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Ein Gespräch über den Einfluss der Digitalisierung auf die Demokratie
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Fabian Schnell,
Matthias Ammann
«Ich kriege eine Quittung für die Stimmabgabe»
PodcastEin Gespräch über den Einfluss der Digitalisierung auf die Demokratie
In den letzten 25 Jahren seit ihrer vollständigen Einführung haben sich die Schweizer an die Briefwahl gewöhnt, und sie wurde zu einem festen Bestandteil des demokratischen Prozesses. Aber wie nachhaltig ist diese Form der Stimmabgabe, wenn man berücksichtigt, dass die Zukunft der klassischen Briefpost mehr als ungewiss ist? Wie sicher wäre die schriftliche Stimmabgabe, wenn anstelle der staatlichen Post plötzlich mehrere Unternehmen mit dem Transport von Briefen betraut werden?
Sofern E-Voting eine valable und sichere Alternative darstellt, bekämen die Wählerinnen und Wähler sogar eine Quittung für ihre Stimmabgabe. Laut Umfragen sähen das neben den Auslandschweizern auch viele der Jungen positiv. Skeptischer zum E-Voting positionieren sich zurzeit noch die politischen Eliten. Uwe Serdült, Professor für Politikwissenschaft an der japanischen Ritsumeikan University und Forschungsleiter von «Digital Democracy»-Projekten am ZDA, ist optimistisch. Er geht davon aus, dass die zurzeit durchaus noch berechtigten Sicherheitsbedenken beseitigt werden können. Generell seien die in der Schweiz im Test befindlichen Systeme technisch durchaus «vorne mit dabei».
Im Gespräch mit Fabian Schnell und Matthias Ammann betont Uwe Serdült, dass er die grösseren Herausforderungen entgegen der medialen Wahrnehmung im E-Collecting sieht, weil es die Unterschriftensammlung stark vereinfachen – und damit die potenzielle Zahl der Volksinitiativen und Referenden explodieren lassen könnte. Für Diskussionsstoff über die digitale Demokratie ist also auf Jahre hinaus vorgesorgt. Trotzdem sind sich die Forscher einig, dass die Chancen für den demokratischen Prozess die Risiken überwiegen.
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Zwei Unternehmer erklären, wie Blockchain unseren Alltag prägen könnte
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Jennifer Anthamatten
«Es braucht ein Internet der Werte»
PodcastZwei Unternehmer erklären, wie Blockchain unseren Alltag prägen könnte
8.55 Uhr. Frau Mayer parkt ihr Elektroauto vor dem Büro. Das Teammeeting dauert ca. eine Stunde. Gut so. Das Parkfeld kann in dieser Zeit die Autobatterie aufladen, damit die anschliessende Fahrt nach Bern gut über die Bühne geht.
10.45 Uhr: Ruhige Strassenverhältnisse und kein Stau im Gubrist! Während der (autonomen) Autofahrt geht Frau Mayer ihre Präsentation noch einmal in Ruhe durch.
13.00 Uhr: Endlich Mittagspause. Während Frau Mayer ein Sandwich isst, überschreibt sie ihrer Tochter im «Familienwallet» Rechte im Wert von 3000 Fr. – sie braucht ja noch eine Kaution für das neue Studentenzimmer.
18.00 Uhr: Endlich zuhause. Jetzt noch schnell die Kühlbox vor der Haustür leeren und den Kühlschrank füllen. Für den heutigen Jassabend werden ihre Freunde eine schöne Auswahl von Getränken und Snacks vorfinden.
Diese imaginären Schnappschüsse zeigen, wie die Technologie unser Leben in nicht allzu ferner Zukunft prägen wird: Im Gespräch mit Jakob Gülünay und Toni Caradonna unterhält sich Jennifer Anthamatten über die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von Blockchain und Ledger-Technologie im Alltag der Zukunft.
Für die Experten ist klar: Das Internet der Dinge und der Werte werden die Schweizer Finanzinfrastruktur massiv prägen – und mit ihr auch die darauf basierenden Anwendungen. Für die neuen, kooperativen Geschäftsmodelle braucht es digitale Strukturen, die Werte verlässlich abbilden und Transaktionen ermöglichen.
Während die grossen Technologiekonzerne fleissig ihre eigenen Datenstrukturen bauen, bietet sich für die Schweiz die einmalige Gelegenheit, ihre eigene Blockchain-Infrastruktur einzurichten und damit die Souveränität der Nutzer und die allgemeine Rechtssicherheit zu stärken.
Im Gespräch zeigen sich die Experten einig, dass die Schweiz mit ihrer relativ fortschrittlichen Regulierung im Bereich Blockchain gut aufgestellt ist und die Entwicklung der Technologie gefördert wird. Es bestehen aber auch noch Herausforderungen, sei es in Bezug auf die Standards, im Bereich des Datenschutzes oder bei den globalen Regulierungen, bei deren Entwicklung sich die Schweiz vermehrt einbringen sollte.
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Natanael Rother im Gespräch mit Ulf Berg und Lars Tvede (in Englisch)
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Natanael Rother
Bildung als Schlüssel zur Gleichheit
PodcastNatanael Rother im Gespräch mit Ulf Berg und Lars Tvede (in Englisch)
In den letzten Jahren stand die Frage der Ungleichheit weltweit im Mittelpunkt der politischen Debatte. Die Reduzierung der Ungleichheit ist zur grossen Herausforderung geworden und damit zur Frage: Welche Massnahmen sollten wir ergreifen, um die Armut zu verringern und gleichzeitig das Wachstum zu fördern? Im Vorfeld des dritten Think-Tank-Summits von Avenir Suisse zu «Equality and Inequality» sprach Natanael Rother mit Lars Tvede und Ulf Berg, beide Experten und Referenten der kommenden Konferenz.
Die Diskussion hat ergeben, dass es schwierig ist, allgemeine Schlussfolgerungen zur Ungleichheit zu ziehen, da die Situation von Land zu Land sehr unterschiedlich ist und Statistiken irreführend sein können. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Ungleichheit auf globaler Ebene zurückgegangen ist, wobei China ein wichtiger Push-Faktor ist. Anderseits haben die USA und einige westeuropäische Länder – in viel geringerem Mass – seit den 1980er Jahren eine zunehmende Ungleichheit zu verzeichnen, während die Gesamtsituation in der Schweiz bemerkenswert stabil bleibt.
