Die Ergänzungsleistungen sind ein fester Bestandteil der sozialen Absicherung der Schweiz, und dennoch von der Politik wenig beachtet. In ihrer neuen Studie untersucht die St. Galler Professorin Monika Bütler die Ergänzungsleistungen zu AHV und IV auf ihre Fehlanreize. Problematisch sind dabei in erster Linie der Erwerbsersatz bei IV-Rentnern, die Abfederung der Frühpensionierung sowie die Deckung der Pflegekosten.
Ergänzungsleistungen werden in der Schweiz seit 1966 ausgerichtet. Ursprünglich waren sie als Übergangslösung gedacht, bis die Renten eine existenzsichernde Höhe erreichten. Mittlerweile aber sind sie ein fester Bestandteil der sozialen Absicherung in der Schweiz geworden. Seit ihrer Einführung sind die Ausgaben um das Zwanzigfache gestiegen und liegen mittlerweile bei 3,2 Milliarden Franken. Im Jahr 2007 haben mehr als 250’000 Personen Ergänzungsleistungen bezogen, die Mehrheit davon als IV-Rentner.
Ergänzungsleistungen tragen zu einer wesentlichen Verbesserung der Einkommenssituation von AHV- und IV-Rentnern bei. Sie führen aber auch zu problematischen Fehlanreizen. Tatsächlich garantieren die Ergänzungsleistungen insbesondere Familien ein Haushaltseinkommen, welches das auf dem Markt erzielbare Einkommen nicht nur erreicht, sondern in bestimmten Fällen sogar übersteigt. Einbussen, die sich durch eine Frühpensionierung ergeben würden, werden durch das Anrecht auf Ergänzungsleistungen überbrückt; und im letzten Lebensabschnitt fungieren die Ergänzungsleistungen als faktische Pflegeversicherung. Korrekturen in der IV, der AHV oder auch der Krankenversicherung werden kaum Wirkung haben, wenn nicht gleichzeitig die Mechanismen der Ergänzungsleistungen überdacht werden.