Das Schweizer Nationalteam hat es bis unter die 16 besten Fussballteams der Welt geschafft. Im Achtelfinal ist es gegen Schweden durch ein unglückliches Eigengoal ausgeschieden. Vom Szenebeizli im Basler Künstlerquartier bis zum Ausflugrestaurant in Urnäsch werden die WM-Spiele auf Grossleinwänden übertragen, unzählige der 8,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes fiebern mit und diskutieren eifrig über verpasste Torchancen. Das Spiel mit dem runden Leder beschränkt sich aber nicht auf die Nationalmannschaft. Der Schweizerische Fussballverband zählt über 270’000 lizenzierte Spielerinnen und Spieler und mehr als 14’000 Teams. Fussball hat Nationalsportcharakter.

Doch es wird nicht einfach mitgefiebert mit der «Nati». Gemäkelt wird, dass zu viele «Eingebürgerte» mitspielen, gefragt wird, ob «genügend Schweiz in dieser Schweizer Mannschaft drinsteckt». Wenn die Nationalspieler, quasi die Personifizierung der erfolgreichen Exportstrategie unseres Landes, in Top-Vereinsmannschaften im Ausland spielen, ist dies auch nicht recht – der Wettbewerbsgedanke soll nur innerhalb der eigenen Grenzen gelten. Jeder einigermassen Sachkundige weiss, dass die ausgeprägte Exportorientierung viel zum einheimischen Wohlstand beiträgt. Warum sollte dies beim Fussball nicht gelten?

Xherdan Shaqiri im Spiel gegen Serbien an der Fussball-WM 2018 in voller Aktion für die Schweiz. (Wikimedia Commons)

Die Integrationsleistung des Sports ist immens – doch eine solche findet sich ebenso auf dem Arbeitsmarkt oder an den Fachhochschulen. Tausende von «Secondos» absolvieren die FH-Lehrgänge und tragen zur Abdeckung des Fachkräftebedarfs mit bei. Unbestritten ist auch, dass Migrationsbewegungen Teil der Schweizer DNA sind – nicht erst seit heute. Bei der Verflechtung der alten Schweiz mit dem übrigen Europa waren die Migrationsbewegungen elementar. Ursprünglich bestanden diese vor allem aus Soldaten, die für ausländische Mächte militärische Dienste leisteten. Dazu kam die zivile Arbeitsmigration von Handwerkern, Gewerbetreibenden, Gelehrten und Pädagogen. Diese verliessen die Schweiz zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in grosser Zahl.

Heute leben mehr als 750‘000 Schweizer im Ausland. Umgekehrt sind rund 27 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung im Ausland geboren und 26 Prozent aller Erwerbstätigen Ausländer. Auch das Fussballtalent Xherdan Shaqiri wurde im Ausland geboren, zog in frühester Jugend in die Schweiz und wuchs auf einem Bauernhof auf. Seit seiner Einbürgerung spielt er für die Nationalmannschaft. Wer behauptet, dass «Eingebürgerte noch keine Schweizer sind», begibt sich auf staatspolitisch rutschiges Terrain. In der Fussballersprache: Es wäre ein Eigengoal einer sich abschottenden Denkweise, die mit unserer Lebenswirklichkeit wenig gemeinsam hat.

Dieser Beitrag ist in der «Handelszeitung» vom 5. Juli 2018 erschienen.