Das Wasserrechtsgesetz ist bis Ende 2019 befristet und muss revidiert werden. Ein trotz aller Bemühungen polarisierender Vorschlag durchlief im Herbst 2017 das Vernehmlassungsverfahren und scheiterte. Der Wirtschaft ging die vorgeschlagene Reform zu wenig weit, während vor allem die Bergkantone um ihren bisherigen Anteil an den Wasserzinsen fürchten, die mit dem Gesetz ebenfalls geregelt werden.

Um die Diskussion voranzutreiben, hat eine breite Allianz aus Verbänden der Elektrizitätswirtschaft, Gewerbe, Konsumentenorganisationen, Städten und Industrie Mitte März 2018 eine Senkung und Flexibilisierung des Wasserzinses gefordert, während die Gebirgskantone den Status Quo zu verteidigen versuchen.  Die heutige Regelung beinhaltet einen im Gesetz festgelegten maximalen Wasserzins von 110 Fr. pro Kilowatt installierter Bruttoleistung (kWb). Das aktuelle Niveau entspricht ca. 1,6 Rp. pro kWh produziertem Strom – Kosten die insbesondere die privaten Haushalte zu tragen haben.

In den letzten hundert Jahren kannte der Wasserzins nur eine Richtung: Steil nach oben. 1918 betrug der Satz noch 8.16 Fr., dies entspricht heute einem realen Wert von rund 41 Fr. Die Steigerung auf die aktuellen 110 Fr. schuf Renten, die jahrzehntelang in die Budgets der Standortkantone und Gemeinden der Wasserkraft flossen – unabhängig davon, wie sich der Strompreis in Markt entwickelte. Denn einmal gebaut, ist die Zahlung eines Werks abhängig von der durchschnittlichen Wassermenge, der Fallhöhe und dem Leistungspotenzial der Anlage – alles unveränderliche Grössen. Weder die effektive Nutzung des Wassers noch der aktuelle Marktpreis des produzierten Stroms spielen eine Rolle.

Vermischung von Regional- und Energiepolitik auflösen

Dieses System schafft, losgelöst von den ökonomischen Gegebenheiten des Strommarkts, Transfers und Abhängigkeiten, deren Reduktion bei den Bergkantonen auf erbitterten politischen Widerstand trifft – wenig erstaunlich, dass in diesem Zusammenhang der Begriff «Alpen-Opec» geprägt wurde. Der Wasserzins mutierte immer stärker zu einem Instrument, das die wirtschaftlichen Nachteile kompensieren soll, mit denen diese Kantone oft zu kämpfen haben.

Eine solche Vermischung von Regional- und Energiepolitik ist nicht nur aus Konsumentensicht zu hinterfragen, sondern auch regional-, energie- und finanzpolitisch fragwürdig. Die Vermengung kommt vor allem dadurch voll zum Tragen, dass die Einkünfte aus den Wasserzinsen im Finanzausgleich zwischen den Kantonen (NFA) nicht berücksichtigt werden.

Sollten die Wasserzinsen nach dem gleichen Prinzip wie bisher weitergeführt werden, drängt sich daher eine Berücksichtigung der Erträge im Ressourcenausgleich des NFA auf. Um die Wasserkraft auch im aktuellen Marktumfeld konkurrenzfähig zu halten, wäre darüber hinaus eine Flexibilisierung der Wasserzinsen ratsam. Am sinnvollsten wäre dabei die Orientierung des Wasserzinses am potenziellen Gewinn statt wie bisher an der Kapazität des Kraftwerks. Diese Methode ist immun gegenüber zu hoch angesetzten Produktionskosten oder exzessiven Erlösminderungen, mit denen ein Kraftwerk versuchen könnte, den Wasserzins zu drücken. Zudem muss damit der Stromkonzern den Standorten keine kraftwerksspezifischen Erträge und Kostenstrukturen offenlegen.

Natürlich würde die Berücksichtigung der Wasserzinserträge im Ressourcenausgleich und – zumindest im heutigen Marktumfeld – deren Flexibilisierung die Erträge der Bergkantone senken – weswegen sich diese auch entschieden dagegen wehren. Diese Verluste könnten allerdings ziemlich präzis über einen Ausbau des geografisch-topografischen Lastenausgleichs kompensiert werden (vgl. Abb.). Energiepolitik und Regionalpolitik wären damit sauber voneinander getrennt. 

Der Stromlieferant Wasser im gesamteuropäischen Kontext

Mit Blick auf die Zukunft wäre die Flexibilisierung der Wasserzinsen eine hilfreiche Massnahme, um den Schweizer Stromproduzenten im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten ähnlich lange Spiesse zu geben. Die Nachbarländer oder Skandinavien kennen eine so hohe, de facto fixe Abgabe wie den heutigen Wasserzins nämlich nicht. Dieses Kostenproblem der Schweizer Wasserkraft dürfte spätestens dann virulent werden, wenn die Schweiz – wie vom Bundesrat mehrfach und seit Jahren betont – den Strommarkt ganz öffnet und mit der EU ein Abkommen über die Teilnahme am Strombinnenmarkt abschliesst. Ab dann stehen die Schweizer Wasserkraftwerke in vollständiger Konkurrenz zu europäischen Mitbewerbern. Eine zu stark an regionalen Interessen ausgerichtete Energiepolitik ist vor diesem Hintergrund kontraproduktiv.

Der Stromlieferant Wasser muss in einem gesamteuropäischen Kontext gesehen werden. In der laufenden Wasserzins-Debatte wird diese Langfristperspektive zu oft in den Hintergrund gedrängt. Dabei stünde es vielen Bergkantonen – die nicht müde werden, die Bedeutung der Wasserkraft für die Schweiz zu betonen – gut an, die Überlebensfähigkeit «ihrer Werke» zu sichern, indem sie Konzessionen bei der Ausgestaltung des Wasserzinses erlauben.

Detailliertere Informationen zum Thema finden Sie in der Publikation «Konzessionen bei den Konzessionen».