Jedes Jahr scheidet ein beachtlicher Teil aller Firmen aus dem Markt aus und wird durch neue ersetzt. Die Schweizer Wirtschaft ist diesbezüglich kein Sonderfall. Den erstmals von Avenir Suisse erstellten «Alterspyramiden» von Unternehmen können neben den Effekten von Gesetzesänderungen auch Median- und Durchschnittsalter verschiedener Rechtsformen abgelesen werden.
Die meisten Firmen sind demnach sehr jung, und die Hälfte aller Neugründungen wird nicht älter als fünf Jahre alt. In gewissen Branchen liegt dieser Wert noch weitaus tiefer – so existiert im Gastgewerbe und in der Beherbergung die Hälfte aller Firmen bereits drei Jahre nach ihrer Gründung nicht mehr.
Wie sich die Covid-19-Krise in der Unternehmensdemografie niederschlägt
Der Lebenszyklus von Firmen gründet primär in unternehmerischen Prozessen, wird aber auch von konjunkturellen Schwankungen geprägt. So scheiden in Krisenzeiten in der Regel mehr Firmen aus dem Markt aus als in normalen Zeiten. Dabei fällt auf, dass sich die Covid-19-Pandemie in ihrem ersten Jahr anders in der Unternehmensdemografie niederschlagen wird als frühere Wirtschaftskrisen. Darauf deuten aktuelle Konkursdaten hin.
Ein Vergleich mit der Finanzkrise 2008 und dem Frankenschock 2015 zeigt: Die Zahl der Konkurse ist 2020 klar unterdurchschnittlich ausgefallen. Der Grund dafür liegt in weitreichenden Stützungsmassnahmen von Bund und Kantonen, die direkt bei den einzelnen Firmen ansetzen.
Kostspieliges Verharren der Behörden in analogen Strukturen
Nicht nur mit den jüngsten Massnahmen rund um die Covid-19-Pandemie beeinflusst die Politik die Unternehmensdemografie. Auch Revisionen im Gesellschaftsrecht hinterlassen in der «Alterspyramide» von Kapitalgesellschaften ihre Spuren. Ob der Lebenszyklus von Firmen mit hohen oder geringen Kosten verbunden ist, hängt schliesslich auch von der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Staat ab.
Bei der Ausgestaltung dieser Schnittstelle hat die Schweiz in internationalen Rankings wiederholt schlecht abgeschnitten. In der neusten Studie schätzt Avenir Suisse die volkswirtschaftlichen Kosten für das stete Kommen und Gehen von Unternehmen auf jährlich rund 100 bis 230 Mio. Fr. – dabei handelt es sich nur um Kosten im engeren Sinne, da diverse Aufwände (Anmeldungen für Sozialversicherungen, MWSt, etc.) nicht berücksichtig wurden.
Wirtschaftspolitik und Rahmenbedingungen optimieren
Das kurze Leben vieler Firmen scheint in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Diese Tatsache hat jedoch bedeutenden Konsequenzen:
- Die Wirtschaftspolitik sollte im Verlauf dieses Jahres den Krisenmodus verlassen und zu den etablierten Instrumenten zurückfinden. Institutionen wie die Arbeitslosenversicherung und das Instrument der Kurzarbeit sind historisch gewachsen und entsprechend austariert. Solche automatischen Stabilisatoren sind geeignet, nach der akuten Gesundheitskrise individuelle Härtefälle zu mindern und konjunkturelle Schwankungen zu dämpfen.
- Bei den staatlichen Rahmenbedingungen rund um den Lebenszyklus von Firmen besteht Handlungsbedarf. Hier verharren die Strukturen in der Schweiz weiterhin im analogen Zeitalter. Mit einer konsequenten Digitalisierung der Behördenprozesse könnte ein wesentlicher Beitrag zur administrativen Entlastung für Schweizer Firmen geleistet werden. Schon nur im eng umrissenen Bereich von Gründung und Schliessung wird in dieser Analyse das entsprechende Einsparpotenzial auf rund 52 Mio. bis 113 Mio. Fr. pro Jahr geschätzt.