Schweizer Konsumenten zahlen rund 78 Prozent mehr für Nahrungsmittel als ihre europäischen Nachbarn. Für den individuellen Fleischkonsum wird Herr und Frau Schweizer gar ein um 152 Prozent höherer Betrag in Rechnung gestellt. Grund dafür sind konsequente Marktabschottungen der Schweizer Landwirtschaft. Sie gehen einher mit ausufernden Agrarsubventionen zu Lasten der Steuerzahlenden. Dazu wird unter dem Titel eines falsch verstandenen Agrar- und Konsumentenschutzes eine Vorschriftenflut erlassen, die nicht nur die Innovationskraft einheimischer Bauern nahezu zum Erliegen bringt, sondern auch Schweizer Konsumenten staatlich bevormundet. Ihnen soll immer weniger Entscheidungsfreiheit bei der Angebotsauswahl zugestanden werden.

Obwohl Schweizer Tierwohlstandards bereits zu den höchsten der Welt gehören und Detailhändler regelmässig internationale Preise für ihr entsprechendes Engagement erhalten, geht der Kampf für noch einschränkendere Bestimmungen unvermindert weiter. Von der Initiative gegen Massentierhaltung über die Hornkuh-Initiative bis zu den angekündigten Initiativen zu synthetischen Pestiziden und der Trinkwasser-Initiative sollen immer mehr Vorschriften erlassen werden, die die Landwirte in ihrer unternehmerischen Tätigkeit zusätzlich einschränken. Die einst stolzen Schweizer Bauern werden damit letztlich zu Gesetzesvollzugsbeamten marktferner Bestimmungen degradiert. Bereits heute ist der Schweizer Agrarmarkt alles andere als wettbewerbsfähig. Rund 3,8 Milliarden Franken fliessen jährlich als Subventionen aus der Tasche der Steuerzahler in den Agrarsektor. Fast 63 Prozent des bäuerlichen Bruttoeinkommens entstammen staatlichen Transferzahlungen, die Schweiz ist mittlerweile Weltmeister bei Landwirtschaftssubventionen.

Hornkühe auf Reisen: Immer mehr Vorschriften schränken die Landwirte in ihrer unternehmerischen Tätigkeit ein. (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Ärmere sind die Leidtragenden

Trotz dieser horrenden Geldzahlungen bleibt für zahlreiche Bauern am Ende des Monats nicht viel übrig, der grosse Teil der mit Steuermitteln alimentierten Unterstützungsleistungen fliesst dem vor- und nachgelagerten Handel zu. Die Schweizer Bauernschaft erhält für ihre Produkte niedrige Absatzpreise, das faktische Duopol auf Detailhandelsstufe generiert die hohen Margen. Das Nachsehen haben ausser den Bauern vor allem die Konsumenten. Neben den überhöhten und auf Dauer nicht tragbaren 3,8 Milliarden Agrarsubventionen zahlt der Steuerzahler und Konsument rund 4,4 Milliarden Franken zusätzlich für Nahrungsmittel infolge der Abschottung des Schweizer Agrarmarktes. Diese Milliardenkosten werden verursacht durch Zölle, Preisstützungs- oder Absatzförderungsmassnahmen. Leidtragende sind insbesondere ärmere Schichten. Ihr Anteil für Nahrungsmittel am Haushaltsbudget ist mit 12 Prozent doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Schweizer Haushalte.

Konsumenten weichen aus

Doch Schweizer Konsumenten sind flexibel – sie  weichen aus. Der Einkaufstourismus beträgt mittlerweile 10 Prozent des gesamten Detailhandelsumsatzes, Tendenz klar steigend. Über 60 Prozent der Schweizer Bevölkerung kaufen Lebensmittel im Ausland. Doch das Potenzial für einheimische Agrarprodukte wäre vorhanden. Gemäss einer Untersuchung der Universität St. Gallen wären Konsumenten durchaus bereit, für bestimmte Regionalprodukte bis zu 30 Prozent höhere Preise zu bezahlen. Damit diese Bereitschaft auch zum Tragen kommt, sollten wir aber unseren Bauern nicht in jedem Detail gesetzlich vorschreiben, was sie zu tun haben. Mit hochwertigen Nischenprodukten könnten sie von sich aus neue Absatzkanäle erschliessen, auch im Ausland und ohne zusätzliche Subventionen.

Und Schweizer Konsumenten sollten endlich frei von staatlichem Regulierungszwang entscheiden können, welche Nahrungsmittel sie beziehen wollen, sei es aus dem In- oder Ausland. Voraussetzung dazu: Den Zeiten der Unmündigkeit der Konsumenten und der Bevormundung des Bauernstandes müssten Reformen folgen, die der selbstständigen Urteilsfähigkeit des Konsumenten und des Bauern als Unternehmer Vertrauen schenken. Gegenwärtige gesetzliche Regulierungen und geplante Initiativen tun dies jedoch nicht.

Dieser Artikel ist in der Printausgabe vom 29. Mai 2017 des «St. Galler Tagblatts» und der «Luzerner Zeitung» erschienen.