Wenn Politiker Ungleichheit vermeiden wollen, sollten sie sich auf den Aufbau eines durchlässigen Bildungssystems konzentrieren, das es den Menschen ermöglicht, ihr Leben lang Ehrgeiz zu entwickeln. Länder mit einem Lehrlingsausbildungssystem haben in der Regel eine viel bessere Möglichkeit, einen höheren Anteil ihrer Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt zu halten.
Wohlstand entsteht langfristig nur aus Kreativität. Daher sollten Bildungssysteme die individuellen Stärken fördern und es wagen, den Anteil an standardisierter Bildung zu verringern. Lehrlingsausbildungssysteme könnten für viele Länder ein wertvoller Weg sein, aber es wird einige Zeit dauern, bis sie überall entstanden sein werden.
Dieses Gespräch fand im Rahmen des Avenir Suisse Think-Tank-Summit 2019 statt. Die Publikation zur Veranstaltung unter dem Titel «Ein internationaler Think-Tank-Bericht zu Ungleichheit und Gleichheit» kann hier als pdf heruntergeladen oder bei Avenir Suisse zum Preis von Fr. 15.– bezogen werden.
Ulf Berg
Der gebürtige Däne ist Präsident des Verwaltungsrates der Kuoni Reisen Holding AG und Mitglied des Verwaltungsrates verschiedener Portfoliounternehmen von BLR und AM-Tec. Mehr Informationen…
Lars Tvede
ist ein dänischer Unternehmer, Investor und Autor, der in der Schweiz lebt. Er ist Gründer von Beluga, einem erfolgreichen Finanzhandelsunternehmen, Berater eines Schweizer Hedgefonds und Mitbegründer des nordisch-amerikanischen Risikokapitalfonds Nordic Eye. Seine 15 Bücher wurden in 11 Sprachen und mehr als 50 Ausgaben veröffentlicht. Mehr Informationen…
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Gespräch mit Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich
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Fabian Schnell,
Nicole Dreyfus
Nicht in fremden Gärten gärtnern
PodcastGespräch mit Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich
In der Debatte um Menschenrechte und globale Wirtschaft wird oft die Moralkeule geschwungen – und der Prügelknabe steht längst fest: die multinationalen Unternehmen. Sie sollen von unethischen Geschäftspraktiken profitieren, ihre Macht auf Kosten der Gesellschaft einsetzen und dadurch das Gemeinwohl unterminieren, heisst es. Entsprechend wird gefordert, Schweizer Konzerne müssten mehr Verantwortung übernehmen und Schweizer Recht im Ausland umsetzen – zum Beispiel durch die Unternehmensverantwortungs-Initiative.
Wie sinnvoll und ethisch ist die Übertragung des Schweizer Rechts tatsächlich? Und entspricht das gezeichnete Bild der Multis der Realität?
Anlässlich der kürzlich publizierten Studie «Schweizer Vögte in der Fremde» diskutieren Fabian Schnell, Forschungsleiter Smart Government, und Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit (CCRS) an der Universität Zürich, unter der Leitung von Nicole Dreyfus über die Rolle und das Potenzial der Multinationalen als regionale Akteure in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Jedes Land soll über ein eigenes Rechtssystem verfügen und es gemäss lokalen Gegebenheiten entwickeln können, betont Fabian Schnell. Der Versuch, in Entwicklungs- und Schwellenländern nun Schweizer Recht durchzusetzen, erhöht vor allem das Investitionsrisiko, führt zu deren Rückgang und verhindert damit die Verbesserung der ökonomischen Lage in den betroffenen Ländern. Philipp Aerni sieht beurteilt die Problematik ähnlich: Die Regulierung müsse entsprechend dem Stadium des Strukturwandels vor Ort angepasst werden. Jedes Land soll gemäss seinem Tempo einen eigenen Policy-Mix finden und bestimmen, wie es den Wandel nachhaltig fördern möchte.
Unproduktiv und schädlich findet er polarisierende Debatten, in denen positive Beispiele kaum Platz finden. Das sei schade, denn manche Unternehmen leisten mehr als die NGO, weil sie im lokalen Markt Arbeitsplätze und das Know-how schaffen. Stereotypisierungen der multinationalen Konzerne vergiften hingegen die Atmosphäre und verhindern eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft. Das Potenzial international tätiger Unternehmen muss im Interesse der Entwicklungsländer, aber auch im Interesse der Schweiz erkannt und genutzt werden.
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Mit dem passenden Studium volle Kraft in die Zukunft
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Salomè Vogt,
Fabio Wüst,
Matthias Ammann
Ohne Qual zur Studienwahl
PodcastMit dem passenden Studium volle Kraft in die Zukunft
Was soll ich studieren? Jahr für Jahr beschäftigt die Maturanden und Maturandinnen die Frage aller Fragen. Die Welt steht einem offen. Doch die Vielzahl an Möglichkeiten und ein undurchsichtiges Informationsdschungel stellen eine Herausforderung dar und sorgen bei vielen für Orientierungslosigkeit. Eine Vorstellung davon zu entwickeln, wo man hin will, ist dabei wahrlich eine Kunst.
Die jüngste Publikation «Studiere deine Zukunft» von Fabio Wüst, Mitarbeiter Avenir Jeunesse, soll diese Entscheidungsfindung erleichtern und in 5 Schritten der Studienwahl näherbringen. In der neuesten Podcast-Ausgabe diskutiert er mit Salomé Vogt, Leiterin Avenir Jeunesse, und Matthias Ammann, Fellow Avenir Suisse, über persönliche Erfahrungen und gibt praktische Tipps, damit die Studienwahl nicht zur Qual wird.
Welche Rolle spielen die FlaM für das Lohnniveau in der Schweiz?
Podcast
Ein Gespräch über den Schweizer Arbeitsmarkt und das institutionelle Rahmenabkommen
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Marco Salvi,
Nicole Dreyfus
Welche Rolle spielen die FlaM für das Lohnniveau in der Schweiz?
