In früheren Beiträgen haben wir die ökonomischen und sozialen Vorteile der freien Schulwahl diskutiert. Was aber sollte die Rolle des Staates in einer liberalisierten, pluralistischen Volksschule sein? Vorab: auch dem liberalen Ökonomen ist klar, dass sich der Staat nicht aus der Bildung verabschieden darf. Gerade auf der Ebene der Volksschule ist Bildung kein rein privates Gut wie ein Paar Schuhe oder ein MP3-Player. Ob der Nachbar gebildet ist oder nicht, hat Auswirkungen auf jeden von uns. Oder aufs Ganze bezogen: Das Bildungsniveau der Volkswirtschaft betrifft jede Arbeitgeberin und jeden Arbeitnehmer. In den USA konnte man nachweisen, dass Löhne auf einem gegebenen Bildungsstand höher sind in Städten, in denen die Bevölkerung insgesamt besser gebildet ist. Die Ökonomen sprechen von einem positiven externen Effekt. Anders gesagt: Die soziale Bildungsrendite übersteigt die private.
Schulpflicht und staatliche Kostenübernahme der Grundbildung sind konkrete Ausflüsse der Erkenntnis, dass die private Bildungsentscheidung auch eine kollektive Dimension besitzt. Freilich bedeutet das nicht, dass das Gemeinwesen das Gut Bildung zwingend selbst anbieten muss. Die Öffnung der Grundbildung zu mehr Wettbewerb kann in verschiedenen Spielarten umgesetzt werden. In einem ersten Schritt sollte man sich auf die Schaffung von Wahlfreiheit zwischen den staatlichen Volksschulen beschränken, denn in einem System mit Bildungs-Vouchers müsste die gesamte Finanzierung umgekrempelt werden. Idealerweise treten später private Bildungsanbieter mit gleich langen Spiessen neben staatliche Schulen.
Gänzlich fehlgeleitet wäre hingegen die Auslegung, der heutige starre Konnex zwischen Wohnort und Schule liesse sich mit den ökonomischen Eigenschaften des Gutes Bildung legitimieren. Im Gegenteil: die überragende Bedeutung der Bildung in einem rohstoffarmen Land erfordert es, das Begabungspotenzial bestmöglich, aber eben auch ökonomisch, zu nutzen. Der Schlüssel dazu heisst Wettbewerb.
Lesen Sie demnächst, was der weitverbreitete Widerstand gegen die freie Schulwahl mit der Schweizer Geschichte zu tun hat.
Dieser Text beruht auf einem Beitrag, der im Kaleidos-Jahresbericht 2011 publiziert wurde.