Noch kaum je debattierte das Land so heftig über die Politik der Nationalbank wie derzeit. Avenir Suisse veranstaltete dazu ein Abendliches Gespräch und veröffentlichte ein Diskussionspapier zum harten Franken.

«Es ist für mich ganz natürlich, dass nun eine über das übliche Mass hinausgehende Diskussion über die Geldpolitik der Nationalbank stattfindet», sagt SNB-Vizepräsident Thomas Jordan. Die Nationalbank bewältigte zwar die Krise seit dem Herbst 2008 auf vorbildliche Art, geriet aber mit ihren massiven Devisenkäufen im Frühling 2010 in die Kritik. Hat sie damit Deflationsrisiken abgewendet oder Währungsrisiken geschaffen?

Aus Anlass der Veröffentlichung des Diskussionspapiers «Der harte Franken», in dem Alois Bischofberger, Rudolf Walser und Boris Zürcher «Optionen für die Untenehmen, die Geld- und die Wirtschaftspolitik» aufzeigen, veranstaltete Avenir Suisse ein Abendliches Gespräch. An ihm diskutierten SNB-Vizepräsident Thomas Jordan und der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann unter der Moderation von Gerhard Schwarz «off the record» über die Geldpolitik der Nationalbank in der Krise, nicht zuletzt über die umstrittenen Euro-Käufe im Frühling 2010.

Damit setzt sich auch das Papier von Avenir Suisse auseinander. «Die dahinter liegenden Motive sind nicht einfach zu deuten», stellen die Autoren fest. Eine These lautet, die Interventionen der SNB hätten in erster Linie eine Schwächung des Frankens bzw. eine Dämpfung des «Aufwertungsdruckes» bezweckt. Tatsächlich liess sich das Tempo der Höherbewertung des Frankens erheblich drosseln, aufzuhalten aber war sie nicht. Eine andere These nimmt an, die Nationalbank habe nicht in erster Linie eine Schwächung des Frankens bezweckt, sondern eine massive Liquiditätszufuhr (Quantitative Easing, QE), um so signifikanten Deflationsrisiken entgegenzuwirken. Allerdings war beim Landesindex der Konsumentenpreise während dieser Periode kaum Deflationsdruck erkennbar, und die Konjunkturforscher korrigierten ihre Wachstumsprognosen nach oben (Grafik oben).

Denkbar sei aber auch, meinen die Autoren, «dass die SNB in Verletzung der sogenannten Tinbergen-Regel, wonach ein Ziel stets nur mit einem einzigen Instrument zu verfolgen sei, simultan sowohl ein QE als auch eine Schwächung des Frankens bzw. des übermässigen ‹Aufwertungsdrucks› anstrebte». Wegen der vergleichsweise geringen Marktvolumina bei Staats- und Unternehmensanleihen könne die SNB das Quantitative Easing «vernünftigerweise nur über den Devisenmarkt bewerkstelligen». Das führe aber zwangsläufig zu zwei Wirkungen: einerseits zu einer Aus­weitung der Liquidität, anderseits, untrennbar damit verbunden, zu einer Schwächung des Frankens. «Der Ausgang der im Juni 2010 eingestellten Operation lässt vor diesem Hintergrund vermuten, dass unbeabsichtigte Nebenwirkungen eingetreten sind».

Die Nationalbank hätte viel deutlicher klarmachen müssen, welche Ziele sie mit ihren Interventionen am Devisenmarkt tatsächlich verfolgte, stellt das Diskussionspapier fest. Thomas Jordan versuchte am Anlass von Avenir Suisse nicht zuletzt, dieses Defizit auszugleichen und die Überlegungen der Währungshüter sowie die Lagebeurteilung im Zeitpunkt des Entscheids zu erklären. Das Papier von Alois Bischofberger, Rudolf Walser und Boris Zürcher bietet seinerseits eine gute Auslegeordnung für die zweifellos weitergehende Debatte zur Geld- und Währungspolitik in der Schweiz.