Auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zahlt sich Bildung aus: Personen mit Lehrabschluss verdienen üblicherweise mehr als jene, die nur die obligatorische Schule absolviert haben – und wer ein Studium abschliesst, kann mit einer deutlich besseren Entlohnung rechnen. Der Lohnzuschlag, die sogenannte Bildungsrendite, beträgt mit einem Universitäts-, ETH- oder Fachhochschulabschluss im Vergleich zum Lehrabschluss im Durchschnitt 53 Prozent.

Die Wissensgesellschaft zeigt sich allerdings nicht nur in hohen Bildungsrenditen, sondern auch in rasch wachsenden öffentlichen Bildungsausgaben. Diese sind in der Schweiz seit der Jahrtausendwende inflationsbereinigt um 67 Prozent gestiegen, deutlich stärker als die gesamten Staatsausgaben. So hat sich ihr Anteil an den öffentlichen Ausgaben von 14,8 Prozent im Jahr 2000 auf 16,2 Prozent im Jahr 2020 erhöht. Dabei fliesst rund ein Viertel der Bildungsausgaben in die Tertiärbildung.

Angesichts der hohen privaten Erträge einer universitären Ausbildung (in Form der angesprochenen individuellen Bildungsrendite) und der steigenden Kosten für die Öffentlichkeit stellt sich die Frage, ob diese Mittel effizient und fair eingesetzt werden. Studierende an Schweizer Hochschulen – damit sind die zehn kantonalen Universitäten, die beiden ETH, aber auch die stark expandierenden Fachhochschulen gemeint – zahlen für ihr Studium wenig aus eigener Tasche. Gemäss Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) werden heute nur rund 10 Prozent der Studienkosten privat von den Studenten (oder ihren Eltern) getragen. Die fiskalische Rendite der Tertiärbildung, also das Verhältnis zwischen höherem Steuerertrag und staatlichen Bildungskosten, ist in der Schweiz im internationalen Vergleich eher tief.

Hörsaal mit Studierenden, Bildung

Die öffentlichen Bildungsausgaben sind in der Schweiz seit der Jahrtausendwende inflationsbereinigt um 67 Prozent gestiegen, deutlich stärker als die gesamten Staatsausgaben. (Adobe Stock)

Im Frühling 2023 hat Avenir Suisse deshalb ein alternatives Modell der Studienfinanzierung vorgestellt. Es handelt sich um nachgelagerte Studiengebühren, also Gebühren, die erst nach Abschluss der Ausbildung bezahlt werden müssen. Das von uns bevorzugte Modell sieht vor, eine vom Einkommen abhängige, progressive nachgelagerte Studiengebühr zu erheben, die ab einem bestimmten Mindesteinkommen greift. Unser Modell basiert auf dem australischen System, das bereits seit 1989 besteht. Nachgelagerte Studiengebühren können das Verursacherprinzip bei der Tertiärbildung wieder etablieren, denn sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sämtliche Studienkosten tatsächlich von denjenigen getragen werden, die später von den Bildungsinvestitionen profitieren.

Bis zum Rentenalter zurückgezahlt

Wie funktioniert unser Vorschlag konkret? Wir gehen von einer Studiendauer von fünf Jahren aus, und es wird ein Darlehen in Höhe von 78’000 Franken angenommen. Dieser Betrag ergibt sich aus den nach der Studierendenzahl gewichteten jährlichen Ausbildungskosten pro Fachbereich. Er sollte bis zum Eintritt ins Rentenalter zurückbezahlt sein, andernfalls werden die restlichen Kosten abgeschrieben.

Ab einem Einkommen von 72’000 Franken pro Jahr wird eine Rückzahlung fällig. Dieser Betrag entspricht rund 90 Prozent des Medianlohns aller Erwerbstätigen. Basierend auf dem tatsächlichen jährlichen Lohn wird jeweils die Höhe der Rückzahlung bestimmt. Mit einem höheren Lohn zahlt man das Darlehen entsprechend schneller zurück.

