Die aus dem Handelsstreit zwischen den USA und China entstehenden hohen Zölle, Exportkontrollen oder sogar Sanktionen beschäftigen vermehrt Firmen, die in beiden Ländern tätig sind. Sie müssen die Legalität gewisser Geschäftsaktivitäten genau prüfen, um bei Ausführung dieser nicht sanktioniert zu werden. Nebst Planungsunsicherheiten und hohen direkten Kosten bei einem allfälligen Verstoss entstehen insbesondere Unternehmen im Bereich der Hochtechnologien hohe Aufwände aufgrund der zunehmenden Exportkontrollen der USA. So brauchen Firmen, die eine Komponente aus den USA in ihr Produkt einbauen und dieses anschliessend nach China exportieren, eine spezielle Genehmigung.

Die vom ehemaligem US-Präsidenten Trump eingeführten Industriezölle auf Stahl und Aluminium in der Höhe von 25% und 10% beschäftigen Schweizer Unternehmen – trotz der vielfachen medialen Erwähnung – hingegen weniger, da insgesamt weniger als 10% der gesamten Schweizer Stahl- und Aluminiumexporte in die USA gehen. Problematisch können diese Handelsbeschränkungen aber für produzierende Tochtergesellschaften in den USA sein, die Stahl und Aluminium aus dem Ausland beziehen müssen; chinesische Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmen stehen bei einem Export dieser Produkte in die USA ähnlichen Problemen gegenüber. Nebst handelshemmenden Massnahmen wie Schutzzöllen und Exportkontrollen, suchen die USA und China auch durch gezielte Pläne und Strategien protektionistischer Natur ihre nationalen Wirtschaften zu stärken.

«Buy American Act» und «Buy America»-Anforderungen

Zum Schutz der amerikanischen Wirtschaft, beziehungsweise der amerikanischen Arbeiterklasse, müssen gewisse Produktionsschritte bei der öffentlichen Beschaffung unter Einhaltung protektionistischer Vorschriften erfolgen. Der «Buy American Act» gilt für alle direkten Einkäufe durch US-Bundesbehörden, die über dem Schwellenwert von 10’000 Dollar liegen. Um als in den USA hergestellt zu gelten, müssen die Waren nicht nur vollständig in den USA produziert werden, sondern auch noch mindestens 50% der Wertschöpfung ihrer Bestandteile müssen aus den USA stammen. Die «Buy America»-Anforderungen gelten bei öffentlichen Beschaffungen von Eisen, Stahl und anderen Fertigzeugnissen, die dauerhaft in US-amerikanische Infrastrukturprojekte eingebaut werden, und müssen bis zu einer vollständigen Produktion und Endmontage in den USA erbracht werden. Selbst wenn eine Bundesbehörde nur einen kleinen Teil eines von einem Staat oder einer Gemeinde durchgeführten Infrastrukturprojekts finanziert, gelten die «Buy America»-Anforderungen für das gesamte Projekt.

Chinesisches Frachtschiff. (Diego Fernandez, Unsplash)

«Made in China 2025» und «dual circulation strategy»

Doch nicht nur die USA, auch China setzt auf eine vermehrte inländische Produktion. Im Zentrum des neusten Fünfjahresplans Chinas steht die erstmals im Mai 2020 von Präsidenten Xi Jinping erwähnte «dual circulation strategy». Die Volksrepublik zielt auf eine Steigerung der Binnennachfrage und soll sich dabei auf inländische Produktion und Vertrieb stützen («interner Kreislauf»). Dabei soll die Internationalisierung der chinesischen Wirtschaft («externer Kreislauf») als Unterstützung der Modernisierung und Entwicklung des Landes dienen. Die Regierung will jedoch, ähnlich wie jene der USA, ihre Abhängigkeiten von ausländischen Ressourcen und Technologien beenden können und zum Weltmarktführer in strategischen Zukunftsbranchen, Spitzentechnologien und der Wissenschaft werden.

Die Ausrichtung auf eine Hightech-Wirtschaft ist ebenfalls Ziel der 2015 vorgestellten Strategie «Made in China 2025». So soll die Volksrepublik bis 2025 nicht nur in zehn Schlüsseltechnologien weltweit führende Unternehmen hervorbringen, sondern sogar bis 2049 zur technologischen Supermacht aufsteigen. Dazu setzt die innenpolitische Strategie auf die Entwicklung einheimischer Unternehmen, wobei nur komplementierend ausländisches Knowhow und Technologien in die inländischen Wertschöpfungsketten einfliessen sollen. Eine Abkehr der protektionistischen Haltung Chinas ist unwahrscheinlich. Die Regierung verstärkt seit 2010 ihren Einfluss auf den einheimischen Markt und fordert mit ihrem Staatskapitalismus die liberale Wirtschaftspolitik des Westens heraus.

Keine wirkliche Rückkehr zum Multilateralismus

Mit der Wahl von US-Präsident Biden scheint die USA stärker auf den Multilateralismus zu setzen und ihre führende Rolle im Welthandelssystem wieder einnehmen zu wollen. Trotz dieser positiven Entwicklung für kleine offene Volkswirtschaften wie der Schweiz, die von einem regelbasierten Welthandel abhängen, setzt die US-amerikanische Aussenwirtschaftspolitik weiterhin einen klaren Fokus auf den Schutz der nationalen Wirtschaft – ganz im Sinne der «America first»-Politik Trumps. Dabei wird die Politik so ausgerichtet, dass der internationale Handel zu sinkenden Preisen und zur Stärkung der Position amerikanischer Arbeitnehmer und Unternehmen führt. Durch gezielte Industriepolitik soll die amerikanische Produktionsbasis wiederbelebt und somit die amerikanische Arbeiterklasse unterstützt werden (Präsident Bidens sogenannte «foreign policy for the middle class»).

Es ist ökonomisch fraglich, wie durch die Einschränkung der internationalen Arbeitsteilung die amerikanischen Konsumenten von tieferen Preisen profitieren sollen. Schliesslich ist es genau der Einbezug von günstigeren Produktionsprozessen im Ausland, die zu sinkenden Preisen führt. Trotz des ökonomischen Widerspruchs ist eine Abkehr von dieser Haltung und der damit einhergehenden prohibitiven Schutzzölle, in naher Zukunft nicht zu erwarten.