PodcastEin Gespräch über den Schweizer Arbeitsmarkt und das institutionelle Rahmenabkommen
Seit fünf Jahren verhandeln Brüssel und Bern über das institutionelle Rahmenabkommen (InstA). Der Vertragsentwurf steht – nicht jedoch seine Zukunft, denn die Politik und Gewerkschaften sind sich uneinig. Insbesondere über die FlaM und den Lohnschutz wird weiterhin heftig diskutiert. Allen voran die Gewerkschaften weigern sich die EU-Entsendungsrichtlinien zu übernehmen. Das Rahmenabkommen unterminiere die FlaM und gefährde damit die Schweizer Löhne. Eine extreme Position, findet Marco Salvi, Forschungsleiter und Senior Fellow bei Avenir Suisse. Der Einfluss der Entsendungen auf die Löhne werde überschätzt, denn die Kurzaufenthalter aus der EU machen nur 0,7% der Gesamtbeschäftigung aus. Das System in der Schweiz, bei welchen die Mindestlohnfestsetzung den Sozialpartnern überlassen wird, wird damit nicht gefährdet. Im Gespräch mit Nicole Dreyfus führt er aus, wie das hohe Lohnniveau in der Schweiz vor allem unserem hohen Produktivitätsniveau zu verdanken ist. Dessen künftige Entwicklung hängt entscheidend von unserem Zugang zum EU-Binnenmarkt ab.
«Als Finanzdirektor bin ich nicht an neuen Regelungen interessiert»
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Der Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker über Freiheit und ihre Grenzen
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Samuel Rutz,
Mario Bonato
«Als Finanzdirektor bin ich nicht an neuen Regelungen interessiert»
PodcastDer Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker über Freiheit und ihre Grenzen
Anlässlich der neusten Ausgabe des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes sprachen Samuel Rutz und Mario Bonato mit dem Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker über das Thema Freiheit.
Im letzten Jahr stand der Kanton Zürich auf Platz zehn des Freiheitsindexes, dieses Jahr kann er sich, so viel sei bereits verraten, verbessern – insbesondere im Bereich der ökonomischen Indikatoren. Ernst Stocker beurteilt dieses Resultat als hervorragend, besonders wenn man bedenke, dass der Kanton Zürich mit seinen verschiedenen grossen Städten und Ballungsgebieten in einer anderen Liga spielt als die meisten anderen Kantone: «Unsere S-Bahn verfügt über 27 Linien, davon fahren 24 über die Kantonsgrenze hinaus.»
Die Grösse des Kantons wirkt sich aus Sicht des Regierungsrates aber auch auf die zivilen Freiheiten aus, wo Zürich seit Jahren im hinteren Mittelfeld dümpelt. Die im Vergleich zu anderen Kantonen starken Restriktionen im zivilen Bereich führt Stocker darauf zurück, dass die Zürcherinnen und Zürcher auf viel engerem Raum leben als der Rest der Schweiz. Obwohl zum Beispiel der Jura bei den zivilen Freiheiten besser abschneide, sei in Zürich doch sehr viel mehr möglich als in einem ländlichen Kanton. Gerade als Finanzdirektor habe er wenig Interesse an neuen Regelungen, da diese zusätzliches Personal bringen und somit höhere Kosten.
Allerdings gibt es auch Freiheitsindikatoren, die wenig mit Geld zu tun haben, etwa das Ausländerstimmrecht. Auf die Frage, weshalb Zürich keinen liberaleren Umgang mit seinen Ausländern pflege, spielt Stocker den Ball an das Volk zurück, das entsprechende Vorstösse abgelehnt habe. Immerhin gelinge die Integration von Ausländern in Zürich gut. Es gebe keine Gettos und man dürfe sich im Kanton Zürich sicher fühlen.
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Andrea Rytz, CEO der Zürcher Schulthess Klinik, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalkosten
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Jérôme Cosandey,
Nico Leuenberger
Sterne für die Spitäler
PodcastAndrea Rytz, CEO der Zürcher Schulthess Klinik, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalkosten
Die steigenden Kosten im Gesundheitssystem beschäftigen alle: Patienten, Spitäler, Krankenversicherungen und Gesundheitspolitiker. Aber mit welchen Methoden könnte man das Kostenwachstum bremsen? Andrea Rytz, CEO der Zürcher Schulthess Klinik, und Jérôme Cosandey, Forschungsleiter Finanzierbare Sozialpolitik, sehen verschiedene Ansatzpunkte:
Die Politik: Zu oft ist Gesundheitspolitik Interessenspolitik. Etwa bei den kantonalen Spitallisten, die nicht selten für Regionalpolitik instrumentalisiert werden. Viel sinnvoller bei der Beurteilung von Spitalleistungen wären allgemeine, in der ganzen Schweiz gültige und besser vergleichbare Kriterien.
Die Qualität: Muss es wirklich immer die beste und teuerste Therapie sein? Mit den richtigen Anreizen für die Patienten könnte sich ein 5-Sterne-System auch im Spitalwesen durchsetzen.
Die Schwerpunktsetzung: Heute gibt es zu viele Spitäler, die alles anbieten. Mit einer gezielten Spezialisierung der Anbieter wären neben Effizienzgewinnen auch Qualitätssteigerungen möglich.
Andrea Rytz und Jérôme Cosandey waren sich in ihrem Gespräch einig, dass die Spitäler nicht mehr, sondern bessere Regulierung brauchen. Die eine einseitige Fokussierung auf Tarife bringe zu wenig.
Mehr Wachstum heisse zudem nicht automatisch Kostenwachstum: Vielen Probleme könnten auch durch weniger Bürokratie gelöst werden: Etwa, wenn Ärzte sich besser austauschen und Patienten spitalübergreifend behandeln könnten, weil sie einen unkomplizierten Zugang zu den verschiedenen Institutionen erhielten.
Die Branche hat noch viel Raum für Verbesserungen. Und vielleicht kann auch die Zeit ein paar Wunden im Gesundheitssystem heilen. Zum Beispiel, wenn der Druck der Patienten, die sich gegen die Kosten wehren, grösser wird.
