Wie viele Parkplätze braucht eine Stadt? Neuerdings haben erfinderische Zürcher Unternehmer ihre eigene Antwort auf diese Frage gefunden: Sie haben eine App für Mobiltelefone entwickelt, über die ungenutzte private Abstellplätze stunden- oder tageweise gemietet werden können. Von dieser technischen Innovation profitieren alle Seiten: Parkplatzeigentümer können mit ihren freien Parkplätzen Geld verdienen. Autofahrer können mit wenig Aufwand den idealen Parkplatz finden. Und die Stadtbewohner werden von Suchverkehr und Falschparkern entlastet.

Parkplatz-Bewirtschaftung: Parken leicht gemacht | Avenir Suisse

Doch dem Zürcher Stadtrat gefällt das nicht. Er will die kurzfristige Untervermietung privater Parkplätze verbieten. Was auf dem Markt für Wohnflächen als verpönt gilt – der Leerstand vorhandener Kapazitäten – soll nun auf dem Markt für Autoabstellflächen gesetzlich vorgeschrieben werden. Denn schliesslich soll die künstliche Verknappung von Parkraum Autofahrer von Fahrten in die Stadt abhalten. Aber diese Rechnung scheint zu einfach.

Zu viele Parkplätze führen zur Verödung des öffentlichen Raumes und zu Mehrverkehr. Kostbarer Boden wird verbraucht, der anderweitig hätte genutzt werden können – beispielsweise für Wohnhäuser. Aber auch ein Mangel an Parkplätzen ist mit Kosten für die Stadt und ihre Einwohner verbunden. Läden und Arbeitsplätze wandern in die Agglomeration ab, wenn ihre Erreichbarkeit stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit verliert die Stadt an Substanz, nicht nur finanziell. Der öffentliche Verkehr kann dabei nur ein Teil der Antwort sein. Gerade Familien schätzen die Flexibilität und Bequemlichkeit des Autos.

Wie lässt sich dieser Zielkonflikt lösen? Wie die Kontroverse um die Parkplatz-App zeigt hat die Stadt Zürich – wie andere Schweizer Städte auch – einen dirigistischen Weg eingeschlagen: Parkplatznachfrage und Angebot sollen per Dekret in Einklang gebracht werden. So schreibt die neue Zürcher Parkplatzverordnung vor, dass pro 120 Quadratmeter Wohnfläche ein Privatparkplatz gebaut werden muss. Ist diese Zahl angemessen? Daran ist zu zweifeln. Denn objektiv gesehen ist es kaum möglich, die «richtige» Zahl festzulegen – genauso wenig kann man sagen, wie viele Paar Schuhe ein Haushalt zu besitzen hat oder wie oft wir ins Opernhaus gehen sollten.

Mit einer gesunden Mischung aus Markt und Planung liesse sich ein effizienteres und einfacheres System realisieren. In groben Zügen kann es auf zwei Massnahmen beschränkt werden:

1. Liberalisierung des privaten Parkplatzangebots

Die Eigentümer sind am besten in der Lage abzuschätzen, wie viele Parkplätze sie zur Verfügung stellen sollten. Wer glaubt, Zürich würde sich augenblicklich in einen gigantischen Parkplatz verwandeln, täuscht sich. Genau das Gegenteil würde eintreffen. Bereits heute rentieren an vielen städtischen Lagen Parkplätze deutlich weniger als Wohnraum. Von der starren 120-Quadratmeter-Regel befreit, würden viele Immobilieninvestoren dichter bauen und das Wohnangebot zulasten der Autoabstellplätze erweitern, was sich letztlich in tieferen Mieten niederschlagen würde.

Diese Massnahme allein reicht jedoch nicht aus. Ohne Parkplatzpflicht würden die privaten Eigentümer das Parkplatzproblem zunehmend auf den öffentlichen Raum verlagern. Deshalb bräuchte es eine zweite Massnahme.

2. Lageabhängige Parkgebühren auf öffentlichem Grund

Die mangelnde Verfügbarkeit an Parkmöglichkeiten verursacht Suchverkehr. Ein beträchtlicher Teil des Stadtverkehrs ist darauf zurückzuführen. Laut Verkehrsexperten wäre eine Parkplatzverfügbarkeit von 15% optimal, weil damit der Suchverkehr weitgehend reduziert wird, ohne die Parkplatzbelegung allzu stark zu beeinträchtigen.

Diese optimale 85%-Belegung könnte am besten über den Preis erreicht werden. Stau und Suchverkehr in der Innenstadt bei gleichzeitig schlecht belegten Parkhäusern sind ein unverkennbares Symptom zu tiefer Gebühren für Parkplätze am Strassenrand. Diese müssten solange angepasst werden, bis die optimale Belegung von 85% durchgehend erreicht wäre. Wo Parkplätze überwiegend leer stehen, könnten die Gebühren sinken. In San Francisco wird ein derartiges System bereits umgesetzt.

Mit der Kombination von lageabhängigen Gebühren für Parkplätze auf öffentlichem Grund und der Befreiung der Eigentümer von der Mindestparkplatzzahl liesse sich eine Politik realisieren, die von den Bedürfnissen der Stadtbewohner ausginge. Bei einer solchen Lösung könnte auch die eingangs erwähnte App für die kurzfristige Vermietung privater Parkplätze zu einer Effizienzsteigerung beitragen – im Interesse aller Beteiligten.

Wie aber auch andere Beispiele zeigen, werden in der Verkehrspolitik marktbasierte Steuerungsinstrumente leider noch immer mehr als Gefahr denn als Chance betrachtet.