Der folgende Beitrag stammt aus der Web-Publikation «CH 1995 2035 – Globale Trends, nationale Herausforderungen, liberale Lösungen».
Der Schweiz ist es gelungen, ihrem beschränkten Binnenmarkt zu entwachsen. Sie ist Standort vieler exportorientierter Unternehmen. Deren Neigung, auch im Ausland zu investieren, trägt wesentlich zum Erfolg des Globalisierungsweltmeisters Schweiz bei. Diese global agierenden Unternehmen sind sehr unterschiedlicher Natur. Ihren Beitrag zum schweizerischen Wohlstand zu quantifizieren, fällt nur schon darum schwer, weil keine einheitliche Definition von Multinationalität existiert. Ihr Beitrag wird im öffentlichen Diskurs tendenziell unterschätzt.
Die Multis generieren je nach Definition und Schätzung zwischen 16% und 36% des Bruttoinlandprodukts sowie fast 40% des gesamten Unternehmenssteuerertrags. Zwischen 11% und 29% aller Arbeitsplätze gehen auf ihre Rechnung. Zudem sind sie ein wichtiger Innovationstreiber. Entgegen der landläufigen Meinung ist die Schweiz viel mehr als ein «Land der KMU».
Die Schweiz – ein Schwergewicht
Schweizer Multis spielen international bei den ganz Grossen mit. Die gesamte Börsenkapitalisierung der hierzulande kotierten Unternehmen ist seit 1995 von 400 Mrd. US-$ auf über 1500 Mrd. $ gestiegen. Das macht die flächen- und bevölkerungsmässig kleine Schweiz zu einem wichtigen wirtschaftlichen Akteur, sogar in absoluten Zahlen: Sie erreicht eine ähnliche Börsenkapitalisierung wie Indien oder Kanada und liegt nur knapp hinter Deutschland, aber deutlich vor Australien oder Singapur. Österreichs Börsenkapitalisierung übertrifft sie um den Faktor 15. Gemessen am BIP hat sich der Wert der an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen seit 1995 fast verdoppelt – auf 213%. Nur Hongkong und Südafrika übertreffen die Schweiz hier, Singapur liegt in etwa gleichauf.
Die Schweizer Multis (nicht nur die börsenkotierten) stechen auch hinsichtlich ihrer ausländischen Direktinvestitionen heraus. Ihr Engagement in den ausländischen Märkten schafft Gewinne für die Schweiz in Form von Kapitalrenditen. Das Wachstum der Auslandaktivitäten in den letzten 20 Jahren war eindrücklich: Der Bestand der Direktinvestitionen von Schweizer Firmen im Ausland hat sich seit 1995 von 41% auf 158% des BIP (2014) erhöht. In der EU erreichen nur Luxemburg und Irland einen höheren Wert. In kaum einem anderen Land spielen die multinationalen Unternehmen also eine derart wichtige Rolle wie in der Schweiz – als Wachstumsmotoren einer prosperierenden Wirtschaft, als Arbeitgeber, als Steuerzahler.
Attraktives steuerliches Umfeld
Diese Unternehmen haben ihren Sitz in der Schweiz wegen der guten Rahmenbedingungen und des attraktiven steuerlichen Umfelds, nicht aufgrund der Heimatliebe eines mehrheitlich schweizerischen Aktionariats. Ganz im Gegenteil: Eine von der NZZ zusammen mit der UBS 2015 durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Aktien der 30 grössten Schweizer Unternehmen zu überwältigenden 82% in ausländischer Hand sind.
Der internationale Standortwettbewerb ist in den letzten zwanzig Jahren im Zuge der Globalisierung intensiver geworden. Bisher hat die Schweiz dank ihrer hohen Standortqualität davon profitiert. Sie bietet ein relativ liberales und flexibles Umfeld im Arbeitsmarkt und im Steuerbereich, und sie konnte auf die Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte zählen. Diese Stärken sollten nicht mutwillig geopfert werden – vor allem nicht auf dem Altar allzu sehr nach innen gerichteter Befindlichkeiten. Die Annahme der Abzockerinitiative 2013 war ein Signal des Widerstands gegen die Multis, wenn auch mit beschränkter Wirkung. Dagegen hat die abgelehnte Spekulationsstopp-Initiative, die die in der Schweiz ansässigen Handelshäuser tangiert hätte, gezeigt, dass die Schweizer Stimmbürger nicht grundsätzlich an (zweifelhafte) lokale Lösungen für globale Fragestellungen glauben.
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