«Die Arbeitgeber»: Sie haben sich mit dem Thema Regulierungen befasst und darüber eine Publikation mit dem Titel «Auswege aus dem Regulierungsdickicht II – Lernen von ausländischen Erfahrungen» veröffentlicht. Was machen andere Länder besser als die Schweiz?
Peter Buomberger: In einigen andern Ländern, darunter Grossbritannien, die Niederlande oder auch Deutschland, ist der politische Wille zu besseren und weniger Regulierungen ausgeprägter als in der Schweiz. In diesen und in andern europäischen wie auch in asiatischen Ländern sind die Anstrengungen für bessere Regulierungen ein zentrales Element der Wirtschaftspolitik. Bei uns ist es – überspitzt ausgedrückt – lediglich das Steckenpferd einiger Spezialisten im Seco.
Konkret wurden in andern Ländern unabhängige Kontrollmechanismen eingeführt, die sich als besonders wirksam erwiesen haben. Eine unabhängige Stelle ist hilfreich zur Verhinderung unnötiger und kostspieliger Regulierungen, indem sie frühzeitig im Regulierungsprozess Einfluss nehmen kann und nicht erst im Rahmen der Vernehmlassung.
Gibt es einen nachweislichen Zusammenhang zwischen Regulierungsdichte und Wirtschaftswachstum?
In der Wissenschaft sind diese Zusammenhänge leider noch viel zu wenig analysiert worden. Die verfügbaren Untersuchungen zeigen aber trotz aller Mängel, dass sich das wachsende Regulierungsdickicht deutlich negativ auf die Innovationskraft und damit auf das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen auswirkt. Dazu kommen Mehrkosten in Milliardenhöhe. Überdies steht in allen in jüngster Zeit publizierten Sorgenbarometern der Schweiz neben dem starken Schweizerfranken die zunehmende Regulierungsdichte an erster Stelle.
Welche Auswege aus dem Regulierungsdickicht schlagen Sie vor?
Der politische Wille zum Handeln in diesem Bereich ist die Grundvoraussetzung für griffige Massnahmen, das zeigen die Erfahrungen im Ausland mit aller Deutlichkeit. In einem Mehrparteiensystem wie der Schweiz ist dazu ein politischer Konsens unter den wichtigsten politischen Kräften erforderlich. Die Voraussetzungen dazu sind mit dem neuen Parlament günstiger geworden.
Zum Einfrieren der regulatorischen Kosten auf dem jetzigen Niveau wäre eine «One-in, one-out»-Regel hilfreich, eine Reduktion der Belastung könnte aber erst mit einem «One-in, two-out»-Mechanismus, wie ihn Grossbritannien kennt, erreicht werden. Für die Verbesserung der künftigen Gesetzgebung braucht es aber letztlich eine unabhängige Kontrollstelle, die den Regulierungsprozess bei grösseren Vorhaben von Anfang bis zum Ende begleitet, kombiniert mit einem klaren Reduktionsziel.
Das würde die Politik schweizerischer Prägung wohl ziemlich auf den Kopf stellen. Was halten Sie denn davon, die Vorstösse der Politiker im Parlament zu beschränken?
Einschränkungen der parlamentarischen Freiheiten erachte ich als undemokratisch und unwirksam. Ein Schulterschluss der bürgerlichen Parteien, wenn möglich unter Einbezug weiterer Parteien, mit einer klaren Zielvorgabe ist jetzt wichtig. Deklariert werden könnte zum Beispiel die Absicht, sämtliche Regulationen um zehn Prozent zu reduzieren. Im heutigen wirtschaftlich nicht ganz einfachen Umfeld ist die Reduktion der Bürokratiebelastung wie auch eine bessere Regulierung unabdingbar für den Standort Schweiz.
Dazu kommt: Bei der Bekämpfung der Frankenstärke haben wir wenig Möglichkeiten, bei der ausländischen Konjunkturentwicklung erst recht nicht, aber die Regulierungskosten können wir völlig autonom und wirksam reduzieren – wenn wir denn wollen.
Der flexible Arbeitsmarkt gilt als einer der wichtigsten Trümpfe der Schweizer Wirtschaft. Wie kann verhindert werden, dass auch in diesem Bereich zum Schaden der Wirtschaft weiter reguliert wird?
Der noch einigermassen liberale Arbeitsmarkt – ein gewichtiger Wettbewerbsvorteil der Schweiz – wird tatsächlich immer mehr eingeschränkt, reglementiert und normiert. Allgemeinverbindlichkeit, Verschärfung der flankierenden Massnahmen, rigorose Kontrollen und Vorschriften im Bauwesen oder Gastgewerbe sind hier Stichworte. Die Politik ist deshalb gut beraten, wenn sie allen Initiativen zum Abbau der traditionellen Stärken des liberalen Arbeitsmarkts wie Arbeitszeiterfassung, Geschlechterquoten sowie gesetzlichen Mindest- oder Höchstlöhnen eine klare Absage erteilt. Eher in Betracht zu ziehen sind weitere Flexibilisierung, wie Anpassungen im Sozialversicherungs- und Rentenbereich, welche die Arbeit über 65 erleichtern. Auch der Inländervorrang bei der Besetzung offener Stellen ist aus Regulierungssicht klar abzulehnen.
Dieses Interview ist am 8. Juni 2016 auf der Website «Die Arbeitgeber» des Schweizerischen Arbeitgeberverbands erschienen. Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.