Welche Reformen braucht die Schweizer Stadtpolitik? Einige Erkenntnisse zu dieser komplexen und auch umfassenden Frage publizierte Avenir Suisse vor kurzem in der Publikation «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik». Eine zentrale Erkenntnis dieser Studie war, dass sich die Politik in den Zentren oft schwer mit der Trennung von strategischen Politikvorgaben und operativer Führung tut. Nun ist diese Feststellung an sich relativ abstrakt. Nachfolgende Beispiele können jedoch aufzeigen, in welche Richtung die Entwicklung gehen sollte. 

Städtische Betriebe (Elektrizitätswerke, öffentliche Verkehrsbetriebe, etc.) sind in der Regel sehr verwaltungsnah organisiert. Zürich als Extremfall – das sich sogar zwei stadteigene Spitäler leistet – hält diese komplett innerhalb der Stadtverwaltung. Eine solche Verpolitisierung führt zu langwierigen Entscheidungsabläufen, eigentlich operative Managemententscheide werden durch politische Detailmitsprache beeinflusst. Der fehlende Marktdruck verhindert Effizienzgewinne und Innovation, dies alles zum Nachteil der Steuerzahler.

Eine politisch begründete Notwendigkeit für dieses Muster gibt es nicht: Den politischen Entscheidungsträgern stünde es auch bei marktwirtschaftlicher Bereitstellung von Leistungen frei, die gewünschten Dienstleistungen und ihre Mengen zu definieren. Viel eher scheinen privatwirtschaftliche Organisationsformen per se abgelehnt zu werden, gepaart mit einer kaum mehr zeitgemässen Auffassung des Service-Public-Begriffs. Andere, kleinere Gemeinden beziehen die gleichen Dienstleistungen im Leistungsauftrag – Probleme mit Unterversorgung oder überhöhten Kosten sind keine bekannt.

Kehrichtverbrennungsanlage Hagenholz, ein Betrieb der Dienstabteilung Entsorgung & Recycling Zürich mit rund 900 Mitarbeitenden. (Wikimedia Commons)

Die städtische Bevölkerung gewichtet die staatliche Unterstützung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie hoher als diejenige in Agglomerations- und Landgemeinden. Mit dieser Politik sind die Schweizer Grossstädte vom Prinzip her auch näher an der in vielen internationalen Wirtschaftszentren gelebten Realität. Allerdings verfolgen die meisten Städte dabei eine paternalistisch ausgerichtete Strategie, in der nur ausgewählte Krippen und Horte unterstützt werden. Oft betreiben die Städte sogar selbst entsprechende Institutionen. Privatwirtschaftliche Lösungen im Bereich der Bildung und Kinderbetreuung scheinen der Stadtpolitik suspekt, auch mit Privatschulen ist der Umgang eher stiefmütterlich. Dabei sind die Bedürfnisse von Eltern und Kindern oft divergent, die Betreuungsformen und -bedürfnisse vielfaltig (Krippen, Tagesmütter, Nannys, etc.). Mehr Offenheit, weniger Mikromanagement und ein Vertrauen auf Marktkräfte könnten entsprechend für Innovation, höhere Akzeptanz und natürlich tiefere Kosten sorgen.

Zusammengefasst könnte man sagen, dass die Stadtpolitik dazu neigt, Marktmechanismen aus ideologischen Gründen abzulehnen. Dabei könnten gerade Effizienzsteigerungen dank der Nutzung marktwirtschaftlicher Prinzipien helfen, die nötigen Mittel für die zukünftigen Herausforderungen des urbanen Raums zu generieren.

Weiterführende Informationen: «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik»