Das Thema Wohnen gehört nicht zu den Top-Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer: Gemäss einer soeben veröffentlichten Umfrage der Credit Suisse kommen die Wohnkosten erst an achter Stelle der Sorgenhitparade. Eine ganz andere Wahrnehmung erhält man jedoch, wenn man den wohnpolitischen Aktivismus in unseren grösseren Städten als Zeuge nimmt. Die wahrgenommene Verteuerung von Wohnraum wird da zusehends von radikalen Vorstössen begleitet.

So steht Basel-Stadt kurz davor, den Umbau von Liegenschaften zu erschweren, angeblich zum Schutz der Mieterinnen und Mieter. Auch in Zürich, Genf oder Lausanne will die Politik mehr unternehmen. Dabei geht es nicht so sehr um die Ankurbelung des Wohnungsbaus und die Erweiterung des Angebots, sondern vor allem – wie ein Interview mit dem Zürcher Stadtrat Daniel Leupi verdeutlichte – um Eingriffe in den Wohnungsmarkt, etwa den Erwerb im grossen Stil von Liegenschaften, die dann zu stark vergünstigten Konditionen abgegeben werden sollen.

Der Diskussion wäre es bereits dienlich, wenn man nicht ständig Preise und Mieten verwechseln würde. Zinsbedingt haben die Immobilienpreise in den letzten 15 Jahren deutlich stärker als die Mieten zugelegt. Die Durchschnittsmiete einer Standard-Dreizimmerwohnung auf dem Privatmarkt beträgt in der Stadt Zürich 1570 Franken. Dieser Miete steht ein Medianhaushaltseinkommen gegenüber, das deutlich über 10’000 Franken pro Monat liegt. Gemessen am Einkommen gibt der typische Stadtzürcher Mieterhaushalt nicht mehr fürs Wohnen aus, als die Einwohner der Agglomeration – und nicht wesentlich mehr als vor zwanzig Jahren.

Das heisst jedoch nicht, dass die Wohnkosten keine Budgets strapazieren würden. Haushalte mit tiefem Einkommen geben dafür überdurchschnittlich viel aus. Das gilt auch für Zürich, obschon da der Anteil an «gemeinnützigen Wohnungen» schweizweit am höchsten liegt. Allerdings beherbergen sie vorwiegend den Mittelstand, nicht so sehr die wenig Verdienenden.

Die verhältnismässig tiefen Mieten im gemeinnützigen Segment schaffen zudem, was die Ökonomen Lock-in-Effekt nennen. Es führt dazu, dass mit der Zeit diese «bezahlbaren» Wohnungen nicht mehr von denjenigen Mietern bewohnt werden, die sie am meisten bräuchten. Denn hat man das Glück, in einer diesen Wohnungen einzuziehen, wird man diese kaum wieder verlassen, auch wenn sie dem eigenen Bedarf nicht mehr entspricht. Damit verlängern sich aber die Suchkosten für alle anderen: Benachteiligt sind die Jungen, die Geschiedenen, die Mobilen.

Mit der Zeit werden «bezahlbare» Wohnungen nicht mehr von denjenigen Mietern bewohnt, die sie am meisten bräuchten. (ETH Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Wohin eine solche Reise schliesslich führt, zeigt die Erfahrung in Stockholm, wo die meisten Mietwohnungen im kommunalen Besitz liegen und die Mieten von der Regulierung weit unter den Marktwert geprügelt wurden. Die mittlere Wartezeit für eine Mietwohnung in der schwedischen Hauptstadt misst sich nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten. Viele Mieter sind gezwungen, auf den Schwarzmarkt auszuweichen, wo sie keinerlei Rechte besitzen. Oder sie werden Eigentümer – wenn sie das nötige Kapital dafür zusammenbringen.

Stockholm verdeutlicht somit eindrücklich das grundlegende Scheitern einer Förderpolitik, bei der die Wohnobjekte statt der bedürftigen Haushalte im Mittelpunkt stehen. Als Alternative bietet sich die Subjektförderung. Damit liessen sich die meisten erwähnten negativen Effekte einer Politik der «bezahlbaren Wohnungen» vermeiden. Denn Wohnungen sind grundsätzlich ungeeignet, um als Vehikel der Umverteilungspolitik zu funktionieren.