Wie beeinflusst die Alterung der Bevölkerung die AHV? Welche Rolle spielt die Kapitalmarktentwicklung in der beruflichen Vorsorge? Das sind Fragen, die die Stimmbürger nicht erst kurz vor sozialpolitischen Abstimmungen interessieren sollten. Mit gut aufbereiteten, verständlichen Informationen werden die Schweden jedes Jahr über ihre persönlichen Pensionsansprüche informiert. Ein solches Vorgehen würde auch in der Schweiz Sinn machen.

Die schwedische Altersvorsorgereform war radikal. Es ging darum, ein auf dem Leistungsprimat beruhendes und sehr grosszügig ausgestaltetes, aber langfristig nicht finanzierbares Rentensystem abzulösen. An seine Stelle trat ein System, in dem die nachhaltige finanzielle Stabilität als oberstes Ziel gilt, das mittels der Äquivalenz von Beitragszahlungen und Rentenansprüchen erreicht werden soll. Der Übergang zum Beitragsprimat wurde vollzogen, die Rentenleistungen wurden automatisch an die steigende Lebenserwartung angepasst. Im Interesse der finanziellen Stabilität kann es sogar zu Rentenkürzungen kommen. Das war während der Finanzkrise zweimal der Fall. Die Radikalität der Reform stellt immer noch eine kommunikative Herausforderung dar.

Die Qualität der behördlichen Informationskampagne während der parlamentarischen Reformarbeit in den neunziger Jahren wird allgemein anerkannt. Auch heute bemühen sich die Behörden um Aufklärung. Seit 1999 flattert den Versicherten einmal jährlich das sogenannte «Orange Couvert» («Orange Envelope») der Swedish Pensions Agency ins Haus. Auf wenigen Seiten werden Informationen über die im Vorjahr erworbenen Pensionsansprüche, die während des ganzen bisherigen Erwerbslebens einbezahlten Vorsorgegelder und die bei unterschiedlichen Pensionierungsaltern zu erwartenden Leistungen geboten. Es wird gezeigt, wie lange ein Versicherter wegen der steigenden Lebenserwartung arbeiten muss, wenn sein Rentenniveau gleich hoch sein soll, wie es im Alter 65 bei unveränderter Lebenserwartung gewesen wäre (siehe Chart). Ein Internetportal bietet eine möglichst umfassende individuelle Zusammenstellung der aus allen Säulen der Altersvorsorge zu erwartenden Renten. Mit diesen Informationen wird Transparenz hergestellt. Der Akzeptanz des Vorsorgesystems kommen sie zu Gute.

Schwedens Bürger werden jedes Jahr über ihre Pensionsansprüche informiert.

Diese Grafik zeigt, wie lange ein Versicherter wegen der steigenden Lebenserwartung arbeiten muss, wenn sein Rentenniveau gleich hoch sein soll, wie es im Alter 65 bei unveränderter Lebenserwartung gewesen wäre. Quelle: Swedish Pension Agency.

Konzise, gut verständliche und regelmässig gebotene Informationen über die Leistungen der Vorsorgeeinrichtungen könnten auch in der Schweiz das Interesse der Versicherten an ihrer Altersversorgung stärken. Junge Erwerbstätige beschäftigen sich oft nur am Rande mit ihrer Alterssicherung. Informationen über die zu erwartenden Leistungen der AHV müssen angefordert werden. Ältere Arbeitnehmer setzen sich oft erst kurz vor der Pensionierung mit dem Ausweis ihrer Vorsorgeeinrichtung auseinander.

Diese Information könnte nicht nur einen Überblick über die wichtigsten individuellen finanziellen Kennzahlen vermitteln, sondern auch die komplexen Zusammenhänge in der Altersvorsorge anschaulich und verständlich darlegen. Wie beeinflusst die Alterung der Bevölkerung die AHV? Welche Rolle spielt die Kapitalmarktentwicklung in der beruflichen Vorsorge? Das sind Fragen, die die Stimmbürger nicht erst kurz vor sozialpolitischen Abstimmungen interessieren sollten. Wenn die Bürger gut informiert sind, urteilen sie unabhängiger und durchschauen kurzfristige und von Einzelinteressen geleitete Argumente besser.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im soeben erschienenen Diskussionspapier Reformimpulse aus Schweden.