Die Preise für fossile Energieträger wie Erdöl oder Gas sind in den letzten Monaten so stark angestiegen wie teilweise seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Treibstoff hat in der Schweiz an einzelnen Orten die Zweifrankenmarke pro Liter geknackt.

Gleichzeitig – so wird seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt – wurden die Investitionskosten der neuen Erneuerbaren wie Sonne und Wind nicht nur massiv günstiger, sondern senden im Betrieb auch noch keine Rechnung. Unter diesen Voraussetzungen sollte die Energiewende Richtung netto-null zum Selbstläufer werden.

Nachwirkungen der Gelbwestenbewegung

Ideale Voraussetzungen für die aktuell stattfindende UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) also, sollte man meinen. Die Kräfte des Marktes machen erneuerbare Energieträger bzw. deren Technologie zur Nutzung attraktiver, die fossilen verlieren Anteile.

Doch offenbar trauen viele Länder – die in Glasgow verschärfte Reduktionsziele ankündigen – weder den Märkten noch ihrem eigenen Wahlvolk. Das Beispiel Frankreich mit seiner Gelbwestenbewegung von 2018 sitzt tief im Gedächtnis vieler Regierenden. So soll in unserem westlichen Nachbarland ab Dezember ein als «Inflationsausgleich» betitelter Betrag von 100 Euro per Giesskanne an mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausbezahlt werden. Zusätzlich sollen die Gaspreise staatlich gedeckelt werden.

Die Verteuerung fossiler Energieträger sollte nicht mit Kompensationen aufs Spiel gesetzt werden. (Sandra Grunewald, Unsplash)

Der Anreiz wird damit falsch gesetzt: Ein Verkaufspreis unter dem Marktpreis führt nicht zu einer sparsamen Verwendung des knappen Energieträgers. Versorger, die Gas kurzfristig am internationalen Markt beschaffen müssen, drohen ausserdem bankrott zu gehen, was weitere Staatseingriffe nach sich zieht. So mussten im Vereinigten Königreich einzelne strauchelnde Gasversorger staatlich gestützt werden, so dass sie ihren Lieferverpflichtungen nachkommen konnten. Deutschland liebäugelt mit der Idee, die Pendlerpauschale zu erhöhen, d.h. lange Arbeitswege steuerlich noch attraktiver zu machen – ein Mehr an Mobilität wäre die Folge. Gleichzeitig wird in den genannten Ländern die Energiewende mit Milliarden Euro an staatlichen Geldern pro Jahr gefördert. Gas geben und gleichzeitig bremsen – ein hoher Einsatz für wenig Wirkung.

Eine kostenlose Energiewende?

Wo stehen wir in der Schweiz? Noch sind die Stimmen leise, die eine Kompensation aufgrund der hohen Energiepreise fordern. Dies hat u.a. mit unserem Energiemix zu tun, der – insbesondere aufgrund der Wasser- und Kernkraft – weniger auf fossile Energieträger setzt. Ausserdem beträgt der Anteil der Energie am Endverkaufspreis oft weniger als 25% – der Rest sind Steuern und fixe Abgaben sowie die Handelsspanne. Eine Änderung der internationalen Energiepreise schlägt so nur vermindert auf den Endpreis. Lauter sind die grundsätzlichen Stimmen, die eine «kostenlose» Energiewende erwarten. So eine Interpretation des nationalen Abstimmungsentscheids vom Juni dieses Jahres.

Die politisch ideale Klimamassnahme reduziert den Treibhausgas-Ausstoss, ohne dabei etwas an der Verteilung zu verändern. Dies ist schwierig. Politisch «second best» ist die finanzielle Förderung umweltfreundlicher Technologien, zumindest lässt sich so ein Teil der Wählerklientel bei Laune halten. Entsprechend oft wird das Instrument der Subventionierung eingesetzt. Immerhin verändern Subventionen die relativen Preise zugunsten treibhausgasfreier Energieträger. Dabei ist die Förderung aber erstens in den seltensten Fällen technologieneutral, noch zeigen sie zweitens die Knappheit des geförderten Gutes. So führt eine Verbilligung elektrisch angetriebener Fahrzeuge zu einer Vergünstigung der Mobilität. Die Massnahme ist nicht effizient.

Steigende Preise fossiler Energieträger sollen die Bevölkerung möglichst nicht belasten. Doch die Energiewende zum Nulltarif wird es nicht geben. Sie lässt sich aber mittels Treibhausgas-Abgaben und einer vollständigen Rückverteilung effektiv und effizient gestalten, so dass insgesamt weniger volkswirtschaftliche Mittel für die gleichen Reduktionsleistungen eingesetzt werden müssen.

Kostenwahrheit und Vertrauen in die Kräfte des Marktes

Die Orientierung an der Kostenwahrheit schafft dafür die Voraussetzungen. Denn bislang profitierten fossile Energieträger davon, dass die Kostenfolgen des THG-Ausstosses nicht mitbezahlt werden müssen. Die aktuell feststellbare Verteuerung fossiler Energieträger ist eine Chance für klimaneutrale Lösungen, sie sollte nicht leichtfertig mit Kompensationen aufs Spiel gesetzt werden. Dafür notwendig ist ein stärkeres Vertrauen in die lenkenden Kräfte des Marktes.