Trotz steigender Partizipation der Frauen nimmt die insgesamt angebotene Arbeitsmenge in der Schweiz kaum noch zu, wenn man von der Zuwanderung absieht. Ein Grund dafür ist der hohe und steigende Teilzeitanteil unter den Schweizer Frauen. Es ist absehbar, dass bald fast alle Frauen mit Kindern im Betreuungsalter einer Erwerbstätigkeit nachgehen – allerdings nur partiell. Zwar ist auch ein Teilzeitjob ökonomisch sinnvoll, denn er dient dem Erhalt der Kompetenzen. Gleichzeitig sind die tiefen Anstellungsgrade der Hauptgrund, warum die Frauen – trotz Aufholbewegung – lohnmässig noch zurückliegen (vgl. unsere Publikation «Gleichstellung – Warum der Arbeitsmarkt nicht versagt»). Eine weitere Folge davon ist der hartnäckig tiefe Anteil von Frauen in Kaderpositionen. Im Management sowie in Schweizer Verwaltungsräten bleiben Frauen Ausnahmeerscheinungen.

Von Arbeitsanreizen und dem Preis der Flexibilität

Eine schlüssige Strategie, um die Position der Frauen auf dem Arbeitsmarkt weiter zu stärken, muss auf drei Säulen beruhen:

  • Erstens ist bei den Arbeitsanreizen anzusetzen. Auf den Zweiteinkommen lasten hohe (implizite) Einkommensprogressionen, vor allem im Mittelstand. Von einem zusätzlich verdienten Franken gehen nicht selten 60 bis 90 Rappen wieder verloren, teilweise steigt die Grenzbelastung sogar über 100%. Per Saldo lohnt sich die Erhöhung des Pensums oder eine Karriere für Frauen vielfach zu wenig. Die Belastung der Zweiteinkommen hält viele Frauen davon ab, mehr zu arbeiten oder eine eigene Karriere anzustreben. Aus Sicht des Arbeitsmarktes sollte darum die Individualbesteuerung eingeführt werden, denn die heutige gemeinsame Veranlagung von Ehepaaren ist ein zentraler Grund für die hohe Progression auf den Zweiteinkommen.
  • Die tiefere Flexibilität von Müttern auf dem Arbeitsmarkt stellt das zweite Hindernis für ihr weiteres Fortkommen im Erwerbsleben dar. Sie ist auch ein zentraler Grund für die vermeintlich unerklärten Lohnunterschiede, die als diskriminierend angeprangert werden. Allerdings ist es nicht der Arbeitsmarkt, der die Frauen diskriminiert. Die Benachteiligung ist vielmehr die Folge der Arbeitsteilung in der Familie. Ökonomisch gesprochen: in vielen qualifizierten Berufen erhalten die Männer eine Lohnprämie dafür, dass sie zeitlich flexibler verfügbar sind als Frauen. Es muss also darum gehen, diesen «Preis der Flexibilität», der vor allem Männern zu Gute kommt, zu senken. Die Chancen für neue Arbeitsformen, die durch die Digitalisierung entstehen, müssen darum konsequent genutzt werden.
  • Drittens ist die Verfügbarkeit einer familienexternen Kinderbetreuung zentral. In diesem Bereich gab es in den letzten zehn Jahren bedeutende Fortschritte. Neben institutionellen Angeboten ist der informelle Sektor – Nachbarn, Freunde, Babysitter, Grosseltern – noch immer von hoher Bedeutung. Neben der höheren Flexibilität spielen dabei auch die Kosten eine Rolle, denn die institutionelle Betreuung ist in der Schweiz sehr teuer. Ein weiterer Ausbau ohne Blick auf die Kostensituation wäre wenig zielführend. Mehr Augenmerk sollte auf die Betreuungssituation von Kindern im Schulalter gelegt werden. Denn die Vereinbarkeit wird deutlich schwieriger, sobald die Kinder zur Schule gehen.

Externe Kinderbetreuung: weniger Regulierung und mehr Wettbewerb

Hohe Standards in der Kinderbetreuung sind in einem entwickelten Land selbstverständlich. Gleichzeitig weist der institutionelle Betreuungssektor eine Tendenz zur Überregulierung auf, z.B. hinsichtlich baulicher Vorschriften, Betreuungsverhältnissen, Gruppengrössen und -strukturen sowie der Anerkennung von Ausbildungen – ganz zu schweigen von den starren Stundenplänen in Kitas und Horten. In der Summe wirkt dies alles kostentreibend. Ein staatlicher Hang zum Paternalismus (oder sollte man sagen: Maternalismus?) setzt hohe und teure Mindeststandards, was wiederum den Ruf nach mehr staatlichen Subventionen nach sich zieht. Von den Besserverdiendenden wird die volle Kostenbeteiligung erwartet, die tieferen Einkommen sollen hingegen von Zuschüssen profitieren. Sozialpolitisch motivierte einkommensabhängige Preise sind für die Erwerbsanreize jedoch klar nachteilig, vor allem für hochqualifizierte Frauen. Eine zu prüfende Alternative wäre der Übergang von der heute überwiegend angewandten Anbieterfinanzierung (Objektfinanzierung) zur Nachfragefinanzierung (Subjektfinanzierung). Betreuungsmodelle in den Städten Luzern und Bern sowie in 14 Luzerner Landgemeinden weisen ansatzweise bereits in diese Richtung.

Die Belastung der Zweiteinkommen hält viele Frauen davon ab, sich im Erwerbsleben mehr zu engagieren. (Fotolia)

Die Belastung der Zweiteinkommen hält viele Frauen davon ab, sich im Erwerbsleben mehr zu engagieren. (Fotolia)

Angesichts des chronischen Fachkräftemangels der Schweiz, der durch die Alterung der Gesellschaft noch verstärkt wird, ist der verbesserte Einbezug der Frauen dringend geboten. Zudem wäre es eine volkswirtschaftliche Verschwendung, die zunehmenden Qualifikationen der Frauen nur zur Hälfte zu nutzen.