Einen von zwei Franken verdient die Schweiz im Aussenhandel. Offene Märkte sind also ein Schlüsselelement des Schweizer Erfolgsmodells. In letzter Zeit – man denke an die Versorgung mit Gesundheitsprodukten während der Covidkrise – zeigte der internationale Trend aber in Richtung Abschottung.
Nach dem Freihandelsvertrag mit Indonesien stehen für die Schweiz diesbezüglich weitere wichtige Weichenstellungen an: das institutionelle Rahmenabkommen, der Vorwurf der Währungsmanipulation aus den USA oder die Zukunft der multilateralen Handelsorganisation.
Zuerst zum Rahmenabkommen: Rund 50 Prozent unserer Exporte gehen in die EU und sichern hierzulande eine Million Arbeitsplätze. Doch trotz der offenkundigen Bedeutung, die der ungehinderte Zugang zum EU-Binnenmarkt hat, spielte man in Bern zwei Jahre lang auf Zeit. Es droht nicht nur die Erosion des Status quo, es können auch keine neuen sektoriellen Abkommen abgeschlossen werden. So könnte es in Zukunft beispielsweise vermehrt zu Störungen der Elektrizitätsversorgung kommen. Eine Strommangellage – so hat der Bund neulich festgestellt – ist eines der grössten Risiken für die Schweiz. Auch im Gesundheitsbereich wäre ein Abkommen mit Blick auf eine nächste Pandemie gefragt.
Im November 2020 hat der Bundesrat nun endlich seine Positionen festgelegt und diese der EU unterbreitet. Es ist zu hoffen, dass es gelingt, nicht nur die offenen Punkte mit der EU zu klären, sondern dass sich dafür im Inland auch eine Mehrheit findet. Dazu könnte die Schweiz beispielsweise beschliessen, die Auswirkungen des Rahmenabkommens nach zehn Jahren zu evaluieren. Mögliche Kriterien dafür sind die ökonomischen Auswirkungen und die Entwicklung der formellen wie materiellen Souveränität.
Versorgungssicherheit statt Selbstversorgung
Doch bereits rollt eine zweite Herausforderung auf uns zu: Aktuell werfen die USA der Schweiz vor, den Aussenhandel zulasten amerikanischer Unternehmen auszuweiten. Gemäss US-Interpretation deuten zurzeit drei Kriterien darauf hin, darunter dasjenige der Währungsmanipulation. Wenn die Schweiz im zweitwichtigsten Exportmarkt wirtschaftliche Sanktionen gewärtigen müsste, bliebe dies nicht ohne Folgen für die schätzungsweise 260’000 Schweizer Arbeitsplätze, die vom gegenseitigen Handel abhängen. Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte einmal: «Märkte sind wie Fallschirme: Sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.» Eine Absicherung des US-Marktzugangs ist deshalb dringlich, ein umfassendes Wirtschaftsabkommen ist anzustreben. Damit könnte man rund 13’500 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen – ein in der wirtschaftlich angespannten aktuellen Situation willkommenes Signal.
Offene Märkte – am besten abgesichert über ein dichtes Netz an Freihandelspartnern – tragen auch zur Versorgungssicherheit der Schweiz bei. Die Diversifikation der Bezugsquellen über eingespielte Kanäle ist der Erhöhung der Selbstversorgung vorzuziehen. So betrachtet ist auch das Abkommen mit Indonesien ein Beitrag zur Versorgungssicherheit. Bilaterale Abkommen des präferenziellen Marktzugangs sind durch einen starken multilateralen Ansatz zu ergänzen. Unser Land profitiert stark vom regelbasierten Handelssystem der Welthandelsorganisation – Rechtssicherheit und offene Märkte sind Grundlagen unseres Wohlstands.
Dieser Beitrag ist am 2. März 2021 auf der Plattform «Die Volkswirtschaft» erschienen.