Im Monat elf der Pandemie steht das öffentliche Krisenmanagement zunehmend in der Kritik. Die unzähligen, in sich oft widersprüchlichen Regulierungen begründen die politisch Verantwortlichen mit der allgemeinen Virenabwehr.

(Zu) oft beruhten die politischen Entscheide auf epidemiologischen Prognosen, die sich im Nachhinein als wenig stichhaltig herausstellten. Die Folge: ein messbarer Vertrauensverlust von Bevölkerung und Wirtschaft gegenüber den Behörden. Die Kritik wird umso lauter hörbar, da Bund und Kantone eine starke Einschränkung individueller und wirtschaftlicher Freiheitsrechte verfügen. Auf den Lockdown im März 2020 folgte der Lockdown anfangs Jahr.

Schulden bleiben Schulden

Die volkswirtschaftlichen Verwerfungen sind mittlerweile immens. Bis zu 1000 Mio. Fr. an Wirtschaftsleistung kosten die aktuellen, amtlich angeordnetem Geschäftsschliessungen wöchentlich. Der Lockdown wird tiefe Spuren in den Bundesfinanzen hinterlassen, Defizite in zweistelliger Milliardenhöhe sind zu erwarten. Die angehäuften Schulden bleiben Schulden – was heute ausgegeben wird, kann später nicht mehr ausgegeben werden.

Die allgemeine «Lockdown-Müdigkeit» greift um sich, nicht zuletzt bedingt durch den massiven Eingriff in unsere Freiheitsrechte. Der Wert der Freiheit wird gerade in Pandemiezeiten spürbar, denn Grund- und Freiheitsrechte bilden das Fundament unserer direkt-demokratischen Ordnung. Zu den Grundrechten gehört aber auch das verfassungsmässige Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ein klassischer Zielkonflikt also.

Warten auf Antworten

Doch wie verhältnismässig sind weiterhin Freiheitsbeschränkungen bei der Pandemiebekämpfung, berücksichtigt man die steigende Anzahl geimpfter Personen unter den Risikogruppen? Die Beantwortung dieser Frage ist nicht zuletzt darum relevant, weil für Nicht-Risikogruppen die Gefahr einer ernsthaften Erkrankung durch das Virus vergleichsweise gering ist. Sollten also die restriktiven Regelungen wieder gelockert werden, sobald die Risikogruppen geimpft sind? Auf die Antwort wartet man bis heute.

Wachsender Unmut gegen Kollateralschäden der behördlich verordneten Pandemiebekämpfung. (Tim Mossholder, Unsplash)

Dazu kommt: Im politischen Diskurs werden die Massnahmen der Pandemiebekämpfung oft als Resultat einer Güterabwägung zwischen Gesundheit und Wirtschaft dargestellt. Dem ist keineswegs so. Die Gesundheit umfasst mehr als die Vermeidung einer Covid-Infektion.

Mikromanagement statt Zielgewichtung

So führte das staatlich verordnete Verbot von operativen Eingriffen dazu, dass viele Personen gesundheitliche Komplikationen in Kauf nehmen mussten. Behördlich angeordnete Geschäftsschliessungen lösen bei Angestellten existenzielle Ängste aus, die Homeoffice-Pflicht unterbindet soziale Kontakte, die für das gesundheitliche Wohlergehen mitentscheidend sind. Eine Folge: Seit Pandemieausbruch ist der Anteil von Personen mit Symptomen von schweren Depressionen um den Faktor 6 gestiegen. Es ist offensichtlich: Auch in der Gesundheitspolitik gibt es zahlreiche Zielkonflikte.

Doch anstelle die Zielkonflikte zu lösen, üben sich die Behörden vorab im Mikromanagement mit dem Erlass von Kaufverboten von einzelnen Güterklassen wie Kleider und Spielzeug, Sportartikel oder Uhren. Gegenüber dem Souverän ist aber die Frage zu beantworten, wie die «Krisenmanager» des Bundes die unterschiedlichen Ziele gewichten – ob die restriktiven Massnahmen noch aktuell und verhältnismässig sind.

Generell sollte wieder verstärkt die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt in den Vordergrund gestellt werden. Der andauernde Eingriff in verfassungsmässig garantierte Freiheitsrechte ist vor diesem Hintergrund nicht haltbar. Denn selbst bei umfangreich zur Verfügung stehenden Impfstoffen werden Restrisiken wohl weiterhin bestehen bleiben. Damit sollte auch die Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit der angeordneten Massnahmen wieder stärker in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion rücken – so wie dies übrigens in der Covid-19-Gesetzgebung festgeschrieben ist.

Dieser Beitrag ist am 15. Februar 2020 in den CH Medien erschienen.