Herausforderungen für die Bauwirtschaft: Welche Probleme sollte der Bau anpacken? (Bild: Fotolia)

In Genf werden nur 5 Promille des Bestandes jährlich neu gebaut. Wie konnte es soweit kommen? (Bild: Fotolia)

Eine der grössten Herausforderungen für die Bauwirtschaft liegt darin, dass man in den Schweizer Städten fast nicht mehr bauen kann, obwohl sich die Nachfrage nach Immobilien immer mehr auf die Zentren konzentriert und viele Politiker die Verdichtung der Zentren beschwören. In Genf beispielsweise werden nur 5 Promille des Bestandes jährlich neu gebaut. Wie konnte es soweit kommen?

Ein Hauptgrund liegt im erbitterten Verteilkampf, der Parzelle für Parzelle ausgetragen wird. Weil jede Erhöhung der zulässigen Dichte tendenziell die Bodenpreise nach oben treibt, werden «Aufzonungen» als Geschenk an die Bodenbesitzer aufgefasst – und damit für untragbar erklärt. Dass eine Verdichtung der Zentren mit der Zeit auch die Mieten und Eigenheimpreise sinken oder weniger stark steigen lässt, geht in der kurzsichtigen Auseinandersetzung unter. Eine unheilige Allianz aus Heimatschützern, Altmietern und Kapitalismuskritikern legt ganze Städte lahm und blockiert deren Erneuerung. Die neue Bauzonenordnung der Stadt Zürich lässt grüssen. Damit wird verhindert, dass urbane Räume ihr «natürliches» Potenzial erreichen. Mieter und Eigentümer, die sich die künstlich überteuerten Städte nicht mehr leisten können, werden in eine immer entferntere Peripherie getrieben, mit Folgekosten für Infrastruktur und Umwelt.

Die Bauwirtschaft muss sich dieser Debatte stellen. Dass sie es bis jetzt nur zögerlich getan hat, ist verständlich: Bauunternehmer kümmern sich lieber um ihre Ingenieurleistungen als um die Gestaltung des regulatorischen Dickichts. Doch der Kampf würde sich lohnen – nicht nur für die Bauwirtschaft, sondern auch für die Allgemeinheit.

Dieser Artikel erschien in der Jubiläumsausgabe des Baublatts 
vom 05. September 2014.