«Es geht darum, den Bauern eine Perspektive zu geben»
Podcast
Warum der Status quo in der Schweizer Landwirtschaft nicht nachhaltig ist
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Patrick Dümmler,
Noémie Roten,
Nicole Dreyfus
«Es geht darum, den Bauern eine Perspektive zu geben»
PodcastWarum der Status quo in der Schweizer Landwirtschaft nicht nachhaltig ist
Vor wenigen Wochen hat Avenir Suisse mit der Studie «Eine Agrarpolitik mit Zukunft» eine Zehn-Punkte-Strategie für die langfristige Reform der Schweizer Landwirtschaft präsentiert. «Absurd» und «unrealistisch» waren noch die freundlicheren Worte, mit denen der Schweizer Bauernverband auf die Vorschläge der Denkfabrik damals antwortete.
Im Gespräch mit Nicole Dreifus verteidigen die beiden Studienautoren Patrick Dümmler und Noémie Roten ihren Standpunkt. Der Status quo mache aktuell niemanden zufrieden: weder die Konsumenten, die hohe Preise für die Nahrungsmittel zahlen, noch die Bauern, die trotz hohen Arbeitseinsatzes kaum Rendite erwirtschaften. Dass auch die Bevölkerung die Landwirtschaftspolitik zunehmend kritisch sieht, zeige die wachsende Zahl politischer Initiativen in diesem Bereich. Neben den (erwarteten) kritischen Reaktionen haben die Autoren auch positives Feedback erhalten, von besorgten Bürgern oder von Leuten, die sich mit der Agrarpolitik befassen. Gut aufgenommen wurde auch das «Privilegienregister der Schweizer Landwirtschaft», mit dem Avenir Suisse Licht in den landwirtschaftlichen Subventionsdschungel bringt und das in den nächsten Jahren laufend aktualisiert werden soll.
Das ausserordentlich grosse Echo zeige vor allem eines: Die Studie hat einen wunden Punkt getroffen. Die weitverbreitete Unzufriedenheit mit der Schweizer Agrarpolitik sei umso bedenklicher, wenn man ihre gesamten volkswirtschaftlichen Kosten in Betracht ziehe. Diese betragen nämlich, wie die Studie zeigte, nicht weniger als 20 Mrd. Fr.
Mit dem Reformprogramm sollen die Subventionen in die Landwirtschaft gezielter fliessen und auch gleich lange Spiesse für die Bauern innerhalb der Wirtschaft geschaffen werden – also gegenüber dem Gewerbe und der Industrie. Warum etwa erhalten Bauern die Treibstoffsteuern rückerstattet, nicht aber ein Malerbetrieb? Deregulierung und Wettbewerb könnten die Innovationskraft, die in diesem Sektor schlummert, wecken. Davon profitiert am Schluss die ganze Volkswirtschaft, nicht zuletzt die Bauern selbst.
Dass Grenzöffnung und weniger Subventionen oft sehr positive Auswirkungen haben, zeige das Beispiel Österreich, das sich seit 1995 innerhalb der EU zu einem Feinkostladen für den gesamten EU-Binnenmarkt entwickelt hat. Es wäre durchaus auch eine Chance für die Schweizer Bauern, wenn sie an diesem grossen europäischen Markt teilhaben könnten.
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Verena Nold, Direktorin von Santésuisse, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalpolitik
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Jérôme Cosandey,
Nico Leuenberger
Mangelnder Wettbewerb unter den Spitälern
PodcastVerena Nold, Direktorin von Santésuisse, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalpolitik
Seit 2012 können Patienten innerhalb ihrer Kantone – und unter gewissen Einschränkungen in der ganzen Schweiz – frei zwischen privaten und öffentlichen Spitälern wählen, sofern die Einrichtungen auf einer kantonalen Spitalliste aufgeführt sind. Medizinische Leistungen werden neu mit Fallpauschalen rückvergütet und nicht mehr durch direkte Subventionen an öffentliche Spitäler finanziert.
Verena Nold, Direktorin der Schweizer Krankenversicherer-Branchenorganisation Santésuisse, spricht im Podcast mit Jérôme Cosandey über die Auswirkungen der neuen Spitalfinanzierung auf die Gesundheitskosten. Zwar sei das Kostenwachstum gebremst worden, doch es brauche weitere Massnahmen, um die erwünschten qualitativen und quantitativen Effekte des verstärkten Wettbewerbs zu realisieren. Es gebe in der Schweiz zu viele Spitäler, die alle Leistungen anbieten wollen, was zu Doppelspurigkeiten führe – nicht zuletzt aufgrund des «Kantönligeistes». Wettbewerbshürden, kantonale Subventionen und schlecht informierte Patienten seien ein wichtiger Grund für die fehlende Spezialisierung der Spitäler und die damit resultierenden Überkapazitäten, sagt Cosandey.
Dass die Patienten wenig Preisbewusstsein entwickelten, sei laut Nold nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass sie die Kosten nur indirekt über die Krankenkassenprämien bezahlen. Eine Vermittlerrolle der Krankenversicherungen, kombiniert mit einem Bonus-System, wie es Avenir Suisse in der Studie «Gesunde Spitalpolitik» vorgeschlagen hat, hält sie für einen prüfenswerten Ansatz. Demnach würden Krankenkassen ihren Patienten vor planbaren Eingriffen eine Liste von geeigneten Spitälern vorlegen. Entscheidet sich der Patient für ein Spital mit tieferem Basistarif als das nächstgelegene, teilen sich die Versicherung und der Patient die Kosteneinsparungen. Es gelte dabei jedoch eine Zweiklassenmedizin zu vermeiden, betont Nolt.
Dass sich der Patient zusammen mit dem Arzt selber für ein «teureres» Spital in der Nähe oder eine andere Lösung entscheiden kann, ist auch für Jérôme Cosandey zentral. Es wäre denkbar, in verschiedenen Kantonen oder Regionen Pilotprojekte anzustossen, die bei Erfolg von der ganzen Schweiz übernommen werden könnte. Die Kassen hätten bereits heute Erfahrung mit verschiedenen Versicherungsmodellen, betont Verena Nold. Die Gesprächspartner sind sich einig darüber, dass diese Vielfalt eine Stärke des Schweizer Gesundheitssystems ist, im Unterschied etwa zu stark zentralisierten Lösungen wie in England. Es ermöglicht politische Innovationen im Gesundheitssektor, ohne gleich das ganze Land zu tangieren.
