Der staatliche Fussabdruck erreicht eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie eine Grösse, wozu sich in keinem Schuhgeschäft noch eine passende Nummer finden liesse. Nach 15 Milliarden Franken Ausgaben im Krisenjahr 2020 schlagen die bewilligten Corona-Mittel des Bundes im laufenden Jahr mit fast 25 Milliarden zu Buche.
Das staatliche Manna fliesst auch auf den nachgelagerten Ebenen unaufhörlich. Im Kanton Zürich wurde bei den Härtefallhilfen die Milliardengrenze überschritten.
Ein finanzpolitischer Sittenzerfall ist in den links-grün regierten Grossstädten zu beobachten: Trotz höheren Steuereinnahmen budgetiert Zürich in den nächsten vier Jahren tiefrote Zahlen, die Eigenkapitalbasis schmilzt um mehr als die Hälfte weg, die Fremdkapitalisierung steigt markant. Anstatt zu sparen, werden Tausende von neuen Stellen in der Verwaltung geschaffen. Gegen 24’500 werden es bald sein.
Es ist etwas faul im Staate, wenn sich in der Schweizer Wirtschaftsmetropole Nummer 1 die Verwaltung zum grössten Arbeitgeber mausert! Ein Aufschrei bleibt aus – wozu auch? In der urbanen Bevölkerung zeigt sich vermehrt eine Abhängigkeit von öffentlichen Stellen, sei es in Verwaltung, städtischen Betrieben oder Schulen. Derweil lebt es sich gemütlich in subventionierten Wohngenossenschaften, ausgestattet mit hohen Ausbaustandards und ausreichend Velo-Abstellplätzen – selbstverständlich zu Mietzinsen weit unter dem Marktpreis.
Der Paradigmenwechsel zu mehr Staat macht an der Stadtgrenze nicht halt. Die Schweizer Kultur, einst Avantgarde der Kritik an der Obrigkeit, transformiert zur Staatskultur. Allein 309 Millionen Franken an zusätzlichen Mitteln stellt der Bundesrat dieses Jahr zur Verfügung. Derweil verlangen Verlagshäuser nach Finanzhilfen. Inwieweit werden Medienschaffende zukünftig ihrer demokratiepolitisch wichtigen, staatskritischen Rolle gerecht, wenn ihre Jobs immer mehr vom staatlichen Geldfluss abhängig sind?
Das etatistische Pünktchen auf dem «i» liefert aber die Gewerbelobby, die nichts mehr von einer Rückzahlung der Covid-19-Kredite wissen will. Jedes Volkswirtschafts-Lehrbuch für Erstsemestrige würde genügend Anschauungsmaterial liefern zur Unterscheidung zwischen Krediten und À-fonds-perdu-Beiträgen.
Es braucht eine liberale Staumauer gegen die sich ausbreitende Mentalität zu mehr Staat. Die Pandemie hat es uns gelehrt: nicht auf die Menge, sondern auf die Qualität der staatlichen Leistungen kommt es an. Das ist wohl schwieriger, als einfach das Geld der anderen auszugeben. Der bequemste Weg – so lautet das Sprichwort – geht immer bergab.
Dieser Beitrag ist in der «Handelszeitung» erschienen.