Fast unbemerkt ist im Schweizer Kraftwerkspark ein eigentlicher Bauboom ausgebrochen. Neue Pumpspeicherwerke sollen die Schweiz zu einer Art Batterie für die europäische Stromversorgung machen. Doch die Investitionen, an denen die öffentliche Hand massgeblich beteiligt ist, sind mit bedeutenden Risiken verbunden.

Die Projekte für den Ausbau der Pumpspeicherkraft in der Schweiz sind eindrücklich. In Bau oder Projektierung befinden sich etwa Linth-Limmern im Kanton Glarus, wo zusätzliche Pump- und Turbinenleistung im Umfang von rund 1000 MW entsteht, Nant-de-Drance im Wallis (ca. 900 MW), Lago Bianco in Graubünden (ca. 1000 MW), Veytaux im Kanton Waadt (Verdoppelung auf 480 MW) oder Grimsel 3 (ca. 600 MW). Ein Vergleich mit dem Kernkraftwerk Mühleberg, das eine Leistung von 355 MW aufweist, illustriert das Ausmass des Ausbaus. Der Bedarf an neuer Pumpspeicherkapazität wird häufig mit dem Zuwachs an Windstromproduktion begründet. Die Schweiz könnte künftig eine Speicher- bzw. Batteriefunktion für Europa übernehmen, wo immer mehr unstetige Energie produziert wird.

Unsichere Rentabilität

Pumpspeicherwerke «veredeln» günstigen Strom. Ihr Geschäftsmodell basiert auf der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Strom: Wenn Strom im Überfluss vorhanden ist, wird Wasser in ein höher gelegenes Becken gepumpt, während Nachfrage- bzw. Preisspitzen wird das Wasser zur Stromproduktion verwendet. Dabei werden zwischen 70% und 85% der zugeführten elektrischen Energie zurückgewonnen. Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen hängt daher weniger vom absoluten Preisniveau sondern von kurzfristigen Preisvolatilitäten sowie Preisunterschieden zwischen Grund- und Spitzenlast ab. Diese beiden Grössen entwickeln sich jedoch nicht unbedingt zugunsten der Pumpspeicherwerk-Investoren.

  • Die Volatilität der Strompreise nimmt mit wachsender stochastischer – also unregelmässiger, nicht steuerbarer – Produktion zu. Im Extremfall resultieren bei sehr starkem Wind sogar negative Börsenpreise, weil sich andere Kraftwerke kurzfristig nicht abschalten lassen, ohne dabei hohe Kosten zu verursachen. Pumpspeicherwerke erhalten dann sogar Geld für die Abnahme des Stroms. Am Day-Ahead-Markt der Strombörse EEX resultierten 2009 mehrere Male negative Preise, darunter ein Extremwert von -500 €/MWh. 2010 nahmen jedoch die Häufigkeit und Intensität der negativen Preise ab. Das kann auf ein schwächeres Windjahr, Massnahmen von Marktteilnehmern zur Flexibilisierung von Produktion und Verbrauch sowie auf regulatorische Veränderungen zurückzuführen sein. 2010 wurden auch institutionelle Barrieren errichtet, die besonders negative Preisausschläge verhindern sollen. Seit Anfang 2011 gilt zudem eine formelle Preisuntergrenze mit einer Bandbreite von -150 €/MWh bis -350 €/MWh. Hintergrund der Massnahme ist der Umstand, dass negative Preise die Förderung des Ökostroms verteuern (die Subvention berechnet sich aus der Differenz zwischen kostenbasierter Einspeisevergütung und den Einnahmen aus der Vermarktung an der Börse).
  • Neben den kurzfristigen Preisveränderungen profitieren Pumpspeicherwerke auch von den relativ gut prognostizierbaren Preisdifferenzen zwischen Grund- und Spitzenlast. Doch auch dieser Preis-Spread nimmt aufgrund der sich ändernden Struktur im Kraftwerkspark längerfristig tendenziell ab. Das ist erstens darauf zurückzuführen, dass vermehrt flexible Gaskraftwerke eingesetzt werden, welche sowohl in der Grund- als auch der Spitzenlast produzieren und die Preise bestimmen. Zweitens zeigt sich vor allem in Deutschland, dass die subventionierte Photovoltaik aufgrund ihres Produktionsprofils die Preisspitzen am Mittag bricht.

Die milliardenschweren Investitionen in neue Pumpspeicherwerke sind daher auf jeden Fall mit bedeutenden Risiken verbunden. Dass in der Schweiz die Kantone und damit die Steuerzahler als Eigner der Kraftwerke oder der Verbundunternehmen auftreten, ist in diesem Zusammenhang besonders kritisch.