Vergangene Woche hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Eröffnung des Innovation Hub gefeiert, den die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in enger Zusammenarbeit mit der SNB führen wird. In der Tat ist das ein Grund zum Feiern – nun geht es an die Umsetzung. Mit dem Innovation Hub – dem Kompetenzzentrum für die Gewinnung von Erkenntnissen zu relevanten technologischen Entwicklungen in Zusammenhang mit den Aufgaben der Zentralbank – positioniert sich die SNB als offene und innovative Zentralbank, nachdem sie sich beim Thema neue Technologien lange Zeit im Hintergrund gehalten hatte.

Eines von weltweit drei Kompetenzzentren

Die SNB ist derzeit eine von weltweit drei Zentralbanken, die einen solchen Innovation Hub in Zusammenarbeit mit der in Basel ansässigen BIZ betreiben. Zwei weitere finden sich in Singapur und Hongkong, die von der Monetary Authority of Singapore (MAS) bzw. der Hong Kong Monetary Authority (HKMA) unterstützt werden. Die in den drei Hubs gewonnenen Erkenntnisse sollen den Notenbanken weltweit zugänglich gemacht werden.

In der Schweizer Zentrale wird vorerst an zwei Projekten geforscht. Eines davon setzt sich mit digitalem Zentralbankgeld auseinander. Das zweite Projekt geht die Problematik der steigenden Anforderungen zur Überwachung hochfrequenter Finanzmärke an. In Singapur wird derweil auf die elektronische Identität und deren Auswirkungen für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr fokussiert, Hongkong befasst sich mit Fragen der Handelsfinanzierung.

Ein tokenisierter Franken als technisches Hilfsmittel

Die Eröffnung eines solchen Kompetenzzentrums in der Schweiz ist ein erfreulicher Schritt. In diesem Rahmen prüft die SNB nun die Herausgabe eines tokenisierten Schweizer Frankens – also einer Variante des Schweizer Frankens, der auf der Blockchain-Technologie basiert. Dies geschieht in einer Testumgebung im Rahmen des Projekts Six Digital Exchange (SDX) der Schweizer Börse, die den Wertschriftenhandel künftig auf einer Blockchain-Infrastruktur durchführen möchte. Der tokenisierte Franken würde dabei für eine effizientere Abwicklung eingesetzt werden. Auch Avenir Suisse hat bereits in der Studie «Blockchain nach dem Hype» die Bedeutung einer vertieften Auseinandersetzung mit den technologischen Entwicklungen und dem daraus resultierenden Wandel im Finanz- und Währungssystem für die Zentralbanken hervorgehoben.

Die SNB wird in ihren Forschungen zum digitalen Zentralbankgeld unter anderem testen, was es bedeutet, einen Teil des Zentralbankgeldes auf eine neue technologische Basis zu stellen. Von «digitalem Zentralbankgeld» zu sprechen kann irreführend sein. Bereits heute besteht unser System zu einem grossen Teil aus digitalem Geld (vgl. Abbildung). Banken haben Zugriff auf digitales Zentralbankgeld, die sogenannten Sichteinlagen bei der Notenbank. Das Zentralbankgeld, also die Geldmenge im engeren Sinn, setzt sich aus dem im Umlauf befindlichen Bargeld sowie den Sichteinlagen der Geschäftsbanken auf den Girokonten der SNB zusammen. Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil der Geldmenge im weiteren Sinn. Der restliche, volumenmässig wesentlich grössere Teil ist das von den Geschäftsbanken in Zusammenhang mit der Kreditvergabe geschöpfte Buchgeld, welches rein digital existiert und für alle zugänglich ist.

Das Konzept, dass die SNB nun testen will, sollte nicht mit anderen Konzepten wie der Ablösung des Bargelds durch digitale Zahlungsformen oder einer «Kryptowährung für alle» (ohne Berechtigungsbasis), bei der auch Privatpersonen Zugang zum tokenisierten Schweizer Franken hätten, verwechselt werden. Vielmehr beschränkt sich das Vorhaben auf einen klar eingegrenzten Nutzerkreis (auf Berechtigungsbasis) und unterscheidet sich somit massgeblich von Bestrebungen, wie sie beispielsweise von mit dem Libra-Projekt verfolgt werden. Im Gegensatz zu Libra werden Einzelpersonen keine Möglichkeit haben, den tokenisierten Schweizer Franken zu nutzen. Dieser würde lediglich beim Handel mit Wertschriften dienen, ist also eine Art technisches Hilfsmittel für eine effiziente Abwicklung.

Innovationen müssen gelebt werden

Unabhängig davon, ob die SNB nach der Testphase zum Schluss kommt, den tokenisierten Schweizer Franken zu emittieren oder nicht, macht sie mit dem Innovation Hub einen Schritt in die richtige Richtung. Für den Standort Schweiz als Technologie- und Wissenszentrum ist es wichtig, dass sich auch die Zentralbank aktiv mit dem technologischen Wandel und den bevorstehenden Veränderungen auseinandersetzt.

Denn eines ist klar, auch wenn man es schon kaum mehr hören mag: Das Finanzsystem befindet sich im Wandel. Die technologischen Entwicklungen ermöglichen neue Strukturen und Organisationsformen. Sich diesem Wandel passiv hinzugeben, wäre keine erfolgversprechende Strategie. Die neuen Technologien werden das Finanzsystem nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen, aber sie werden es nach und nach transformieren. Sich diese neuen Technologien daher selber zu Nutze zu machen und sie zu verstehen, ist für jeden Akteur innerhalb des Finanzsystems die einzig rationale Strategie – auch für die Zentralbanken.

Entscheidend ist am Ende des Tages, dass das Gesagte auch in die Tat umgesetzt wird, denn Innovationen müssen gelebt werden. Dies gilt nicht nur für die angekündigte Forschung der SNB im Hinblick auf den tokenisierten Schweizer Franken, sondern generell für den Umgang mit dem technologischen Wandel. Beispielsweise hat die SNB Anfang dieses Jahres die Möglichkeit eines direkten Zugangs zu Zentralbankgeld für Fintech-Firmen angekündigt. Mit diesem Schritt hat sie faktisch die lizenzierten Fintech-Firmen auf eine Ebene mit den traditionellen Finanzinstituten gehoben und dadurch ihre Offenheit gegenüber dem technologischen Wandel kundgetan. So bisher zumindest auf dem Papier. Denn der Schritt in die Praxis, also der effektive Zugang für eine Fintech-Firma, steht noch aus. Es bleibt also spannend.