Das Wort Macher steht gemäss «Duden» für eine (männliche) Person, die sich — vor allem in einer Führungsposition — durch besondere Durchsetzungskraft und Handlungsfähigkeit auszeichnet. Diese beiden Merkmale wiederum darf man durchaus zu den liberalen Tugenden zählen, sofern damit der Sinn des Machers für die Eigenverantwortung beschrieben wird. Der «Duden»-Computer hat errechnet, welche Adjektive im Umfeld des Wortes Macher zurzeit im deutschen Sprachgebrauch am häufigsten auftauchen. Es sind dies: «hemdsärmelig», «entschlossen», «mutig» und etwas weniger häufig «pragmatisch». Zweifellos dürfte diese Typologie auch auf die weibliche Variante des Machers, die Macherin, zutreffen. Frauen, die in unserem Kulturkreis die längste Zeit durch Staat, Kirche und Gesellschaft krass benachteiligt und – von wenigen Ausnahmen abgesehen – aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt wurden, mussten sogar ganz besonders viel Machertum an den Tag legen, wenn sie es zu etwas bringen wollten. Vielleicht waren sie dabei «hemdsärmelig», ganz gewiss waren sie «entschlossen», «mutig» nicht nur im rhetorischen Sinn und manchmal wurden sie vielleicht aus reinem Pragmatismus zur Handlungsfähigkeit getrieben. Aber es hat sich oft gelohnt.
Nehmen wir zum Beispiel Marie Grosholtz. Die vermutlich uneheliche Tochter einer bernischen Dienstmagd kam 1761 mit nichts ausser düsteren Zukunftsperspektiven in Strassburg zur Welt. Als sie 89-jährig als berühmte Madame Tussaud in London starb, hinterliess sie ihren Söhnen ein kleines Imperium. Geschuldet ist diese Erfolgsgeschichte dem Mut und der Entschlossenheit dieser Frau, aus einer unglücklichen Ehe mit einem trinkfreudigen französischen Offizier auszubrechen, die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen und in einem fremden Land mit beispielhaftem unternehmerischem Elan eine Existenz aufzubauen.
Verena Conzett wiederum, genau 100 Jahre nach Marie Grosholtz zur Zeit der Industrialisierung geboren, hatte als Arbeiterkind ebenfalls keinen besonders schönen Start ins Leben. Dass sie — zuerst zusammen mit ihrem Mann und später allein — ein Unternehmen aufbaute und bis ins hohe Alter erfolgreich führte, dass sie sich auch von schweren Schicksalsschlägen nicht entmutigen liess, spricht für die Beherztheit und das Verantwortungsgefühl der «roten» Zürcher Unternehmerin für ihre über 400-köpfige Belegschaft.
Die beiden Frauen stehen hier bildhaft für unzählige andere Macherinnen, die den Frauen den Weg in die Moderne vorgespurt haben. Sie haben sich die Freiheit genommen und vorgelebt, was man daraus machen kann, wenn man will und zupackt. In unserer wohlstandsgesättigten Gesellschaft, die gleich für alles und jedes den Staat anruft, sind diese Pionierinnen mehr denn je Inspiration für ambitionierte Frauen, die sich ihren Erfolg selber erschaffen wollen. Nach «Gerechtigkeit» zu rufen und Quoten für hübsche Spitzenposten zu fordern ist zwar bequem, aber nicht halb so interessant und befriedigend, wie selber etwas auf die Beine zu stellen.
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