Die USA sind nach der Europäischen Union die wichtigste Handelspartnerin der Schweiz. 12,3% der Schweizer Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten, unserer zweitwichtigsten Exportdestination. In umgekehrter Richtung umfassen die Importe der Schweiz aus den USA Werte im Umfang von rund 21 Milliarden Franken. Mit 8,0% der Gesamtimporte belegen die USA Rang 2. Die gegenseitige wirtschaftliche Verwobenheit ist gross. Der Bestand an Direktinvestitionen durch Schweizer Unternehmen in die USA wuchs von 2006 bis 2016 um 45% auf mittlerweile beachtliche 234 Milliarden Franken. Im gleichen Zeitraum stiegen die US-Direktinvestitionen in die Schweiz um 48% auf 124 Milliarden Franken an. Gemessen am Kapitalbestand ist die Schweiz damit der sechstwichtigste Direktinvestor in den USA. Umgekehrt sind die USA der drittwichtigste Direktinvestor in der Schweiz.

Alleine in den USA basieren 725’000 Arbeitsstellen auf diesen engen Handels- und Investitionsbeziehungen. Das Ausbaupotenzial  dieser bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hat auch die Heritage Foundation erkannt, einer der führenden regierungsnahen Think-Tanks in Washington D.C. Am 31. Juli dieses Jahres veröffentlichte er einen aufsehenerregenden Bericht mit dem Titel «It’s Time for a Free Trade Agreement with Switzerland». Die Autoren plädieren für eine zollfreie Partnerschaft. Dies ist umso bemerkenswerter in Zeiten, in denen die USA Stahl und Aluminium aus dem Ausland mit Strafzöllen belegen. Auch der US-Botschafter in der Schweiz zeigt sich offen gegenüber neuen Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen.

Diesmal sollten die Hindernisse eines Freihandelsabkommens mit den USA überwunden werden. Jeep in der Wüste von Nevada. (Wikimedia Commons)

Eine solche umfassende tarifäre und nicht-tarifäre Öffnung hätte auch für die Schweiz höchst positive Wirkungen. Diesmal sollte unser Land die dargebotene US-Hand nicht leichtfertig ausschlagen. Eine erste Chance zum Abschluss eines Freihandelsabkommen mit den USA wurde 2006 verpasst. Damals führte der politische Druck insbesondere der Schweizer Landwirtschaftslobby zu einem Abbruch der explorativen Gespräche. Vor mittlerweile 12 Jahren wurde eine historische Chance leichtfertig verspielt.

Heute wäre die Schweiz mit einem Freihandelsabkommen immun gegen ein sich protektionistisch gebärdendes «America first». Doch will unser Land einen Deal abschliessen, kommt es nicht darum herum, auch im Agrarsektor über die Bücher zu gehen. Die Frage ist, ob diesmal durch die Agrarinteressenvertreter die Toleranzschwelle des exportorientierten Schweizer Unternehmertums überschritten wird. Dem Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten wurden in den vergangenen Monaten Hindernisse in den Weg gelegt. Auch die Gespräche mit Indonesien und Malaysia kommen nicht voran, weil die Schweizer Bauernschaft um die einheimische Rapsölproduktion fürchtet. Diese beträgt gerade einmal 0,2‰ (Promille!) der Schweizer Wirtschaftsleistung. Die Taktik der Agrarlobbyisten, die Schweizer Landwirtschaft, die heute noch 0,7% der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung generiert, zur «national security» zu verklären und damit vom Geltungsbereich des Abkommens auszunehmen, sollte diesmal kaum mehr aufgehen.

Dieser Beitrag ist am 6. September 2018 in der «Handelszeitung» erschienen.