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Markus Zürcher von der Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften im Gespräch mit Matthias Ammann
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Matthias Ammann,
Nicole Dreyfus
«Umwege erweitern den Horizont»
PodcastMarkus Zürcher von der Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften im Gespräch mit Matthias Ammann
In der Studie «Exzellenz statt Regionalpolitik im Hochschulraum Schweiz» hat Avenir Suisse ein 10-Punkte-Programm für wettbewerbsfähige Hochschulen präsentiert. Im Gespräch mit Markus Zürcher, dem Generalsekretär der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, diskutiert Co-Autor Matthias Ammann die Vorschläge von Avenir Suisse.
Wenig beeindruckt zeigt sich Markus Zürcher von der Feststellung, dass die Kosten pro Studierenden zu den höchsten gehören – das gelte für alles und jedes in der Schweiz. Die von Avenir Suisse geforderte höhere Autonomie der Hochschulen, bzw. eine Beschränkung des politischen Einflusses, unterstützt er hingegen sehr. Es gebe in der Tat ausgesprochen viele Standorte auf relativ kleiner Fläche. Anderseits bemühten sich die Hochschulen, Schwerpunkte und Netzwerke zu bilden. Die zunehmende Projektförderung und abnehmende Grundfinanzierung führe automatisch zu Schwerpunktbildung.
Um das Stichwort «Wettbewerb» entspinnt sich im Podcast eine ausführlichere Diskussion: Geht es bei der Forderung nach Wettbewerb darum, möglichst viel Drittmittel einzuwerben, möglichst viele Studierende anzuziehen oder um die höchste Zahl an Publikationen? – Insbesondere hinter letzteres setzt Zürcher Fragezeichen: Der Publikationsausstoss nehme ständig zu, tauge aber nur beschränkt als Qualitätsmerkmal. Exzellenz und Qualität seien zwei verschiedene Dinge. Jede Hochschule versuche, sich als ein Exzellenzzentrum zu positionieren – mit dem Resultat, dass am Ende alle irgendwo exzellent seien. Qualität hingegen sei schwer zu messen.
Den Fachkräftemangel im Bereich der Mint-Fächer beurteilt Zürcher weniger kritisch als Avenir Suisse. Die Tatsache, dass sich seit 1991 die Anzahl der Studierenden in Naturwissenschaften und in technischen Wissenschaften verdoppelt haben, während sie im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften konstant geblieben sind, stimmt ihn zuversichtlich. Daran erkenne man die hohe Sensibilität bei den Jungen.
Der vielleicht umstrittenste Vorschlag der Avenir-Suisse-Hochschulstudie betrifft die Forderung nach höheren Studiengebühren. Dieser Forderung hält Zürcher entgegen, dass es bei uns kein ausgebautes Stipendiensystem gibt wie in den angelsächsischen Ländern. Auch äussert er Zweifel an der disziplinierenden Wirkung von Studiengebühren. Nicht zuletzt solle man daran denken, dass Umwege den Horizont erweitern.
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Jürg Müller verteidigt gegenüber Jakob Schaad sein Buch «The End of Banking»
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Jürg Müller,
Jakob Schaad,
Nico Leuenberger
Ein Ökonom mit radikalen Ideen
PodcastJürg Müller verteidigt gegenüber Jakob Schaad sein Buch «The End of Banking»
Der NZZ-Redaktor Jürg Müller ist Co-Autor des ökonomischen Buches «The End of Banking», das unter dem Pseudonym Jonathan McMillan publiziert wurde. Die Publikation setzt sich kritisch mit dem Bankenwesen, der Kreditschöpfung und dem Geldsystem auseinander. Die Autoren beschäftigen sich mit den Boom-and-Bust-Zyklen, den exzessiven Risiken, exorbitanten Managerentschädigungen und der Too-big-to-fail-Problematik. Mit ihrer «systemic solvency rule» lancieren sie eine radikale Reformidee, die noch über die Forderungen der Vollgeldinitiative hinausgeht. Unter der Leitung von Nico Leuenberger diskutiert Jakob Schaad mit Jürg Müller.
Die Informationstechnologien hätten die Art und Weise, wie wir versucht haben, das Banking zu kontrollieren, zerstört – also das Regulierungswerk, sagt der Autor. Deshalb schlage er im Unterschied zur heutigen Bankenregulierung oder zur Vollgeldinitiative vor, eine Solvenzregel einzuführen, die dazu führen würde, dass systemische Risiken im Finanzsystem nicht mehr eingegangen werden könnten.
Den Einwand von Jakob Schaad, die vorgeschlagene Lösung scheine ihm äusserst radikal, beantwortet Müller mit dem Argument, wir lebten in radikalen Zeiten. Die Informationstechnologien hätten schon viele Branchen auf den Kopf gestellt, das gelte auch für den Finanzsektor.
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Roundtable mit Avenir Jeunesse zum Thema «Altersvorsorge»
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Salomè Vogt,
Noémie Roten,
Laura Calendo,
Mario Bonato,
Jennifer Anthamatten
Das Alter ist näher als gedacht
PodcastRoundtable mit Avenir Jeunesse zum Thema «Altersvorsorge»
Im April hat Avenir Jeunesse ihre erste gedruckte Publikation herausgegeben – ausgerechnet zur «Altersvorsorge». Ziel der Broschüre ist es, die junge Generation auf das komplexe Thema zu sensibilisieren. Nach den Diskussionen und Polemiken im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Altersvorsorge 2020 war es Salomè Vogt und ihrem Team von Avenir Jeunesse ein Anliegen, einen verständlichen Überblick zu schaffen und aufzuzeigen, vor welchen Herausforderungen das schweizerische Vorsorgesystem steht.
Die Publikation ist aber nicht nur für Jüngere, sondern für alle Interessierten ein nützlicher Leitfaden. Insbesondere haben es die Autorinnen und Autoren vermieden, Jung gegen Alt auszuspielen. Im Roundtable-Podcast erklären Salomè Vogt, Noémie Roten, Jennifer Langenegger, Laura Calendo und Mario Bonato, weshalb die Altersvorsorge selber in die Jahre gekommen ist: Sie beruht nämlich nicht nur auf einem gestrigen Gesellschaftsbild, sondern auch auf veralteten Annahmen hinsichtlich des Bevölkerungswachstums. Zusätzlich sind die Trends eindeutig, in welche Richtung sich das Rentensystem entwickeln wird: Einerseits verbringen wir dank der gestiegenen Lebenserwartung mehr Zeit in Pension. Anderseits sinken die Rentenbeiträge, weil die Erwerbsbevölkerung schrumpft und die Babyboomer pensioniert werden.
