Anders als in den Agglomerations- und Landgemeinden sind Unternehmenssteuererträge für die Städte von grosser Bedeutung. In Basel machten sie 2016 z.B. immerhin 28,6% der gesamten Steuererträge aus, in der Stadt Zürich waren es sogar 31,9%. Diese Steuererträge sind volatiler als die Einnahmen aus der Besteuerung natürlicher Personen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können so zu relativ schnellen Änderungen dieser Steuererträge führen – zum einen, weil sie ansässigen Unternehmen ein rentableres oder unrentableres Wirtschaften ermöglichen, zum anderen über den Zuzug oder Wegzug von Unternehmen.

Erfolgreiche Unternehmen mit hoher Produktivität können überdies hohe Löhne zahlen. Gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen wirken sich deshalb auch über das Steuersubstrat der Arbeitnehmer positiv auf die Steuerkraft aus. Auch hier ergibt sich die Veränderung der städtischen Steuerkraft aus der Entwicklung der Einkommen der ansässigen Haushalte einerseits und aus dem Zu- oder Wegzug einkommensstarker Haushalte andererseits. Will eine Stadt also, dass sich gute Rahmenbedingungen für Unternehmen umfassend in Steuereinnahmen niederschlagen, so tut sie gut daran, auch den einkommensstarken natürlichen Personen ein attraktives Wohnumfeld zu bieten – sonst lassen sich diese lieber im Speckgürtel ausserhalb der Stadtgrenzen nieder.

Das Städtemonitoring

Die vorliegende Analyse vergleicht die Entwicklung der Steuerkraft1 der Städte relativ zur Entwicklung der Steuerkraft der jeweiligen Umlandgemeinden zwischen 2000 und 2016. So lässt sich beurteilen, ob es eine Stadt geschafft hat, im Rahmen des Reurbanisierungstrends ihre Rolle als Wachstumspol zu stärken, oder ob aufgrund fehlender Entwicklungsmöglichkeiten und mangelnder Wirtschaftsfreundlichkeit eine weitere Verlagerung von Steuersubstrat ins Umland stattgefunden hat. Ohne Gegenüberstellung mit der Entwicklung in den Umlandgemeinden wäre der städtische Vergleich beeinflusst von regionalen Trends und kantonalen Rahmenbedingungen. Solche aus Sicht der städtischen Politik exogenen Einflüsse können somit im vorliegenden Vergleich ausgeschlossen werden.

Ergebnisse

Die Unterschiede in der Entwicklung der Steuerkraft der Städte gegenüber dem Umland sind enorm. Den weitaus stärksten Steuerkraftzuwachs kann die Stadt Basel3 verbuchen. Im Jahr 2000 lag ihre Ressourcenstärke noch deutlich hinter dem Umland zurück, 2016 erreichte sie dagegen 130%, womit sich Basel nunmehr am stärksten positiv vom (durchaus nicht armen) Umland abhebt. Dieser Erfolg ist sicher auch auf einen geschickten Umgang mit dem Pharmacluster zurückzuführen. Auch Bern und Zürich heben sich 2016 deutlich vom Umland ab, während sie im Jahr 2000 bloss 103% von dessen Ressourcenstärke erreichten.

Biel konnte seine Position gegenüber dem Umland leicht verbessern, trotzdem ist Biel neben Lausanne 2016 die einzige Stadt, deren Steuerkraft hinter dem Umland zurückliegt. Winterthur und St. Gallen verzeichneten leichte, kaum signifikante Rückgänge. Winterthurs Steuerkraft ist zwar im kantonalen Vergleich niedrig, aber immer noch höher als die der teilweise sehr ressourcenschwachen umliegenden Gemeinden. Luzern und Lausanne verzeichneten etwas deutlichere Einbussen. Lausanne erreicht damit nur noch 90% der Steuerkraft ihrer (teilweise sehr reichen) Nachbargemeinden. Luzern dagegen ist trotz des Rückgangs immer noch viel ressourcenstärker als die umliegenden Gemeinden.

Die deutlichsten Verluste mussten Lugano4 (-20%) und Genf (-24%) hinnehmen.5 In Lugano dürfte die Finanzkrise Hauptursache sein, denn fast der gesamte Rückgang erfolgte bis 2010. Seither ist die Steuerkraft in Relation zu den Umlandgemeinden einigermassen stabil. Der noch stärkere relative Steuerkraftverlust von Genf lässt auf mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der engen administrativen Grenzen der ohnehin schon dichtbebauten Stadt schliessen. Die Metropolitanregion Genf hat seit 2000 ein enormes Wirtschaftswachstum erfahren, dieses hat sich aber offensichtlich vor allem auf die umliegenden Gemeinden konzentriert. Sowohl Lugano als auch Genf sind allerdings trotz ihrer grossen Einbussen gegenüber dem Umland immer noch deutlich ressourcenstärker als dieses. Genf liegt diesbezüglich hinter Basel und Luzern an dritter Stelle, Lugano an fünfter. Im Jahr 2000 hatten sie von allen Städten mit Abstand den grössten Vorsprung gegenüber ihren Umlandgemeinden.

1Steuerkraft: kommunaler Steuerertrag umgerechnet auf den kantonalen (einheitlichen) Steuerfuss (meiste Deutschschweizer Kantone) bzw. auf einen Steuerfusspunkt (meiste welsche Kantone), pro Einwohner.
2Die Untersuchung basiert auf den heutigen politischen Stadtgrenzen. Gemeinden, die im Untersuchungszeitraum eingemeindet wurden, werden zu beiden Zeitpunkten als Teil der Stadt behandelt.
3Der Steuerkraftvergleich für Basel ist ein Spezialfall. Da der Vergleich mit den beiden weiteren baselstädtischen Gemeinden Riehen und Bettingen alleine nicht aussagekräftig ist, werden die umliegenden Gemeinden des Kantons Basel-Land herangezogen. Ein Vergleich der von den Kantonen publizierten Steuerkraftzahlen ist wegen der unterschiedlichen Steuerregimes der beiden Kantone allerdings unzulässig. Der Vergleich erfolgt darum über die Statistik der direkten Bundessteuer.(www.estv.admin.ch/estv/de/home/allgemein/steuerstatistiken/fachinformationen/steuerstatistiken/direkte-bundessteuer.html): Natürliche Personen (Gemeinden), Lasche «4», Spalte G + Juristische Personen (Gemeinden), Lasche «Tab 0», Spalte R. Bei der direkten Bundessteuer haben die Erträge aus der Besteuerung juristischer Personen ein deutlich höheres Gewicht als bei den kantonalen kommunalen Steuern. Die Unternehmenssteuererträge wurde entsprechend um den Faktor der Mehrgewichtung korrigiert, um zu verhindern, dass gegebene Veränderungen auf Unternehmensseite für Basel stärker ins Gewicht fallen als für die anderen untersuchten Städte. Aufgrund der Datenverfügbarkeit wird der Vergleich für Basel zwischen den Jahren 2014 und 2001 (statt 2016 und 2000) durchgeführt.
4Für Lugano datieren die neusten Zahlen zur Steuerkraft aus dem Jahr 2014. Der Vergleich findet entsprechend zwischen 2014 und 2000 statt.
5Verwendet wird die relative Änderung in Prozenten, explizit nicht Prozentpunkte. Beispiel: Eine Stadt, deren Wert sich von 50% auf 100% erhöht, hat im Verhältnis zum Umland das gleiche geleistet, wie eine Stadt, deren Wert sich von 100% auf 200% erhöht: nämlich eine Verdoppelung ihrer (relativen) Steuerkraft. Entsprechend soll das auch gewertet werden.