Die Kompetenzen der Kantone in der Landwirtschaftspolitik sind begrenzt. Die grossen, richtungsweisenden Würfe werden auf nationaler Ebene beschlossen. Nicht von ungefähr bestreitet der Bund den Grossteil der Ausgaben der Landwirtschaftspolitik (3,9 Mrd. Fr.). Dennoch bleiben die Kantone und ihre Gemeinden nicht untätig. Sie ergänzen die Ausgaben mit mehr als 500 Mio. Fr. jährlich (Dümmler und Bonato 2020).

Rund die Hälfte dieser Ausgaben (233 Mio. Fr.) werden für den Vollzug benötigt. Der Spielraum für diesen Teil der Agrarpolitik liegt bei den Kantonen und ihren Gemeinden. Doch wie effizient gehen die verschiedenen Kantone mit diesen Geldern um? Und welche Kantone zeigen sich besonders spendierfreudig?

Um diese Fragen zu beantworten, erstellte Avenir Suisse in ihrer Analyse «Kantonale Agrarpolitik auf dem Prüfstand» erstmalig den kantonalen Agrar-Index. Dieser Index besteht aus zwei Dimensionen: Zum einen dem «Grad der Subventionierung», zum anderen der «Effizienz des Vollzugs» durch einen einzelnen Kanton. Um dem Schweizer Föderalismus gerecht zu werden, werden jeweils die Ausgaben des Kantons und seiner Gemeinden zusammengerechnet. Der Entscheid, welche Ebene (Kanton oder Gemeinde) für die Landwirtschaftspolitik zuständig ist, wird so dem jeweiligen Kanton überlassen und fliesst nicht in die Bewertung des Agrarindexes ein. Die Abgrenzung der jeweiligen Aufwände erfolgt nach dem harmonisierten Rechnungslegungsmodell (HRM2).

 

 

Selbst Gewinner haben Luft nach oben

Den ersten Platz im kantonalen Agrar-Index belegt der Kanton St. Gallen. Ihm gelingt es im Vergleich zu den anderen Schweizer Kantonen am besten, die Effizienz des Vollzugs hoch und den Grad der Subventionierung tief zu halten. Kein anderer Kanton schafft es mit so tiefem Personalaufwand, die Verwaltungsaufgaben für die Landwirtschaftspolitik wahrzunehmen.

Ebenfalls auf dem Podest und damit auf den zweiten Rang steht der Kanton Bern. Mit über 20’000 Vollzeitäquivalenten im ersten Sektor und über 10’000 Betrieben gilt er als der Landwirtschaftskanton schlechthin. Den zweiten Platz erreicht er unter anderem mit einer relativ restriktiven Ausgabenpolitik. Es ist aber hinzuzufügen, dass der Kanton Bern in absoluten Zahlen auch die grössten Transfers für die Landwirtschaft erhält. Gefolgt wird Bern vom für seine Viehmast bekannten Kanton Luzern. Insbesondere bei der Effizienz im Vollzug weist der Kanton Luzern Spitzenwerte auf.

Doch trotz dieser guten Rangierungen gibt es für alle Kantone noch Potential zur Verbesserung. Denn auch der bestplatzierte Kanton St. Gallen erreicht nicht mehr als 68 von 100 möglichen Punkten.

Eklatante Unterschiede in den kantonalen Verwaltungen

Nicht alle Kantone zeigen sich von solch vorbildlicher Seite wie das Spitzentrio. So fördert der kantonale Agrar-Index grosse Unterschiede in den Landwirtschaftspolitiken zutage. Gerade in der «Effizienz der Verwaltung» findet sich eine enorme Spannweite. Die geschätzte Beamtendichte kann sich zwischen den Kantonen – gemessen an Vollzeitäquivalent pro Betrieb – um das Zehnfache unterscheiden. Der bereits beträchtliche administrative Aufwand der Bauern wird teilweise durch eine ebenso weitläufige Agrarbürokratie ergänzt.

Stadtkantone tun sich mit der Landwirtschaft schwer

Kaum zu erwarten war der im kantonalen Agrar-Index festgestellte Stadt-Land-Graben. In Kantonen, die durch ein städtisches Zentrum geprägt sind, scheinen andere Politikbereiche weit mehr im Fokus zu stehen. So kommt es, dass die beiden Stadtkantone Genf und Basel-Stadt sich eine teure Verwaltung für die Umsetzung der Agrarpolitik leisten.

Die Verwaltung fliesst in Form des Personalaufwands im kantonalen Agrar-Index durch zwei Indikatoren mit in die Rangierung ein. Mit einem Personalaufwand von mehr als 16’000 Fr. pro landwirtschaftlichem Betrieb liegt der Genf in diesem Indikator an letzter Stelle. Der Kanton Genf tätigt somit mehr als dreimal so viele Ausgaben für das Personal wie der Schweizer Durchschnitt. Insgesamt landet der Kanton Genf damit auf dem zweitletzten Platz.

Unverständlich erscheinen die Zahlen für Basel-Stadt: Mit nur 13 verzeichneten landwirtschaftlichen Betrieben kommt ein Verhältnis von fast 79’000 Fr. Personalaufwand pro Betrieb zustande. Allerdings bestehen statistische Abgrenzungsprobleme, da die beiden Basel in der Landwirtschaft eine Kooperation eingegangen sind. Der Kanton Basel-Stadt stellt in allen Indikatoren einen Ausreisser dar und wird deshalb nicht in der Rangierung des kantonalen Agrar-Indexes aufgeführt. Auf dem letzten Platz liegt deshalb der Kanton Glarus. Weist dieser zwar eine höhere Effizienz im Vollzug auf als die beiden Stadtkantone, so fallen aber die übrigen Ausgaben weitaus höher aus.

Agrarbürokratie redimensionieren

Die im kantonalen Agrar-Index festgestellten Unterschiede sind wesentlich. Viele Kantone nehmen sich die Freiheit, die Bundessubventionen grosszügig mit weiteren Mitteln zu ergänzen. So ist der untersuchte «Grad der Subventionierung» zu einem Grossteil auf den politischen Willen in den Kantonen und Gemeinden zurückzuführen. Um ein Vielfaches bedenklicher erscheinen jedoch die Unterschiede in den Indikatoren der «Effizienz des Vollzugs». Dort müssen die Kantone auf den vorderen Plätzen zum Vorbild genommen werden. Die üppigen Personalaufwände gewisser Kantone in der Verwaltung lassen sich beispielsweise durch einen hohen Anteil Berglage der landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht sinnvoll erklären. Die einzelnen Landwirtschaftsämter der Kantone sollten demnach auf ihre Effizienz genaustens überprüft werden.

Ziel muss es sein, die Bauern administrativ zu entlasten. Die Überprüfung und der Abbau der sich über tausende Seiten erstreckenden Agrarregulierungen ist dabei der zentrale Ansatzpunkt. Dies würde für alle Kantone die Möglichkeit schaffen, die Beamtendichte auf den Landwirtschaftsämtern zu reduzieren. Die Redimensionierung der Agrarbürokratie würde nicht nur den kantonalen Steuerzahler entlasten, sondern auch den Landwirten den nötigen Freiraum geben, um eine produktive Agrarwirtschaft mit Zukunftsperspektiven zu ermöglichen.