Die Dringlichkeit, eine Lösung für diese zunehmend klaffende Schere zu finden, wird unterschätzt, glauben die Teilnehmenden des Roundtables. Der Schuldenberg wächst und belastet die junge Generation. Bereits 2030 ist die aktuelle AHV-Reserve von 44 Mrd. Fr. aufgebraucht, und schon 2035 wird ein Loch von 45 Mrd. Fr. zu stopfen sein.
Bei der 2. Säule, den Pensionskassen, präsentiert sich die Situation nicht viel besser: Das System geht von traditionellen Arbeitsmodellen und überkommenen Familienstrukturen aus. Fast jeder und jede Dritte arbeitet heute mit reduziertem Pensum, die Mehrfachbeschäftigung hat ebenfalls zugenommen. Wenn beide Lebenspartner teilzeitlich erwerbstätig sind, fliesst aufgrund des Koordinationsabzuges weniger Geld in die berufliche Vorsorge.
Die Gesprächsteilnehmerinnen von Avenir Jeunesse sind sich darüber einig, dass die Diskussion über die Erhöhung des Rentenalters enttabuisiert werden muss. Vor allem jedoch gelte es, bereits als junger Mensch ans Alter zu denken. Konkret: Um keine irreversiblen Beitragslücken entstehen zu lassen, dürfe man bereits während des Studiums nicht vergessen, AHV-Beiträge einzuzahlen. Ausserdem sei man nach dem Eintritt ins Berufsleben gut beraten, sich über die Sparmöglichkeiten in der 3. Säule zu informieren.
Salomè Vogt, Noémie Roten, Laura Calendo, Mario Bonato, Jennifer Anthamatten
«Selbst Linke sind in Schwyz konservativer»
Avenir-Suisse-Freiheitsindex, Podcast
Der Schwyzer Regierungsrat Kaspar Michel im Gespräch mit Laura Calendo und Samuel Rutz über den Avenir-Suisse-Freiheitsindex
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Samuel Rutz,
Laura Calendo
«Selbst Linke sind in Schwyz konservativer»
Avenir-Suisse-Freiheitsindex, PodcastDer Schwyzer Regierungsrat Kaspar Michel im Gespräch mit Laura Calendo und Samuel Rutz über den Avenir-Suisse-Freiheitsindex
Kaspar Michel, Finanzdirektor des Kantons Schwyz, hat am Regierungssitz in Schwyz mit Laura Calendo und Samuel Rutz über den praktischen Nutzen des jährlich erscheinenden Avenir-Suisse-Freiheitsindexes gesprochen. Sein Kanton nimmt in der Auswertung seit Jahren einen Spitzenplatz ein. Betrachtet man nur die ökonomischen Indikatoren, liegt Schwyz aktuell sogar auf Rang 1.
Für Michel besteht der grösste Wert des Freiheitsindexes darin, dass den Kantonen damit ein Spiegel vorgehalten wird. Die Untersuchung gebe Hinweise darauf, wo Verbesserungspotenzial bestehe – auch wenn man über einzelne Aspekte des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes diskutieren könne.
Gerade im Kanton Schwyz sei der Freiheitsbegriff ein wesentliches Leitinstrument für sämtliche politischen Tätigkeiten. Der Freiheitsbegriff sei historisch konnotiert und finde heute noch in der täglichen Politik Verwendung – auch wenn jeder etwas anderes darunter verstehe. Grundsätzlich einig sei man sich auf breiter Front darüber, dass so wenig wie möglich reguliert werden solle und dass man nicht jedem Trend hinterherrennen müsse.
Kaspar Michel (links) im Gespräch mit Laura Calendo und Samuel Rutz am Sitz der Schwyzer Kantonsregierung. (Avenir Suisse)
Entsprechend versuche man im Kanton Schwyz, eigene Gedanken zu entwickeln und eigene Bedürfnisse abzudecken. Es gebe, wie vermutlich in anderen Zentralschweizer Kantonen auch, eine Grundskepsis gegenüber neuen Regulatorien. Schwyz setze Bundesrecht sehr zurückhaltend um, was der lokalen politischen Tradition entspreche.
Die Frage, ob es messbare Resultate der liberalen Politik im ökonomischen Bereich gebe, bejaht Michel ausdrücklich. Die Erfolge dieser Politik – etwa die Neuansiedlung von Gewerbe und Industrie – drücke sich in einer tiefen steuerlichen Belastung aus, gerade für juristische, aber auch für natürliche Personen. Herausforderungen sieht der Finanzdirektor darin, die Standortvorteile zu erhalten und die steuerliche Belastung tief zu halten. Kritisch sieht er die negative Pendlerbilanz: Viele geniessen den schönen Lebensraum im Kanton Schwyz, fahren aber nach Zürich, Zug oder Luzern zur Arbeit. Ziel sei es, in Schwyz noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen, um die Wertschöpfung im Kanton zu halten und zu erhöhen.
Verbesserungspotenzial gibt es gemäss dem Avenir-Suisse-Freiheitsindex vor allem im zivilen Bereich – etwa bei den politischen Rechten für Ausländer oder in Sachen langer Wohnsitzanforderungen für Einbürgerungen. Hierfür sieht Michel kurz- oder mittelfristig wenig Chancen – und auch kaum Bedarf. Schwyz sei ein freiheitlicher, aber auch recht konservativer Kanton – das gelte selbst für die Linke. In Sachen Ausländerrechte gehöre man nicht zu den Vorreitern. Entsprechend stellt der Regierungsrat gewisse Indikatoren des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes in Frage: Das Ausländerrecht würden nicht viele Leute auf Schwyzer Strassen als wesentliches Merkmal für eine freiheitliche Gesellschaft anerkennen, meint er. Grundsätzlich seien die Schwyzer zufrieden und gut unterwegs.
