Es gibt viele Gründe, weshalb der Staat Subventionen gewährt. So kann das Ziel etwa sein, positive Externalitäten zu realisieren (vgl. «Sind Subventionen für Bildung und Forschung gut eingesetzte Mittel?») oder Umverteilungsziele zu erreichen. Subventionen können jedoch auch handels- und industriepolitisch motiviert sein. Dabei kann grundsätzlich zwischen protektionistischen («defensiven») und strategischen («offensiven») Motiven unterschieden werden.

Weitverbreiteter Protektionismus

Es ist kein Zufall, dass vielfach alteingesessene, kriselnde Industrien – etwa Autohersteller, Fluggesellschaften, die Landwirtschaft oder der Kohlebergbau – von Subventionen profitieren. Mit einer «defensiven», also protektionistischen Industriepolitik sollen Industriezweige geschützt und erhalten werden. Es geht darum zu verhindern, dass Aktivitäten und Unternehmen verschwinden, die für die Wirtschaft eines Landes oder einer Region als wesentlich erachtet werden. Ein zentrales Argument dabei ist jeweils auch die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie die Vermeidung von damit einhergehenden sozialen Problemen. Als Variante dieses Arguments sind Subventionen einzuordnen, die darauf abzielen, notleidende Firmen von Übernahmen ausländischer Unternehmen zu schützen.

Es ist kein Zufall, dass vielfach alteingesessene, kriselnde Industrien von Subventionen profitieren. (Lenny Kuhne, Unsplash)

National champions, Infant industries und Greenfield investments

Das Ziel der strategischen Handels- und Industriepolitik ist es hingegen, den einheimischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz zu verschaffen und so ihre Gewinne zu sichern bzw. zu steigern. Dies etwa mittels gezielter Subventionen für «National champions», also Unternehmen, denen eine strategisch wichtige Rolle in einer Volkswirtschaft zukommt. Sie sind typischerweise nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch nationalen Interessen verpflichtet, weshalb die Politik für präferentielle Rahmenbedingungen sorgt. Ziel hierbei ist es, ausländische Rivalen von Investitionen (Werbung, Forschung und Entwicklung, Markteintritt etc.) abzuhalten und so die Marktstellung – bzw. die damit einhergehenden Profitmöglichkeiten – des eigenen Unternehmens zu schützen.

Ähnliche Überlegungen werden als Grund für die Subventionierung von jungen, international noch nicht konkurrenzfähigen Unternehmen und Industrien («Infant industries») angeführt. Die Hoffnung ist, dass solche neuen Industrien längerfristig ohne Subventionen überleben können und so zum heimischen Wirtschaftswachstum beitragen. Während es in der Schweiz keine offizielle Politik zur Förderung von «National champions» gibt, ist die Unterstützung von «Infant industries» auch hierzulande nicht unbekannt. So sieht das Steuerharmonisierungsgesetz unter anderem vor, dass die Kantone Unternehmen, die neu gegründet werden und dem wirtschaftlichen Interesse dienen, während maximal zehn Jahren Steuererleichterungen gewähren können. Subventionen für Innovations-Cluster oder um neue, oft ausländische Investoren («Greenfield investments») anzuziehen, sind weitere Beispiele für eine offensive Industriepolitik (vgl. hierzu auch «Sind Subventionen für Bildung und Forschung gut eingesetzte Mittel?»).

Die Gefahr von ineffizienten Subventionswettläufen

Ob die Ziele einer offensiven Handels- und Industriepolitik erreicht werden können oder nicht, hängt massgeblich von den Reaktionen der anderen Länder ab. Insbesondere wenn subventionsinduzierte Wettbewerbsvorteile im Ausland mit inländischen Subventionen bekämpft werden, sind ineffiziente Subventionswettläufe möglich. Dies hängt mit dem Bestehen von negativen Externalitäten zwischen den Ländern zusammen: So kann es zwar aus nationaler Sicht eine rationale Strategie sein, strategische Subventionen zu gewähren, da dadurch Steuereinnahmen, Arbeitsplätze, eine erhöhte Nachfrage für lokale Produzenten etc. resultieren können. Führen die Subventionen jedoch nur zu einer Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten vom einen in ein anderes Land und nicht zu neuen Tätigkeiten, ist damit aus globaler Perspektive nichts gewonnen.

Schlimmer noch: Verfolgen alle Länder dieselbe Strategie – um neue Unternehmen anzuziehen oder die Abwanderung ansässiger Unternehmen zu verhindern –, kann es zu einem regelrechten Subventionswettlauf kommen. Im Resultat stehen dann unter Umständen alle Länder schlechter da, als wenn keine strategische Industriepolitik betrieben worden wäre. Dass es sich hierbei nicht einfach um theoretische Befürchtungen handelt, zeigt ein Blick in die Praxis. So dokumentiert die OECD (2010) nicht nur Subventionswettläufe in Asien (z.B. Indien, Thailand und Philippinen) und Südamerika (Brasilien), sondern auch in den USA und in Europa.

Zu befürchten ist überdies, dass Unternehmen nicht mehr unbedingt da produzieren, wo ihre Produktivität am grössten ist, sondern in dem Land, wo sich das attraktivste Subventionspaket verhandeln lässt. Damit einhergehend sind auch Mitnahmeeffekte zu erwarten: Gerade wenn mit grosszügigen selektiven Subventionen Neuinvestitionen angelockt werden sollen, besteht die Gefahr, dass mit Steuergeldern Projekte finanziert werden, die so oder so umgesetzt worden wären.

Wirtschaftspolitik ja, Industriepolitik nein

Auch hierzulande ertönen immer wieder Forderungen nach einer aktiven staatlichen Industriepolitik. Nährboden solcher Forderungen ist die falsche Vorstellung, dass sich die Schweizer Industrie im Niedergang befinde, dass zunehmend Arbeitsplätze verschwänden und Know-how unwiederbringlich verloren gehe. Der Zustand der Schweizer Industrie steht jedoch in klarem Kontrast zu diesen Einschätzungen: In den letzten zwei Jahrzehnten blieb die Zahl der Arbeitsplätze des Industriesektors bemerkenswert stabil, während die Wertschöpfung und Produktivität sehr viel stärker anstiegen als in den Industrien der Nachbarländer, wo vielfach eine interventionistische Industriepolitik betrieben wurde (vgl. hierzu «Den Erfolg der Schweizer Industrie weiterführen»).

Die Schweizer Industrie hat sich in den letzten Jahrzehnten trotz verschiedener Krisen und Entwicklungen wie der Digitalisierung positiv entwickelt; auch ohne defensive oder offensive Industriepolitik. Grundsätzlich ist es illusorisch, die Industrie – im Grossen oder Kleinen – staatlich steuern zu wollen, denn der Staat hat keine besseren Informationen bezüglich der Marktentwicklungen als die Unternehmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Staat untätig bleiben soll. Vielmehr ist es seine Aufgabe, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die darauf abzielt, den Standort zu stärken und Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen sozialverträglichen Strukturwandel ermöglichen. Dies erreicht man jedoch nicht mittels Subventionen, sondern mit einer weitsichtigen Forschungs-, Bildungs-, Migrations- und Wettbewerbspolitik.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Die Schweiz – das Land der Subventionen»sowie «Den Erfolg der Schweizer Industrie weiterführen».