Covid-19 hat gezeigt, dass die Schweiz auch in einer Krise ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt ist. In der medialen Diskussion der Agrarpolitik stehen zumeist die 3,9 Mrd. Fr Bundesausgaben im Fokus. Die neue Studie von Patrick Dümmler und Mario Bonato analysiert – erstmalig für die Schweiz – die 500 Mio. Fr., die Kantone und Gemeinden zusätzlich für den ersten Sektor aufbringen. Dabei zeigt sich: Es gibt beachtliche regionale Unterschiede in der kantonalen Umsetzung der Agrarpolitik. Während der grosszügigste Kanton (Genf) gemessen an den Bundesmitteln 58% zusätzliche Steuermittel aufwendet, sind es beim sparsamsten (Bern) «nur» 8%.

Bedeutend sind die Unterschiede auch im Umgang mit den geschätzt 4000 Seiten Vorschriften zuhanden der Schweizer Landwirtschaft. Landesweit liegen die Kosten der «Agrarbürokratie» bei 250 Mio. Fr. Der «schlankste» Kanton (St. Gallen) setzt pro landwirtschaftlichem Betrieb 18 Mal weniger Stellenprozente ein als jener mit den höchsten Bürokratiekosten (Genf).

Verdichtet werden die Erkenntnisse im erstmals erhobenen kantonalen Agrarindex, den Avenir Suisse als Online-Tool zur Verfügung stellt. Er vergleicht die Höhe der Ausgaben für den ersten Sektor und die Effizienz des Vollzugs auf Kantonsebene.

Der Agrarindex zeigt auch: In 23 Kantonen übersteigen die steuerfinanzierten, öffentlichen Ausgaben die Nettowertschöpfung der Landwirtschaft – volkswirtschaftlich betrachtet führt dies zu einem gesamtschweizerischen Wohlfahrtsverlust. Aus diesen Resultaten leiten die Studienautoren fünf Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Schweizer Agrarpolitik ab:

  1. Anstelle zentraler Bundesvorgaben braucht es mehr regionale Kompetenzen in der Umsetzung der Agrarpolitik. Lokale Chancen werden so besser erkannt – und nicht durch falsche Subventionsanreize auf Bundesebene zunichtegemacht.
  2. Für die Allgemeinheit positive Auswirkungen der Landwirtschaft, z.B. die Landschaftspflege, sollen weiterhin abgegolten, strukturerhaltende Transfers hingegen eingestellt werden.
  3. Die Schweizer Landwirte werden mit zu vielen Vorschriften konfrontiert. Sie brauchen mehr unternehmerischen Freiraum und sollten administrativ entlastet werden.
  4. Mit einem Abbau der landwirtschaftlichen Vorschriftendichte könnte auch der Bürokratieaufwand der Kantone gemindert werden und die Personalressourcen der kantonalen Agrarverwaltungen deutlich reduziert werden.
  5. Nahrungsmittelproduktion ist nicht immer das volkswirtschaftlich sinnvollste Mittel gegen Vergandung. Es sind Bewirtschaftungsmethoden zu wählen, die bei geringeren Kosten für den Steuerzahler zu landschaftlich gleichen Resultaten führen.