In diesem Szenario bezahlen Schweizer Universitätsabgänger mit einem universitären Medianlohn ihr Darlehen innerhalb von 20 Jahren zurück, wenn sie Vollzeit arbeiten und die Rückzahlungsrate analog zum australischen System gesetzt wird. Personen mit einem Lohn an der Grenze des ersten Quartils, was für universitäre Verhältnisse tief ist, begleichen ihre Schuld mit rund 53 Jahren, etwa sechs Jahre später als diejenigen mit Medianlohn.

Es gibt also einige Pufferjahre, in denen die Erwerbstätigkeit ausfallen könnte, beispielsweise aufgrund einer Elternzeit, Arbeitslosigkeit oder Weiterbildung, ohne dass die Rückzahlung bis zum Rentenalter gefährdet ist.

Nachgelagerte Studiengebühren erhöhen die Einkommenssteuerbelastung und verändern somit die relativen Kosten eines Studiums. Daher ist mit gewissen Verhaltensanpassungen zu rechnen. Grundsätzlich wäre denkbar, dass Absolventen Pensen bewusst reduzieren oder komplett auf eine bezahlte Erwerbstätigkeit verzichten, um der Rückzahlung auszuweichen. Die (wenigen) bisherigen Studien, die diese Effekte im Ausland untersuchten, fanden jedoch keine negativen Auswirkungen auf das Arbeitsangebot.

Überlegtere Wahl

Welche Auswirkungen hätte unser Modell auf die Altersvorsorge? Ganz allgemein profitiert die Altersvorsorge von höheren Lohnbeiträgen. Mit den nachgelagerten Studiengebühren spüren die Studierenden die Kosten direkt, die ihr Studium verursacht. Damit werden Anreize zur Wahl eines Studiums gesetzt, das eine hohe private und fiskalische Bildungsrendite verspricht. Weiter ist zu erwarten, dass die angehenden Studentinnen und Studenten mehr Ressourcen und Zeit für die Studienwahl einsetzen und so eher ein Studium in Angriff nehmen, das ihren Fähigkeiten entspricht. Auch dies sollte in der Tendenz zu einer besseren Entlohnung und entsprechend höheren Rendite führen.

Bei der ersten Säule sind aufgrund der überlegteren Studienwahl positive Auswirkungen zu erwarten. Dies führt zu höheren Einzahlungen in die AHV, weil diese von der konkreten Lohnhöhe abhängen. Die höheren Einzahlungen haben zudem einen positiven Effekt auf die Finanzierung des Systems: Ab einem Jahreslohn von rund 80’000 Franken wirkt die AHV wie eine Steuer, und entsprechend tragen die höheren Einkommen zur Finanzierung bei.

Auch in der zweiten Säule spielt der Einkommenseffekt, und es wird entsprechend mehr in die Pensionskasse einbezahlt. Bei höheren Einkommen fällt der Koordinationsabzug zudem weniger ins Gewicht.

In der dritten Säule spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ein möglicher negativer Effekt wäre, dass in den ersten Jahren nach dem Abschluss die Sparbereitschaft geringer ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Absolventen aufgrund der nachgelagerten Gebühr in den ersten Arbeitsjahren mit typischerweise noch niedrigerem Lohn auf Einzahlungen in die dritte Säule verzichten. Bei sinnvoll gesetzten, nicht überhöhten Rückzahlungsraten sollte dieser Effekt jedoch gering ausfallen.

Aber auch in der dritten Säule würde sich der Einfluss des höheren Lohns aufgrund der überlegteren Studienwahl positiv bemerkbar machen. Bei einem höheren Einkommen kann eher der Maximalbetrag einbezahlt werden. Zudem lohnt es sich mehr, abzugsfähige Einzahlungen in die dritte Säule vorzunehmen, wenn höhere Steuern zu zahlen sind.

Insgesamt sind vor allem positive Effekte für die Altersvorsorge zu erwarten. Durch die höheren Einkommen aufgrund der überlegteren Studienwahl fliesst voraussichtlich mehr Geld in die Altersvorsorge. Davon profitieren das Individuum und die Allgemeinheit.

Dieser Beitrag ist in einer Sonderpublikation der Zeitschrift «Schweizer Monat» im Dezember 2023 erschienen. Mehr zum Thema erfahren Sie in unserer Publikation «Gerechter studieren».