Die Schweiz hat einen neuen Grosskonzern. Sein Name lautet Unia – die grösste Gewerkschaft der Schweiz.
Ein Bundesgerichtsurteil brachte es dieser Tage ans Licht: Die Interessenvertretung von Arbeitnehmenden in Industrie, Gewerbe, Bau und privatem Dienstleistungsbereich verfügt über fast vierstellige Millionenwerte in Form von Liegenschaften an bester Lage und Wertschriften.
Was man am «kapitalistischen Klassenfeind» anprangert, wird insgeheim selbst praktiziert. In bester Bankgeheimnis-Manier soll die Öffentlichkeit über den angehäuften gewerkschaftlichen Reichtum im Dunkeln gelassen werden. Zugleich spielen die Gewerkschaften aber als Teil der Sozialpartnerschaft in der öffentlichen Meinungsbildung eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Auf Mediennachfragen im Nachgang zum Bundesgerichtsurteil reagiert der Unia-Sprecher schmallippig. Forderungen nach Offenlegung der Finanzflüsse werden harsch zurückgewiesen. Dabei schafft jede Ortspartei mehr Transparenz über ihre Finanzen – von der Unternehmenswelt ganz zu schweigen.
Die Verweigerung des Einblicks in die gewerkschaftliche Dunkelkammer, wo Hunderte von Millionen gebunkert werden, zeugt von einem fragwürdigen Demokratieverständnis. Denn laufende Gewerkschaftseinnahmen speisen sich auch aus öffentlichen Mitteln – finanziert von den Steuerzahlenden – sowie aus Zwangsabgaben.
Die Zauberformel der anscheinend unerschöpflich sprudelnden Geldquelle heisst «allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge (GAV)». Infolge der flankierenden Massnahmen, die seit der Inkraftsetzung der Personenfreizügigkeit zur Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen dienen, gedeihen die GAV prächtig: Während 15 Jahren hat sich die Zahl der einem allgemeinverbindlichen GAV unterstellten Arbeitnehmenden auf fast 1,2 Millionen verdoppelt. Mit der Allgemeinverbindlicherklärung wird der Geltungsbereich des GAV ausgedehnt auf alle Arbeitnehmenden einer Branche.
Die Einhaltung der Regelungen kontrollieren die Sozialpartner in sogenannt paritätischen Kommissionen, zusammengesetzt aus Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Gespiesen werden die paritätischen Kommissionen wiederum aus Lohnprozent-Abgaben von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden, die dem GAV unterstellt sind. Die heutige Regelung macht es möglich, dass damit auch Betriebe und Arbeitnehmende zwangsweise zur Kasse gebeten werden, die weder Teil von Verbänden noch von Gewerkschaften sind. Bezahlen müssen sie trotzdem.
Die Geldmaschinerie namens allgemeinverbindliche GAV verzeichnet Einnahmen für die paritätischen Kommissionen von fast einer Viertelmilliarde Franken – jährlich. Dem Wunsch der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben, mehr Transparenz über die Finanzen paritätischer Kommissionen zu schaffen, leistet der Bundesrat im Verbund mit SP- und Grünen-Parlamentariern bis heute Widerstand. Nach der deutlichen Annahme einer Motion im Nationalrat durch Sukkurs des bürgerlich-liberalen Lagers stellt der Bundesrat gar in Aussicht, dem Ständerat als Zweitrat einen Abänderungsantrag zu stellen, um der Transparenzforderung nicht nachkommen zu müssen.
Für die Umsetzung der flankierenden Massnahmen im Rahmen des Entsendegesetzes erhalten die Gewerkschaften zusätzliche Millionen an Subventionen. Damit könnte sich allmählich der gewerkschaftliche Widerstand gegen das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU erklären. Offiziell wird die Ablehnung mit dem Lohnschutz begründet. In Tat und Wahrheit hätten Gewerkschaftsfunktionäre auch den Verlust lukrativer Einnahmequellen aus dem Kontrollsystem zu fürchten gehabt. Denn die Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen verlaufen degressiv: Seit Jahren schliessen sich immer weniger Arbeitnehmende einer Gewerkschaft an. Nicht zuletzt aus direktdemokratischen Gründen ist es also höchste Zeit, den gewerkschaftlichen Augiasstall auszumisten.
Dieser Beitrag ist in den Publikationen von CH-Media erschienen.