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Thomas Lorenz von der Stiftung Zukunft.li im Gespräch mit Jérôme Cosandey über das obligatorische individuelle Pflegekapital
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Jérôme Cosandey,
Nico Leuenberger
Augen verschliessen kann teuer werden
PodcastThomas Lorenz von der Stiftung Zukunft.li im Gespräch mit Jérôme Cosandey über das obligatorische individuelle Pflegekapital
Seit Jahren propagiert Avenir Suisse ein obligatorisches individuelles Pflegekapital für die Finanzierung der Alterspflege. Die Stiftung Zukunft.li in Liechtenstein hat ein ähnliches Modell entwickelt. Thomas Lorenz, Direktor des Think-Tanks im Fürstentum, erklärt im Podcast mit Jérôme Cosandey, Forschungsleiter für Sozialpolitik bei Avenir Suisse, die Hintergründe seines Vorschlags.
Der Idee zugrunde liegt die demografische Entwicklung, die auch in Liechtenstein Sorge bereitet. Der Hauptunterschied zum Modell von Avenir Suisse bestehe darin, dass im Fürstentum kein Zielbetrag festgelegt werden soll, der beim Eintritt in die Pflegebedürftigkeit vorhanden sein muss. Avenir Suisse hingegen peilt ein Kapital an, das die Finanzierung eines durchschnittlichen Heimaufenthalts sicherstellt. Die Liechtensteiner orientieren sich aus Gründen der politischen Machbarkeit daran, was für einen relevanten Teil der Bevölkerung finanziell zumutbar ist. Beiden Vorschlägen gemeinsam ist die Vererbbarkeit des Pflegekapitals bei Nichtverwendung.
Für Jérôme Cosandey ist klar, dass wir ohne Anpassung der heutigen Schweizer Pflegefinanzierung über Steuern und Krankenkassenprämien mehr bezahlen werden als bisher. Der Bundesrat geht davon aus, dass bis 2045 eine Erhöhung der Steuern um 12% nötig wird und sich der Anteil der Krankenkassenprämien für den Bereich der Alterspflege verdoppelt. Jérôme Cosandey plädiert deshalb dafür, Anreize für eine Verhaltensänderung zu setzen: Aus den hohen Krankenkassenprämien werde ein Anspruch abgeleitet, das einbezahlte Geld auf die eine oder andere Weise zurückzuerhalten. Habe man indessen eigenes Kapital für die Alterspflege angespart, bemühe man sich eher darum, altersgerecht zu wohnen oder den Heimeintritt möglichst zu verzögern – oft mit der Unterstützung von Angehörigen.
Ähnlich wie in der Schweiz sträubt sich auch in Liechtenstein die Regierung bisher gegen ein obligatorisches individuelles Alterskapital – mit der Begründung, das Modell sei nicht mehrheitsfähig. Der Vorschlag der Stiftung Zukunft.li habe das Thema jedoch ins politische Bewusstsein gerückt, sagt Thomas Lorenz. Im letzten Dezember wurde im Landtag ein breit abgestütztes, von allen Fraktionen mitgetragenes Postulat überwiesen, wonach die Regierung im Laufe dieses Jahres diverse Fragen beantworten muss. Auch hat der Fürst in seiner Neujahrs-Thronrede das Thema prominent hervorgehoben.
Einen ähnlichen Vorstoss hatte zwar Ständerat Josef Dittli Ende 2016 auch in der Schweiz eingereicht, ist beim Bundesrat aber auf taube Ohren gestossen: Dies nicht nur, weil Pflege in der Schweiz Sache der Kantone ist. Der Bundesrat bezweifelt, dass ein obligatorisches individuelles Pflegekapital das richtige Modell sei, da nur ein knappes Zehntel der 65-Jährigen und Älteren intensive Pflege beanspruchen würden. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme in einem spezifischen Jahr, betont Cosandey. Man könne daraus nicht hochrechnen, wie viele Personen in ihrem gesamten Leben pflegebedürftig sein werden. Sowieso könne ein Pflegekapital nicht alle Risiken abdecken, sondern sichere nur einen typischen Grundbedarf – den «First-Level-Support» sozusagen.
Thomas Lorenz glaubt, dass die Höhe des angesparten Betrags nicht so relevant sei. Ob zum Zeitpunkt der Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit 50’000 oder 100’000 Fr. auf dem Konto liegen, spiele eine untergeordnete Rolle. Das Pflegekapital werde die bestehenden Finanzierungsmechanismen nie gänzlich ablösen können, sondern höchstens eine Entlastung für künftige Steuerzahler darstellen. Die grundsätzliche Frage lautet vielmehr, ob wir willens und fähig seien, über ein System nachzudenken, das stärkere Eigenverantwortung verlangt – aber im Rahmen der wirtschaftlichen Tragbarkeit für den Einzelnen.
Im Schweizer Hochschulraum findet eine Nivellierung statt
Podcast
Bildungspolitik ist oft Regionalpolitik der Standortkantone
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Patrik Schellenbauer,
Matthias Ammann
Im Schweizer Hochschulraum findet eine Nivellierung statt
PodcastBildungspolitik ist oft Regionalpolitik der Standortkantone
Schleichende Fehlentwicklungen in der Bildungspolitik gefährden den Hochschulraum Schweiz. Kaum wahrgenommen von der Öffentlichkeit, drohen die Schweizer Hochschulen ihre Spitzenposition im internationalen Wettbewerb zu verlieren.
Im Podcast benennen Matthias Ammann und Patrik Schellenbauer die Probleme der Schweizer Hochschulpolitik: die Verflechtung von Bund und Kantonen, die Fokussierung auf Regionalpolitik statt auf Exzellenz, die Angleichung der Universitäten und Fachhochschulen, ein geringes Kostenbewusstsein bei den Studierenden sowie ungenutztes Potenzial beim Import und Export von Bildung.
Ein Massnahmenpaket soll diese Fehlentwicklungen bremsen. So müsste beispielsweise die Grundfinanzierung durch den Bund grundlegend neu gedacht werden. Statt einem Standortwettbewerb braucht es verstärkte Konzentration auf Lehre und/oder Forschung. Eine effektivere Finanzierungspolitik und ein effizienterer Umgang mit Finanzierungsmitteln ist nur schon deshalb unverzichtbar, weil die öffentlichen Mittel nicht so schnell wachsen werden wie bisher. Eine weitere Schwierigkeit ist die Tatsache, dass die Schweiz in die Ausbildung von ausländischen Studenten investiert, es ihnen aber anschliessend erschwert oder gar verunmöglicht, die erworbenen Fähigkeiten hierzulande nutzbar zu machen. Deshalb sollten ausländische Studierende von Drittstaatenkontingenten und vom strengen Inländervorrang ausgenommen werden.
