostrategie. Denn das Geld wird bei der Post immer knapper: Wegbrechende Umsätze im Briefmarkt, Margendruck im Paketmarkt sowie das bestehende Kredit- und Hypothekarverbot der Postfinance bereiten dem Konzern finanzielle Probleme und lassen das Betriebsergebnis von Jahr zu Jahr schrumpfen.
Anstatt auf risikoreiche Expansionspläne zu setzen, wäre es höchste Zeit, dass der Bund als Eigentümer der Post seine Verantwortung wahrnimmt und die Eignerstrategie den realen Marktentwicklungen anpasst. Dies, bevor es zu spät ist und der Steuerzahler den drohenden Schaden von Expansionsexperimenten berappen muss.
Konkret sollte in der Schweiz endlich die längst überfällige Debatte geführt werden, wieviel postalische Grundversorgung wir uns in Zukunft leisten wollen und wer diese bezahlen soll. Dabei muss die Welt nicht neu erfunden werden: Wie in allen EU-Ländern seit Jahren der Fall, sollte einerseits das Restmonopol der Schweizerischen Post auf Briefen bis 50 Gramm abgeschafft werden und zu einem Finanzierungsmechanismus übergangen werden, welcher der Grundversorgung ein transparentes Preisschild anheftet. Zudem sollten anderseits die Leistungen der Grundversorgung auf das in einer digitalen Welt Notwendige beschränkt werden, wie dies Länder wie Dänemark, die Niederlande oder Schweden längst vorgemacht haben.
Ebenso sollte der Bundesrat bei der Eignerstrategie für die Postfinance über die Bücher gehen. Diese war in der Vergangenheit die Cash-Cow der Schweizerischen Post. Es waren hauptsächlich deren Gewinne, die zur Finanzierung der überdimensionierten (und entsprechend teuren) Grundversorgung herangezogen wurden. Nur hat sich das regulatorische Korsett für die Postfinance leider im aktuellen Tiefzinsumfeld als Schönwetterkonstrukt entpuppt: Die anhaltend tiefen Zinsen bewirken, dass die Gewinne von Postfinance, die keine Kredite und Hypotheken vergeben darf, zusehends wegbrechen.
Die Lösungen, die der Bundesrat für dieses Problem letzte Woche präsentiert hat – eine Teilprivatisierung der Postfinance und die Abschaffung des Hypothekar- und Kreditverbots – überzeugen nicht. Es handelt sich um eine typisch helvetische «Weder Fisch noch Vogel»-Lösung, die letztlich mehr Probleme zu schaffen droht, als sie löst. Denn faktisch bleibt die Postfinance im Eigentum des Bundes, womit zusätzlich zu den 24 bestehenden Kantonalbanken eine weitere Staatsbank geschaffen wird.
Neben dem mangelnden Bedarf nach einer weiteren Staatsbank könnte sich diese Lösung für den Steuerzahler als äusserst kostspielig erweisen. Denn die Postfinance leidet nicht nur unter schwindenden Gewinnen, sondern muss aus regulatorischen Gründen ca. drei Milliarden Franken neues Eigenkapital auftreiben. Weder die Postfinance noch der Mutterkonzern sind jedoch dazu in der Lage, weshalb der Bund plant, mit einer Kapitalgarantie auszuhelfen. Zwar sollen später private Investoren in die Bresche springen und das benötigte Eigenkapital einschiessen. Ob sich jedoch Kapitalgeber finden lassen, steht in den Sternen geschrieben.
Kaum hilfreich ist in diesem Kontext, dass die Gewinne der Postfinance – sollte sie denn solche erwirtschaften – weiterhin zur Finanzierung der überteuerten postalischen Grundversorgung herangezogen werden sollen, und der Bundesrat dem Finanzinstitut mit der Auflage, vor allem ökologische Kredite zu vergeben, einen «grünen» Anstrich verleihen will. Letztlich wird der Postfinance mit der vorgeschlagenen Lösung nicht die nötige politische Unabhängigkeit und unternehmerische Flexibilität verschafft, die sie brauchen würde, um sich am Markt zu behaupten. Dafür müsste sie vollständig privatisiert werden.