Elf OECD-Länder haben sich bereits zu einer Erhöhung des ordentlichen Rentenalters auf 67 bzw. 68 Jahre entschlossen. Damit tragen sie der demographischen Entwicklung ihrer Bevölkerung und deren Folgen für die Sozialwerke Rechnung.
Auch die Schweiz hat in dieser Hinsicht Handlungsbedarf. Eine schlagartige Erhöhung des Rentenalters für alle Beschäftigten war hierzulande aber bisher politisch nicht durchsetzbar.
Aus dieser Situation gibt es mehrere Auswege:
- Zum einen könnte man das Rentenalter jedes Jahr um 1,5 Monate erhöhen («Die AHV – Eine Vorsorge mit Alterungsblindheit», Zenker/Gentinetta, Avenir Suisse 2009). Diese kontinuierliche Anpassung entspräche in etwa der jährlichen Steigerung der Lebenserwartung. Dieses Modell hat den Vorteil, dass Arbeitnehmer, die kurz vor der Pensionierung stehen, ihre Arbeitszeit um lediglich einzelne Monaten verlängern müssen, während jüngere Erwerbstätige sich auf ihre Verschiebung um eins bis zwei Jahre in Ruhe vorbereiten können.
- Auch Automatismen bei der Bestimmung des Rentenalters («Soziale Sicherheit sichern», Feld/Schaltegger, Avenir Suisse 2011) würden die finanzielle Lage der Sozialwerke entspannen. Nach dem Vorbild Dänemarks könnte z.B. das Rentenalter alle fünf Jahre geprüft und allenfalls angepasst werden, so dass die durchschnittliche statistische Pensionsdauer immer bei 14,5 Jahren bliebe. Das würde nicht bedeuten, dass die Senioren nach 14,5 Jahren keine Renten mehr erhielten, wohl aber, dass das gesetzliche Rentenalter bei einer zunehmenden Lebenserwartung ebenfalls steigen würde.
- Eine weitere Möglichkeit wäre, das starre ordentliche Rentenalter ganz abzuschaffen und durch eine Untergrenze für die Frühpensionierung zu ersetzen. Je später die Pensionierung erfolgt, desto höher fällt die Rente aus. Dieses Modell wird in Schweden praktiziert. Dort ist eine Pensionierung erst mit 61 Jahren möglich, aber jeder kann aufgrund seiner persönlichen Präferenzen und seiner finanziellen Situation sein Rentenniveau (und sein Rentenalter) selbst steuern. Dieses Modell fördert auch die Einbindung älterer Mitarbeiter in den Arbeitsprozess, mitunter in Teilzeitanstellung. Erfahrene und gut qualifizierte Arbeitsnehmer scheiden dadurch nicht mehr automatisch aufgrund einer willkürlichen Altersguillotine aus dem Arbeitsprozess aus. Volkswirtschaftlich wäre dieser Weg aufgrund der sich abzeichnenden Arbeitskräfteknappheit infolge der Alterung unserer Gesellschaft sinnvoll.
Die Diskussion des Rentenalters ist wegen der anstehenden AHV-Revision und der BVG-Reformen in der kommenden Legislatur unentbehrlich. Ob diese Erhöhung schlagartig, jedes Jahr um einige Monate oder an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt stattfindet, ist zweitrangig. Viel wichtiger ist, die Finanzierung der Sozialwerke auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen und die Attraktivität des Produktionsstandorts Schweiz zu sichern.