Podcast
Die Weltwirtschaft entwickelt sich blendend. Doch ist dem Boom zu trauen?
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Patrik Schellenbauer,
Jakob Schaad
Aufschwung ohne Ende?
PodcastDie Weltwirtschaft entwickelt sich blendend. Doch ist dem Boom zu trauen?
Die Wirtschaftsaussichten sind allseits gut, und die Börsen boomen weltweit mit sinkenden Schwankungen. Nicht nur in den USA, sondern auch in den Ländern der EU könnte sich das Blatt hin zu Wachstum und wiedergewonnener Prosperität gewendet haben. Die Schuldenkrise in der EU scheint überwunden. Trotz jahrelanger ultra-expansiver Geldpolitik zeigt sich kaum Inflation am Horizont, und die Zinsen bleiben tief, wenn nicht sogar negativ. Befinden wir uns also in der besten aller Welten? Hat sich in der Weltwirtschaft etwas Grundlegendes geändert? Oder ist dies nur der vorübergehende Rausch der massiven geldpolitischen Infusion seit der grossen Rezession, der (endlich) einsetzt und bei Entzug einem noch stärkeren Kater weicht?
Der Aufschwung findet vor einem politischen Hintergrund statt, der schwer einzuschätzen ist. Demokratische Institutionen werden von neuen politischen Bewegungen grundsätzlich in Frage gestellt. Seit einem Jahr ist in den USA mit Donald Trump ein erklärter Protektionist an der Macht, und in verschiedenen Ländern der EU diktieren EU-feindliche Protestparteien zunehmend die Agenda. Autoritäre Tendenzen erhalten Auftrieb, geopolitische Spannungen sind wieder aktuell. Kann das gut gehen? Patrik Schellenbauer, Chefökonom von Avenir Suisse, und Jakob Schaad, Verantwortlicher für die strategische Politikanalyse und Forschungsleiter «Leistungsfähige Infrastrukturen und Märkte», diskutieren im Podcast darüber, wie nachhaltig die positiven Nachrichten aus der Wirtschaft in einem wackeligen politischen Umfeld einzuschätzen sind.
Podcast
Podcast Spezial: Marco Salvi und Michael Wiederstein, Chefredaktor «Schweizer Monat», über Digitalisierung
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Marco Salvi
Gespräch am digitalen Kaminfeuer
PodcastPodcast Spezial: Marco Salvi und Michael Wiederstein, Chefredaktor «Schweizer Monat», über Digitalisierung
Alles spricht zur Zeit über die Digitalisierung, als würde es sich dabei um ein neues Phänomen handeln. Doch neu ist eigentlich nur die Geschwindigkeit, mit der sie immer mehr Lebensbereiche erfasst.
Düstere, aber auch heitere Prognosen zur digitalen Transformation prägen den gesellschaftlichen und medialen Diskurs. Digitalisierung figuriert dabei sowohl als Bedrohung als auch als Chance – als Schreckensszenario ebenso wie als Heilsversprechen. Optimismus, übertriebene Erwartungen, aber auch Verunsicherung und Angst sind die Folge.
Es ist schwierig, vor diesem Hintergrund eine sachliche Diskussion zu führen. Doch ohne eine nüchterne Auseinandersetzung mit dem Thema lässt sich der Prozess nicht mitgestalten. Marco Salvi, Senior Fellow und Forschungsleiter Chancengesellschaft bei Avenir Suisse, und Michael Wiederstein, Chefredaktor der Zeitschrift «Schweizer Monat», haben sich deshalb zum virtuellen Kaminfeuergespräch getroffen.
In einem 40 Minuten dauernden Podcast Spezial diskutiert der Geisteswissenschafter Wiederstein mit dem Ökonomen Salvi, was Digitalisierung für unseren Alltag bedeutet und in naher Zukunft bedeuten wird. Wo entstehen Spannungsfelder? Welche Rolle kann und soll die Politik dabei übernehmen? – Wo lauern die Fallen, und welche neuen Horizonte eröffnen sich?
Podcast
Warum die Diskussion über Einkommensverteilung eher unten statt oben ansetzen sollte
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Natanael Rother
«So lange es Arme gibt, sind wir nicht am Ziel»
PodcastWarum die Diskussion über Einkommensverteilung eher unten statt oben ansetzen sollte
Medien berichten gerne über Einkommen, besonders gerne über jene von Spitzenmanagern. Natanael Rother kann damit nicht viel anfangen, und zwar aus drei Gründen:
Erstens, die publikumsträchtige Neiddiskussion bringt letztlich keine Antwort auf die Frage: «Was können wir gegen Armut tun?»
Zweitens entstehen Löhne nicht in einem Verteilkampf zwischen Managern und Arbeitnehmern, sondern auf dem Arbeitsmarkt. Hohe Steuern auf hohen Einkommen bringen Niedrigverdienern keinen direkten Vorteil.
Drittens hat sich die Einkommensverteilung in der Schweiz in den letzten zehn Jahren erstaunlich stabil entwickelt, wie Rothers kürzlich publizierte Studie «Wie gut geht es uns? Zahlen und Grafiken zur Einkommensverteilung in der Schweiz und in der Welt» zeigt. Im Gegensatz etwa zu den USA ist bei uns keine Entkoppelung der oberen von den unteren Einkommensgruppen feststellbar. Der überwiegenden Mehrheit der Menschen geht es heute besser als 2007, wenn man die Entwicklung ihrer verfügbaren Einkommen (nach Umverteilung, obligatorischen Abgaben und staatlichen Unterstützungsleistungen) vergleicht. Etwas mehr Gelassenheit in der hitzigen Diskussion über die hohen Löhne einiger weniger wäre aufgrund der Faktenlage durchaus angebracht.
Und trotzdem: Diese guten Nachrichten punkto Einkommensverteilung dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass es in der Schweiz aktuell immer noch 100 000 Menschen gibt, die in Armut leben. Und genau hier, also bei der Suche nach konstruktiven Lösungen zur Bekämpfung der Armut, sollte die Verteilungsdiskussion ansetzen.