Manch ein Beobachter des öffentlichen Geschehens blickte vor einigen Monaten verwundert auf die Meldungen der Kantone zu ihren jüngsten Rechnungsabschlüssen. Während die öffentliche Hand aufgrund der Pandemie die umfangreichsten Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg beschlossen hatte, vermeldeten viele Kantone positive Zahlen für das (erste) Krisenjahr 2020. Insgesamt resultiere ein Überschuss von rund 1,4 Mrd. Fr. Nur in fünf Kantonen blieb unter dem Strich ein Minus.

Wie ist das zu erklären? Einerseits hat das Tauziehen um die Deckung der wirtschaftlichen Verluste dazu geführt, dass der Bund den Löwenanteil der Corona-Massnahmen finanziert. So trägt der Bund mindestens 70% des umfangreichsten Ausgabepostens, nämlich der Härtefallmassnahmen. Andererseits dürften sich die einnahmeseitigen Auswirkungen der Pandemie auf die Kantonsfinanzen erst ab 2021 bemerkbar machen, da die Steuererträge der meisten Kantone auf den provisorischen Steuerrechnungen des Vorkrisenjahrs beruhen. Das gilt zwar auch für den Bund. Doch der Spielraum, den sich die öffentliche Hand mit ihrem Rechnungslegungsstandard gewährt, wirkt sich in diesem Fall stärker aus, da die Kantone in wesentlich von direkten Steuern abhängig sind.

Eine gewichtige Rolle spielen auch die Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Dank einer ausserordentlichen Zusatzvereinbarung für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 hat die SNB ihre maximale Ausschüttung just vor Ausbruch der Pandemie von 2 auf 4 Mrd. Fr. verdoppelt. In der Krise kam dieser Schritt wie gerufen (siehe Abbildung), denn damit konnten 17 Kantone ihre Covid-Aufwände decken. Nur in den lateinischen Kantonen sowie den beiden Basel ist die Gewinnausschüttung wesentlich tiefer als die zur Bekämpfung der Krise aufgewendeten kantonalen Gelder.

Einschränkend sollte festgehalten werden, dass sich die Granularität, mit der die Corona-Kosten in den kantonalen Rechnungen ausgewiesen werden, erheblich unterscheidet. Während etwa Nidwalden zurückhaltend rechnet und sich auf die Erwähnung beschränkt, dass viele andere Bereiche von Corona betroffen sein könnten, weist der Tessin eine ganze Liste von Mehrausgaben und Mindereinnahmen aus. Hier scheint die unterschiedliche Betroffenheit der Kantone durch die Pandemie eine Rolle zu spielen. Entsprechend deckt der SNB-Beitrag die kantonalen Ausgaben eher dort, wo die Pandemie weniger stark um sich gegriffen hat.

Am Bild der SNB, die den Kantonen in dieser Krise entscheidend unter die Arme greift, wird sich kurzfristig nichts ändern. Die jüngste, im Januar publik gemachte Vereinbarung sieht eine Erhöhung der maximalen Ausschüttung um weitere 2 auf neu 6 Mrd. Fr. vor. Wie vertrauensbildend diese zur Selbst-Politisierung neigende Politik langfristig ist, wird sich weisen. Es bleibt zu hoffen, dass sie wenigstens die Begehrlichkeiten rund um das SNB-Vermögen stillen kann.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Corona-Analyse «Abstandsregeln zur SNB einhalten».

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