Mit dem Ja an der Urne für die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) haben die Schweizer Stimmbürger im Jahr 2004 eine wichtige Weiche für die Weiterentwicklung des Föderalismus gestellt. Allerdings konnten nicht alle Ziele erreicht werden, und seither hat sich neuer Reformbedarf herauskristallisiert. Kritisch etwa sind die Zentralisierungs- und Verflechtungstendenzen, die die Handlungsautonomie und den Gestaltungsspielraum der Kantone zunehmend einschränken. Vor allem die interkantonalen Transferzahlungen werden zunehmend emotional debattiert. Im neuen «avenir debatte» plädieren die Studienautoren Lukas Rühli und Natanael Rother dafür, den Wettbewerb zwischen den Kantonen mit einer NFA 2 zu stärken: Entpolitisierte Transferleistungen könnten die Debatten zwischen Empfänger- und Geberkantonen entschärfen, und eine klarere Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen würde mittelfristig zu einem zielgerichteteren und damit effizienteren Einsatz der Steuergelder führen.
Finanzausgleichszahlungen an tatsächlichen Disparitäten ausrichten
Der Finanzausgleich, bzw. dessen Ausgestaltung, gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht und belastet das Verhältnis zwischen Geber- und Nehmerkantonen. Eine wichtige Ursache dieser Entwicklung ist das Wachstum der Transfers trotz rückläufiger Ressourcendisparitäten zwischen den Kantonen. Die Dotierung des Ressourcenausgleichs sollte darum an die Entwicklung der Disparitäten zwischen den Kantonen angebunden werden. Das würde die Diskussion um den «richtigen» Umfang der Transferleistungen entpolitisieren. Die Mindestausstattung sollte explizit garantiert und über mehrere Jahre verteilt von 87,8% (2017) wieder zurück auf das im Gesetz vorgesehene Niveau von 85% gesenkt werden.
Dezentralisierungsstrategie zugunsten der Kantone – auch im Steuerbereich
Mit der NFA wurden wertmässig erst 40% der Verbundaufgaben entflochten. 17 Aufgaben verblieben in geteilter Verantwortung. Das Resultat ist ein Prozess, in dem die Akteure viel Energie in die Einflussnahme auf die Rahmenbedingungen stecken, mit dem Ziel, möglichst wenig zu zahlen und möglichst viel mitzubestimmen. Weder Bund noch Kantone tragen die volle Verantwortung für ihre Entscheide. Hinzu kommt, dass die Abneigung der Kantone gegenüber finanziellen Mehrbelastungen Zentralisierungen bisher erleichterte.
Durch gezielte Entflechtungen etwa im Bildungsbereich, bei den Krankenkassenprämienverbilligungen und im öffentlichen Regionalverkehr erhielten die Kantone grössere Gestaltungskompetenzen. In Summe würden die Entflechtungsvorschläge von Avenir Suisse (vgl. Tabelle) einer Verschiebung des Ausgabenvolumens zu den Kantonen im Umfang von bis zu 7,3 Mrd. Fr. entsprechen. Zur Finanzierung dieser Lastenverschiebung schlägt Avenir Suisse einen «Steuerabtauschmechanismus» zwischen Bund und Kantonen vor, dessen Spielregeln vorab exakt auf Stufe Verfassung, Gesetz und Verordnung definiert werden sollten, um bei künftigen Lastenverschiebungen entsprechende politische Diskussionen zu vermeiden.