Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe. So auch bei der Gewährung von Subventionen. Während der Bundesrat soeben die Vernehmlassung über eine Schweizerische Investitionskontrolle eröffnet hat – die u.a. mit der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen durch ausländische staatliche oder staatsnahe Investoren begründet wird –, berät das Parlament munter über die Verteilung neuer marktverzerrender staatlicher Subventionen für inländische Akteure. So schlagen die einen etwa Subventionen für Atomkraft vor, während andere wahlweise den Güterverkehr auf der Schiene oder ÖV-Tageskarten für Familien unterstützen wollen. Und natürlich darf, wenn es um Subventionen geht, auch die Landwirtschaft nicht fehlen. So hat der Nationalrat beschlossen, dass die Weinbranche mit zusätzlichen 18 Millionen Franken unterstützt werden soll.

Ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis

Klar ist dabei, dass Subventionen (ob im In- oder Ausland gesprochen) regelmässig ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, da sie mit Fehlanreizen und Marktverzerrungen einhergehen. Nur schon aus diesem Grund sollten Bund und Kantone ihre Vergabepraxis überdenken.

Subventionen und Beihilfen stellen für ein kleines Land wie die Schweiz, das auf einen möglichst ungehinderten Marktzugang im Ausland angewiesen ist, aber auch sonst zunehmend einen Risikofaktor dar: Nicht nur in der Schweiz sind drittstaatliche Subventionen verpönt und werden immer mehr zum Ziel von Regulierungen. Auch die EU hat unlängst ein Weissbuch zum Umgang mit Binnenmarktverzerrungen durch drittstaatliche Subventionen veröffentlicht. Mittlerweile liegt ein Vorschlag für eine entsprechende Verordnung vor.

Sechs mögliche Reformschritte für die Schweiz

Anstatt nur allfällige Wettbewerbsverzerrungen durch drittstaatliche Subventionen zu bekämpfen, sollte auch die eigene Subventionsvergabepraxis von Bund und Kantonen kritisch hinterfragt werden. Denn in diesem Bereich bestehen in der Schweiz zurzeit keine griffigen Vergaberegeln. Zwar gibt es auf Bundesebene ein Subventionsgesetz, dieses konzentriert sich jedoch primär auf prozedurale Fragen der Vergabe von Bundessubventionen. Ob hingegen eine Subvention den Markt verzerrt, spielt in der Vergabepraxis keine Rolle. Die folgenden Reformschritte sollten deshalb ins Auge gefasst werden, um die schädlichen Wirkungen von Subventionen abzumildern:

