Da sich das Internet technisch zur Verbreitung von Text und von Audio- und Videodateien eignet, ist es nur logisch, dass Zeitungsverlage und Rundfunkanbieter ihr Angebot entsprechend ergänzen. Das entspricht zweifellos den Präferenzen der Konsumenten. Gemäss jüngeren Umfragen nutzen fast 27% der Schweizer Bevölkerung am häufigsten das Internet als Informationsquelle für das Tagesgeschehen, nur gerade 20% die Zeitungen und 19% das Fernsehen. Dagegen geben fast 51% der Befragten an, dass sie am häufigsten das Fernsehen zum Zweck der Unterhaltung nutzen, 20% nennen das Internet. Langzeitstudien zeigen ausserdem, dass das Zeitbudget der Konsumenten für die Mediennutzung seit etwa 2005 stagniert, so dass die unterschiedlichen Medien zunehmend um Aufmerksamkeit konkurrieren.

Eine zentrale Plattform

Längerfristig dürfte die Kombination des veränderten Konsumentenverhaltens mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit von Fest- und Mobilfunknetzen auch die Strukturen im Medien- und Telekommunikationsmarkt beeinflussen. Wurde das Internet bisher eher als komplementärer Kanal für Radio-, TV- oder Printangebote wahrgenommen, dürfte es in Zukunft zur zentralen Plattform für die Verbreitung von Inhalten werden. Der öffentliche Rundfunk argumentiert daher, dass sich das Angebot den technischen Gegebenheiten und den Konsumentenpräferenzen anpassen müsse – sonst gehe der Kontakt mit der Bevölkerung verloren. Damit würde die Erfüllung des öffentlichen Informations- und Unterhaltungsauftrags in Frage gestellt. Interessanterweise dienen die technischen Entwicklungen nicht als Argument für einen Abbau, sondern umgekehrt für einen Ausbau der Leistungen des öffentlichen Rundfunks. Das Internet – sowohl im Festnetz als auch bei Applikationen für mobile Geräte – dient dabei als Instrument zur Verbesserung des Service public.

Diese Entwicklung ist im Grunde nicht neu: Eine ähnliche Expansion fand bereits vor Jahren statt, als öffentliche TV-Anbieter Informationsangebote im Teletext lancierten. Nun aber treffen sich Verlage und öffentliche bzw. subventionierte TV-Anbieter im Internet, wo Unterhaltung und Information in Form von Text und Bildern mit Audio- und Videoeinspielungen, interaktiven Diskussionsplattformen oder sogar Online-Games und Online-Plattformen für diverse Dienste wie etwa Staumeldungen oder die Wohnungs- und Partnersuche ergänzt werden. Dass die privaten Verlage häufig noch im Radio- und TV-Geschäft tätig sind und auch von dieser Seite in das Internet expandieren, verschärft die Wettbewerbssituation zusätzlich.

Formen von Wettbewerbsverzerrungen

Die Existenz eines mehrheitlich gebührenfinanzierten TV-Anbieters mit Service-public-Auftrag geht mit unterschiedlichen Arten von potenziellen Wettbewerbsverzerrungen einher:

  1. Subventionierung des kommerziellen TV-Angebots der SRG: Erstens können dem Service-public-Anbieter Vorteile gegenüber seinen direkten Konkurrenten im TV-Markt entstehen, wenn die Subventionen bzw. Gebührenfinanzierung derart grosszügig bemessen ist, dass damit TV-Formate produziert werden, die von privaten Konkurrenten in gleicher Form angeboten würden. Das betrifft vor allem den Bereich der Unterhaltung im Sinne von Shows, Sportübertragungen, Filmen, Serien oder Musik. Solche Inhalte machen heute mehr als 50% der Sendezeit von SF1 und SF2 aus. Dabei sind die Grenzen zwischen Service public und kommerziellem Angebot unscharf. Der in der Bundesverfassung (Art. 93, Abs. 2) und dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG, Art. 24) festgelegte Programmauftrag umfasst nämlich explizit auch die Unterhaltung.
  2. Höhere Attraktivität der öffentlich-rechtlichen Anbieter als Werbeträger:  Zweitens wirkt sich die Gebührenfinanzierung auf die Position der SRG im Werbemarkt aus. So kann angenommen werden, dass die Subventionen die Programmqualität verbessern und damit zu höheren Einschaltquoten beitragen. Das macht den Service-public-Anbieter als Werbeplattform attraktiver.
  3. Überlange Spiesse der SRG im Internet: Die bisher dargestellten wettbewerblichen Verzerrungen beziehen sich nur auf die direkte Konkurrenz zwischen öffentlich und privat finanzierten TV-Anbietern. Expandieren die subventionierten TV-Anstalten mit Informations- und Unterhaltungsangeboten ins Internet, können sich die Verzerrungen auf dieses Medium übertragen. Schliesslich wird das subventionierte Programm nun im Internet angeboten, oft in Kombination mit zusätzlichen Informations- und Unterhaltungsleistungen. So kann die Homepage des Service-public-Anbieters aufgrund des subventionierten Inhalts besonders attraktiv sein und damit die Informationsseiten der privaten Verlagshäuser konkurrieren, die dadurch mit weniger Traffic rechnen müssen. Dies reduziert nicht nur deren potenzielle Werbeeinnahmen. Daneben schmälert das (Gratis-)Angebot des subventionierten Marktakteurs das Potenzial für Bezahlangebote, etwa im Rahmen von Pay-per-View oder kostenpflichtigen Apps, also Anwendungen für mobile Endgeräte.

Lesen Sie demnächst, wie man über eine Beschränkung des öffentlichen Auftrags auf die produzierten Inhalte die Wettbewerbsverzerrungen erheblich reduzieren könnte.

Mehr zu diesem Thema erfahren sie in der Publikation «Mehr Markt für den Service public – Warum die Schweizer Infrastrukturversorgung weniger Staat und mehr Wettbewerb braucht».