Die wirtschaftspolitische Antwort auf die Coronakrise ruhte in der Schweiz bisher auf drei Pfeilern: der Kurzarbeit, der Erwerbsersatzordnung für Selbständigewerbende und den Kreditbürgschaften des Bundes. Diese auf etablierten Institutionen fussenden Instrumente wirken alle in der Breite, und sie wurden bei der ersten Welle rasch und unbürokratisch der ausserordentlichen Situation angepasst. Doch in der Hitze des Gefechts sind auch Fehler passiert, und die Massnahmen sind mit gewissen Nachteilen behaftet, die sich besonders in der langen Frist bemerkbar machen. Avenir Suisse empfiehlt deshalb, die bestehenden Instrumente gezielt zu verbessern, anstatt mit neuen A-fonds-perdu-Beiträgen ökonomische Anpassungsprozesse zu verzerren.

Arbeitsmarktmassnahmen überarbeiten…

So ist die Verlängerung des Erwerbsersatzes für Selbständige eine zu einfache Lösung. Um den Selbständigen den Zugang zu Liquidität zu erleichtern, sollte vielmehr ein neuer zweistufiger Ansatz geprüft werden: Jenen Unternehmern mit privatem Vorsorgekapital könnte ein Vorbezug der Altersguthaben ermöglicht werden, während Betroffenen mit niedrigem Einkommen ein an die Umsatzeinbussen gebundener, reduzierter Erwerbsersatz ausbezahlt werden könnte.

Eine solche temporär klar zu befristende Lösung soll sicherstellen, dass in früheren Jahren gutverdienende Selbständigerwerbende die nun zusätzlich benötigte Liquidität aus eigenen Mitteln aufbringen können. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass Selbständigerwerbende, die wegen geringen Einkünften früher keine Rückstellungen bilden konnten, aber bisher mit ihrer Erwerbstätigkeit finanziell auf eigenen Beinen standen, während der Corona-Pandemie in die Sozialhilfe abrutschen.

Während bei den Selbständigerwerbenden neue Ideen gefragt sind, sollte bei der Kurzarbeit auf das Bewährte gesetzt werden. So sollen Vollzug, Anspruchskreis und Karenzfristen bei der Kurzarbeit rasch wieder normalisiert werden. Je länger der Bund hier auf Ausnahmeregelungen setzt, desto grösser werden die volkswirtschaftlichen Schäden. Die derzeitigen Erleichterungen behindern ökonomische Transformationsprozsse, und der notwendige Strukturwandel wird milliardenschwer verzögert.

… und ein angepasstes Covid-19-Kreditprogramm aufsetzen

Wie in der ersten dürften auch in der zweiten Welle viele Firmen zusätzliche Liquidität benötigen. Dafür schlägt Avenir Suisse eine zeitlich beschränkte Neuauflage der Covid-19-Solidarbürgschaften vor. A-fonds-perdu-Beiträge sind der falsche Ansatz. Sie führen zu einem politischen Interventionismus in privatwirtschaftliche Tätigkeiten. Anstatt einzelne Unternehmen mit Härtefallhilfen staatlich zu subventionieren, wirkt ein Kreditprogramm in der Breite und mit weniger volkswirtschaftlichen Verzerrungen.

Banken sollten bei einer Neuauflage allerdings einen Teil des Risikos selber tragen und damit wie üblich die Kreditwürdigkeit der Antragsteller vertieft prüfen. Ein genauer Blick auf die in der ersten Welle gesprochenen Bürgschaften zeigt nämlich, dass im Frühjahr viel Geld an Firmen geflossen ist, die bereits vor der Pandemie kurz vor dem Konkurs standen. Zudem sollte eine Neuauflage des Bürgschaftsprogramms wettbewerbsneutral erfolgen – nicht nur Banken, sondern auch andere Finanzinstitute sollten daran teilnehmen können.

Keine neuen und politisch gesteuerten Hilfsprogramme

In der neusten Analyse von Avenir Suisse wird schliesslich die Problematik von Spezialhilfen für einzelne Unternehmen oder Branchen aufgezeigt, wie sie derzeit für die zweite Wellte vom Bund vorgesehen sind. Ein solches individuelles Eingreifen des Staates führt oft zu einer Ungleichbehandlung. Zudem müssen solche Hilfen unter Zeitdruck komplett neu entworfen und in Gesetze und Regularien gegossen werden. Die Gefahr von Ungereimtheiten und Fehlern ist hoch – und es werden Überentschädigungen möglich, was beispielsweise im Kulturbereich bereits festgestellt wurde.

Die Politik täte gut daran, sich auf die drei bewährten wirtschaftspolitischen Instrumente zu beschränken. Die dabei von Avenir Suisse vorgeschlagenen Anpassungen helfen, für die zweite Welle einen Mittelweg zu finden: Keine mutwillige Gefährdung von überlebensfähigen Strukturen, aber auch kein komplettes Einfrieren der Wirtschaft («Freeze the Economy») – Strukturwandel und dynamische Anpassungen an die neue Krisensituation müssen auch in Pandemie-Zeiten möglich bleiben.