  1. Transparenzvorschriften: Voraussetzung, um über die Sinnhaftigkeit einzelner Subventionen zu entscheiden, ist Transparenz. Während auf Bundesebene eine Subventionsdatenbank geführt wird und somit zumindest in Teilbereichen eine gewisse Transparenz besteht, fehlt diese auf kantonaler Ebene vollständig. Angesichts der potenziell schädlichen Auswirkungen von Subventionen und des gültigen Öffentlichkeitsprinzips ist deshalb – im Sinne einer Mindestmassnahme – die Schaffung von Transparenz zu fordern. Dass dies keine übertriebene Forderung ist, zeigt ein Blick in Ausland. So könnte man sich bei der Umsetzung von Transparenzvorschriften am europäischen oder britischen Meldesystem orientieren.
  2. Prüfung von Subventionen auf Marktverzerrung: Mit der Schaffung von Transparenz wäre die Basis geschaffen, um die Vergabe von Subventionen einer Prüfung auf ihre wettbewerblichen Auswirkungen zu unterziehen. Eine regelmässige Prüfung von Subventionen sowie eine minimale Rechenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit sollte insbesondere auch auf Ebene der Kantone geschaffen werden. Dabei wäre darauf zu achten, dass Überprüfungen nicht von den zuständigen Stellen selbst vorgenommen werden, sondern von unabhängigen Dritten.
  3. Verfalldatum für Subventionen: Subventionen sollten mit einem Verfalldatum versehen werden (sogenannte Sunset-Klausel). Das heisst, jede genehmigte Subvention sollte ein klar definiertes Enddatum haben und ohne parlamentarischen Beschluss zur Weiterführung automatisch eingestellt werden. Damit könnte die Perpetuierung von Subventionen verhindert werden, deren Zweck sich erübrigt hat oder die anderen Zielen entgegenlaufen. Eine noch stärker disziplinierende Wirkung könnte zudem mit dem «One in, one out»-Prinzip erzielt werden. Dabei müsste für jede neu beschlossene Subvention eine oder mehrere alte in ähnlichem Umfang abgeschafft werden.
  4. Keine neue «Lex Bonny» durch die Hintertür: Mit der 2020 ausgelaufenen «Lex Bonny» dürfte das Problem wettbewerbsverzerrender Steuervergünstigungen auf Bundesebene etwas an Dringlichkeit verloren haben. Ob dies auch für die Kantone zutrifft, lässt sich aufgrund mangelnder Transparenz nicht überprüfen. Wichtig wäre es auf jeden Fall, die erzielten Fortschritte zu bewahren. Insbesondere sollte dem Druck widerstanden werden, neue Subventionen (etwa in Form selektiver Massnahmen zur Standortförderung) als Kompensation für die anstehende Umsetzung der globalen Mindeststeuer von 15% für international tätige Unternehmen einzuführen.
  5. Spezielle Regeln für staatsnahe Unternehmen: Profiteure von Subventionen sind vielfach staatliche bzw. staatsnahe Unternehmen. Eine Reformmöglichkeit würde deshalb ein neues Gesetz darstellen, das sicherstellt, dass Bund, Kantone und Gemeinden sowie öffentliche Unternehmen bei der Ausübung privatwirtschaftlicher Tätigkeiten über keine staatlich bedingten Wettbewerbsvorteile verfügen (Prinzip der «Competitive neutrality»). Zudem könnte man auch ein Melde- und Prüfverfahren für staatsnahe Unternehmen etablieren, die planen, eine privatwirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen.
  6. Einführung eines eigenständigen Beihilferechts: Die weitestgehende Reformvariante wäre die Einführung eines eigenständigen schweizerischen Beihilferechts. Dabei könnte man sich etwa am heutigen EU-Beihilferecht oder an der britischen «Subsidy Control Bill» orientieren, was eine gewisse Gleichwertigkeit der Rechtssysteme sicherstellen würde.

Subventionsblindflug beenden

Aus realpolitischer Sicht wäre es wohl naiv davon auszugehen, dass zurzeit in der Schweiz politische Mehrheiten für die Einführung eines Beihilferechts gefunden werden könnten. Trotzdem ist zu hoffen, dass die Diskussionen um das gescheiterte Rahmenabkommen mit der EU die Problematik von Beihilfen auf den Tisch gebracht haben. Das Momentum sollte genutzt werden, um das Bewusstsein für die möglichen negativen Auswirkungen von Subventionen in der Öffentlichkeit zu schärfen und dem international anerkannten Prinzip der «Competitive neutrality» auch in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen.

Eine Minimalvoraussetzung dafür stellen Transparenz und Kontrollmechanismen dar. Während auf Bundesebene beides in Ansätzen vorhanden ist, besteht diesbezüglich bei den Kantonen dringlicher Handlungsbedarf. Insbesondere der heutige kantonale Subventionsblindflug sollte so schnell wie möglich beendet werden. Es darf davon ausgegangen werden, dass bereits die Schaffung von Transparenz sowie die wiederkehrende Überprüfung der wettbewerblichen Auswirkungen einer Subvention eine gewisse disziplinierende Wirkung entfalten würde.

Sollte sich diese als nicht ausreichend erweisen, müssten die weiteren vorgeschlagenen Reformschritte in Betracht gezogen werden: konkrete Verfalldaten für Subventionen, spezielle Regeln für staatsnahe Unternehmen (wie sie heute bereits verschiedene Länder kennen) oder – als Ultima Ratio – die Einführung eines an die EU angelehnten Beihilferechts.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Die Schweiz – das Land der Subventionen».