SGT: Wie ist es um die Qualität des Trinkwassers in der Schweiz im Allgemeinen bestellt?

Urs Meister: Generell ist die Qualität des Trinkwassers in der Schweiz sehr gut. Einerseits ist die Qualität des Rohwassers vergleichsweise hoch. Seit den 1980er-Jahren nahm die Verschmutzung von Seen und Flüssen in der Schweiz deutlich ab. Das vereinfacht auch die Trinkwassergewinnung. In der Schweiz kann ein Grossteil des Wassers sogar ohne Aufbereitung in das Verteilnetz eingespeist werden. Andererseits bestehen hohe Standards in Bezug auf die Aufbereitung des Rohwassers. Natürlich aber gibt es regionale Qualitätsunterschiede, beispielsweise je nach Art der Wassergewinnung oder geologischen Gegebenheiten.

In welcher Hoheit – kantonal/kommunal – stehen eigentlich die Wasserversorgungen in der Schweiz? Wer legt die Trinkwasserpreise fest?

Die Wasserversorgung ist grundsätzlich eine kommunale Angelegenheit. In zunehmendem Ausmass spielen darüber hinaus regionale Kooperationen eine wichtige Rolle, etwa durch den gemeinsamen Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen und die Verbindung von Netzen. Die Tarife werden üblicherweise von den Gemeindebehörden festgelegt oder mindestens überprüft – etwa wenn die Versorgung in einen rechtlich oder gar eigentumsmässig separaten Betrieb ausgegliedert ist. Eine zusätzliche Aufsichtsfunktion übt der Preisüberwacher auf nationaler Ebene aus.

Deckt der Kostenverursacher, sprich Konsument, damit eigentlich die gesamten Kosten? Oder wie viel wird via Steuereinnahmen finanziert?

Üblicherweise gilt das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit. Die Wasserversorgungsbetriebe sollen mit ihren Gebühreneinnahmen auch ihre Kosten decken. Das aber schliesst in der Praxis nicht aus, dass Subventionen – beispielsweise durch Kanton oder Bund – möglich sind und zur Kostendeckung beitragen. Kantonale Beiträge können beispielsweise auch als eine Art Finanzausgleich zwischen den Versorgungsgebieten ausgestaltet sein – das gilt etwa beim Wasserfonds des Kantons Bern.

Was darf Wasser eigentlich kosten? Welches ist sein Wert? Menschen in Ländern mit Wassermangel müssen sich dieses über weite Strecken beschaffen. Ist so gesehen Wasser bei uns zu billig?

Wasser muss etwas kosten, damit die Verbraucher sparsam damit umgehen und dass es gleichzeitig Anreize gibt, Investitionen in die Versorgungsanlagen zu tägigen. Ein Preis von null würde Verschwendung fördern. Auch würden mit besonders tiefen Tarifen nicht automatisch einkommensschwache Schichten begünstigt – schliesslich korreliert der Wasserverbrauch positiv mit dem Wohlstand. Es gibt keinen festen, allgemeingültigen Wert, den man dem Wasser zuordnen kann. Der Wert ist regional unterschiedlich und hängt vom Nutzen und der Verfügbarkeit des Wassers ab, also auch den Kosten der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung.

Wird zurzeit genug in die Infrastruktur investiert? Wie steht es um die Qualität der Netze? Wäre die Privatisierung der Wasserversorgung allenfalls auch eine Lösung? Inwiefern würde eine solche Lösung aber die Preise verteuern – ja schlimmstenfalls explodieren lassen?

Öffentliches Eigentum an der Wasserversorgung garantiert nicht in jedem Fall ausreichende Investitionen. Das illustriert etwa das Beispiel England, wo der Privatisierungsprozess letztlich vor allem ein Resultat der fehlenden finanziellen Mittel bei den Kommunen war. Privates Engagement wurde dort vor allem als Möglichkeit wahrgenommen, zusätzliches Kapital für dringend nötige Investitionen bereitzustellen. Mit der Privatisierung stiegen die Investitionen, aber natürlich auch die Tarife. Um überbordende Gewinne bei privaten Wasserversorgern zu verhindern, braucht es aber eine Tarifregulierung oder – was aus ökonomischer Sicht sinnvoller wäre – einen funktionierenden Wettbewerb. Letzterer ist in der Praxis jedoch schwierig umzusetzen.

Sprechen wir eigentlich von einem Service public?

Natürlich kann man von einem Service public sprechen. Allerdings ist der Begriff weder ökonomisch noch rechtlich eindeutig definiert. Als Folge davon resultieren aus einer Klassifizierung als Service public noch keine besonderen Konsequenzen etwa in Bezug auf die Organisation und Governance der Wasserversorgungen.

Das Interview erschien im Magazin «Spektrum Gebäudetechnik» am 26.Juni 2015.
Mit freundlicher Genehmigung des Robe Verlags.